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Studie der Arbeitnehmerkammer Bremen
Wie sich Ausbildungsabbrüche vermeiden lassen

Konflikte zwischen ausbildenden Betrieben und Azubis führen oft zu Ausbildungsabbrüchen. Jeder vierte Ausbildungsvertrag in Deutschland wird aufgelöst. Die Arbeitnehmerkammer Bremen hat zu diesem Thema eine neue Studie vorgestellt. Die zeigt: Gute Beratung und gute Bedingungen in den Betrieben können Abbrüchen vorbeugen.

Von Franziska Rattei |
    Dunkelhäutige Frau frisiert eine blonde Frau
    Christelle Youta darf sich jetzt "Gesellin im Friseurhandwerk" nennen (Deutschlandradio/Franziska Rattei)
    Seit ein paar Monaten darf sich Christelle Youta "Gesellin im Friseurhandwerk" nennen. Die Ausbildung im Salon "Tanja und Janet" in Bremen war allerdings nicht immer einfach, sagt die 28-Jährige:
    "Ich hatte Schwierigkeiten mit der Zuverlässigkeit, also mit der Pünktlichkeit. Das hat meiner Chefin irgendwie nicht gefallen. Ja, damit hatte sie ein Problem und wollte mich -kann man so sagen - rausschmeißen."
    Das wäre für sie der zweite gelöste Ausbildungsvertrag in ihrer Friseurinnen-Karriere gewesen.
    "Wenn es diesmal nicht geklappt hätte, hätte ich einfach aufgegeben. Ich hatte keinen Plan, was ich machen sollte, aber hätte ich erst mal aufgegeben."
    Stattdessen holte sie sich Hilfe; gemeinsam mit ihren beiden Chefinnen. Die bemängelten zwar die Unpünktlichkeit ihrer Auszubildenden und fanden auch, dass ihr Deutsch unzureichend sei. Aber den Vertrag lösen - so wie fast jeden zweiten in Deutschland - das sollte wirklich die letzte Möglichkeit sein, sagt Janet von Twistern, die ausbildende Friseur-Meisterin:
    "Ich mochte sie halt von ihrer Art. Und man ist inzwischen auch glücklich, wenn man einigermaßen Auszubildende hat, die das wollen. Sie wollte es ja. Es ist schwierig geworden. Der Nachwuchs ist nicht da."
    Schwerwiegendere Probleme als Deutsch-Kenntnisse
    Mit dem Programm "Bleib dran" haben die Friseurin und ihre Auszubildende die Situation gerettet. Es gab Mediationsgespräche im Salon, und Christelle Youta bekam Deutsch-Nachhilfe und Ratschläge für Konfliktsituationen. Frank Meng leitet das Projekt, für das der Europäische Sozialfonds und der Bremer Senat zwei Vollzeitstellen finanzieren. Die Mitarbeiter besuchen Berufsschulklassen und erklären Azubis, dass sie bei ganz unterschiedlichen Problemen weiterhelfen können, weil sie gut vernetzt sind im Hilfe-System - da geht es oft um viel schwerwiegendere Probleme als Unpünktlichkeit oder Deutsch-Kenntnisse, sagt der Projekt-Leiter:
    "In zwei Drittel unserer Fälle sind wir eine Schnittstelle in dieses Hilfesystem, wo wir beraten. Wenn es um Schulden geht, in die Schuldner-Beratung. Wenn es um völlig katastrophale Ausbildungsbedingungen geht, in die Handwerkskammer. Wenn es um sexuelle Gewalt geht, in die entsprechende Fachstelle. Wir bleiben dann in den Schulen und gucken danach immer wieder: hat das funktioniert und stellen dann dieses Feedback eben auch sicher."
    Es gibt ähnliche Angebote in anderen Bundesländern; etwa in Schleswig-Holstein oder in Hessen. Aber selten ist die Finanzierung langfristig gesichert, und ohne Kontinuität kann ein Hilfe-System, das Ausbildungsabbrüche verhindert, nicht funktionieren, sagt Meng.
    Hilfe-Programme erweitern
    Das Problem hat in den vergangenen 20 Jahren an Bedeutung gewonnen, erklärt Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Bremen:
    "Ein aufgelöstes Ausbildungsverhältnis hat für die Beteiligten oft einen doppelten Nachteil. Die Betriebe, die bisher ausgebildet haben, ziehen sich aufgrund der nicht guten Erfahrungen als Ausbildungsbetriebe zurück. Und zum anderen verschlechtern sich häufig auch die Chancen der Jugendlichen, die eine Ausbildung abgebrochen haben, einen neuen Ausbildungsplatz zu finden."
    Die neue Studie, die die Arbeitnehmerkammer in Zusammenarbeit mit der Uni Bremen vorgestellt hat, zeigt: Im Ländervergleich schneidet Bremen besser ab als beispielsweise Berlin, Thüringen oder Hamburg. Allerdings ist die Langzeitarbeitslosenquote in Bremen besonders hoch. Und Menschen, die ihre Ausbildung abbrechen, werden besonders häufig zu eben solchen Langzeitarbeitslosen. Laut Studie lautet das erklärte Ziel deshalb: die Quote der gelösten Ausbildungsverhältnisse weiter reduzieren. Das könne erreicht werden, wenn junge Menschen gut beraten werden, welcher Beruf der richtige für sie ist. Außerdem müssten viele Betriebe ihre Ausbildungen verbessern, und Hilfe-Programme wie das in Bremen sollten erweitert werden.