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Studenten fehlt die Luft zum atmen

An bayerischen Hochschulen wird am Mittwoch landesweit gegen die von der Landesregierung beschlossenen Millionenkürzungen demonstriert. Laut Meinung der Studenten ist der Gürtel schon so eng geschnallt, das keine Luft mehr zum Atmen bleibt.

Von Michael Watzke |
    Etwa 1500 Studenten sind hier auf dem Campus der Uni Regensburg, an der Unikugel, versammelt. Es sind jede Menge Banner aufgespannt. "Die Universität verhungert" steht auf einem. Dazu ein Gürtel, der so eng geschnallt ist, dass er den Studenten die Luft zum Atmen nimmt. So sehen die Studenten ihre Lage. Zum Beispiel Andreas Hastreiter von der Studierenden-Vertretung der Uni Regensburg - sozusagen des Asta Regensburg.

    "Es wird immer davon gesprochen, dass mehr Geld in Bildung investiert werden soll. Dass wir die Zukunft sind. Dann haben wir, die andere Seite ist dann der Fachkräftemangel. Auf der einen Seite sagen sie das und auf der anderen Seite fördern sie die Zukunft nicht. Wir verbringen unsere Vorlesungen schon teilweise auf den Stufen der Vorlesungssäle. Katastrophale Zustände."

    Das Problem: Niemand weiß so ganz genau, wie stark gekürzt werden soll an den bayrischen Universitäten. Nach der Sparklausur der Bayerischen Landesregierung am Tegernsee geistern verschiedene Szenarien durch den Freistaat. Ich hab heute morgen Wissenschaftsminister Heubisch interviewt. Er sagt, auch 2011 gilt die Sachmittelsperr, die der Ministerrat im September beschlossen hat.

    "Das heißt: wir werden weiter im Schnitt 0,75 Prozent einsparen. Beläuft sich für die 32 bayrischen Hochschulen auf 13 Millionen. Ich glaube, das ist auch machbar. Wir haben es ja jetzt gesehen, im laufenden Haushaltsjahr, noch am Ende, dass es zwar schmerzlich ist, das will ich gerne konstatieren. Auf der anderen Seite ist es auch entsprechend machbar."

    Es gibt Hochschulrektoren die geben dem bayrischen Wissenschaftsminister da recht. Wolfgang Hermann etwa, Präsident der TU München, sagt: diese Kürzungen sind verkraftbar, wer damit nicht umgehen kann, der kann nicht mit Geld umgehen. Andere Hochschulrektoren widersprechen. Der Präsident der LMU Bernd Huber unterstützt die demonstrierenden Studenten, zumindest was Ihre Forderung angeht, die Kürzungen zurückzunehmen, die aus der Sachmittelsperre resultieren. Und hier in Regensburg demonstriert der Rektor der Uni sogar persönlich mit. Thomas Strothotte, servus.

    Thomas Strothotte: Grüß Gott.

    Michael Watzke: Ich hab von den Studenten erfahren: da drüben, das Plakat "Gemeinsam gegen Bildungskürzung" - das haben sie nicht nur erlaubt, sondern gefordert.

    Strothotte: Nein, gefordert nicht, aber ich hab es zusammen mit Studierenden erstellt. Weil wir Schulter an Schulter hier stehen mit unseren Forderungen, dass in der Bildung nicht gespart wird.

    Watzke: Was bedeuten die Kürzungen ganz konkret hier in Regensburg an der Uni?

    Strothotte: Also es sind nicht nur Sachmittelkürzungen, die im Raum stehen. Sondern es sind auch Wiederbesetzungssperren für Stellen - und wir haben berechnet, dass für uns, das das für nächstes Jahr 3,7 Millionen Euro bedeutet - und das ist natürlich eine ganze Menge.

    Vieles hängt von der ominösen Hochschul-Milliarde ab. Dieses Geld soll bis 2013 zusätzlich in die bayrischen Universitäten fließen, damit sollen 3000 neue Professoren- und Hochschullehrerstellen finanziert werden. Außerdem 38.000 neue Studienplätze. Das wäre auch dringend nötig, denn im nächsten Jahr drängen in Bayern doppelt so viele Erstsemester an die Unis wie sonst. Der Grund ist, so Andreas Hastreiter vom Asta Regensburg:

    " ... dass im nächsten Jahr der doppelte Abiturjahrgang an die bayrischen Hochschulen kommt. Dass da zwar Geld in die Hochschulen fließt, aber gleichzeitig von der anderen Seite wieder gekürzt wird. Und so ist eben halt nicht mehr garantiert, dass dieser doppelte Abiturjahrgang gemeistert werden kann. Es wird erhöhte NCs geben auf die verschiedenen Fächer, so dass einfach der Zugang an die Universität erschwert wird."

    Aber eine richtige Massenbewegung ist aus den Protesten noch nicht geworden. Weil die Sparpläne noch zu unkonkret sind. Norman Noel vom "Aktionsbündnis gegen Studiengebühren" (ABS) versucht deshalb, die Studenten auch gegen andere Pläne zu mobilisieren, die er für bedenklich hält:

    "Wie zum Beispiel die Einführung von kostendeckenden Studiengebühren, also in Höhe von 2.500 Euro, inzwischen jetzt dann auch für Bachelor-Studiengänge, die ja jetzt eingeführt werden sollen."

    Wobei - da geht es um berufsbegleitende Studiengänge.

    "Ja, ja. Aber es sind Bachelor-Studiengänge - und das ist natürlich das Einfallstor, so wie bei den allgemeinen Studiengebühren auch, die kamen auch erst für Sondergruppen, also für die Langzeitstudierenden und die Zweitstudierenden - und gleichzeitig wird schon die Tür geöffnet für diese kostendeckenden Studiengebühren."

    Hier in Regensburg ziehen die demonstrierenden Studenten jetzt vom Uni-Campus in die Innenstadt, ein großer Lautsprecherwagen vorneweg - und Hochschulrektor Strothotte mittendrin.