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Studie der Aktion Mensch
Behinderte werden auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt

Langwierige Jobsuche und Ablehnung: Körperbehinderte haben es schwer, eine Arbeit zu finden. Das zeigt jetzt auch wieder eine Studie der Aktion Mensch. Aber es sind nicht nur Vorurteile, die viele Arbeitgeber von einer Einstellung abhalten - sondern auch bürokratische Hürden.

Von Friederike Müllender | 30.11.2016
    Eine Frau sitzt in ihrem Rollstuhl vor einem Computerarbeitsplatz.
    "Ich denke mir, dass die meisten davon ausgehen, dass ein Rollstuhlfahrer oder ein Körper-Behinderter vielleicht auch geistig zurückgeblieben ist" - bei vielen Arbeitgebern herrschen Vorurteile, glaubt Gabriel Kasapoglu. (dpa / picture alliance / Armin Weigel)
    Jeden Tag fährt der gelernte Kaufmann im Sanitärbereich 150 Kilometer mit dem Auto zur Arbeit. Die zu finden, war für Gabriel Kasapoglu gar nicht so leicht. Bei seiner Jobsuche stieß er häufig auf Vorbehalte:
    "Ich denke mir, dass die meisten davon ausgehen, dass ein Rollstuhlfahrer oder ein Körper-Behinderter vielleicht auch geistig zurückgeblieben ist. Das Bild, was die meisten Leute von Rollstuhlfahrern haben, ist: Rollstuhlfahrer kann nichts, der muss immer überall Hilfe bekommen."
    "Arbeitgeber tun sich schwer mit dem Thema"
    Mit seinen Erfahrungen ist Gabriel Kasapoglu nicht alleine. Im Schnitt suchen Menschen mit Behinderungen doppelt so lange nach einem Job, wie ihre Mitbewerber ohne Behinderung, weiß Armin von Buttlar von der Aktion Mensch:
    "Es dauert vor allem hundert Tage länger, als bei einem Mitarbeiter, der keine Behinderung hat. Vermutlich liegt es daran, dass sich Arbeitgeber insgesamt schwertun mit dem Thema. Wir müssen Arbeitgeber davon überzeugen, dass ein Mensch mit Behinderung keine Last, sondern ein Potenzial für die Firma ist."
    Dass da noch dringend Überzeugungsarbeit gefragt ist, musste auch Gabriel Kasapoglu feststellen:
    "Ich habe das auch schon erlebt das eine Firma einfach sagte, ne, wir wollen keinen Körperbehinderten einstellen - ohne Begründung. Da ist der Integrationsfachdienst hingefahren, hat sich die Örtlichkeit angeguckt und hat dann gesagt: Okay, wir könnten da und da umbauen und dann sagte aber der Chef: Nein, will ich nicht."
    "Am Anfang waren wir da so ein bisschen allein"
    Jessica Müller aus Pulheim aber wollte. In ihrem Malermeisterbetrieb mit 18 Angestellten arbeiten heute drei gehörlose Menschen. Die Anfänge waren dabei etwas holprig, vor allem weil viele Infos fehlten:
    "Ganz am Anfang kannten wir die ganzen Fördermöglichkeiten noch nicht, wir wussten nicht, dass es da Unterstützung gibt, am Anfang waren wir da so ein bisschen allein."
    Nur rund 60 Prozent der kleineren Unternehmen in Deutschland wissen überhaupt, dass sie staatliche Förderung bekommen können - und wiederum nur die Hälfte davon nimmt diese Förderung dann auch in Anspruch, erklärt Armin von Buttlar:
    "Das zeigt, die gut gemeinte Förderung kommt nicht da an, wo sie hin soll. Es gibt Förderungen aus unterschiedlichen Töpfen und wenn es zu kompliziert wird, hat ein Unternehmer keine Lust sich damit zu beschäftigen, weil der hat andere Probleme und sagt ich brauche nicht noch eins."
    "Es muss der Mut da sein, die Hindernisse zu überwinden"
    Jessica Müller weiß mittlerweile, wie und wo sie die Fördermittel bekommt und auch ansonsten hat sie nur gute Erfahrungen damit gemacht, Menschen mit Behinderung einzustellen. Die Sorgen von anderen Betrieben versteht sie trotzdem:
    "Ich glaube ganz am Anfang ist es ja so, dass man gar nicht weiß, wie ist es mit einem behinderten Menschen zusammen zu arbeiten? Wenn man da noch keine positiven Erfahrungen gemacht hat, kann ich das auch nachvollziehen. Es ist wie bei allem anderen, es sind die Vorurteile, die da sind, da muss dann einfach mal der Mut da sein, die Hindernisse zu überwinden."