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Studie
Wie Anwälte gegen Berichterstattung vorgehen

In den letzten Jahren hat die Zahl der "presserechtlichen Informationsschreiben" enorm zugenommen - mit diesen Schreiben wollen Anwaltskanzleien Berichterstattung verhindern oder beeinflussen. Wie erfolgreich diese Versuche sind, haben Daniel Moßbrucker und Tobias Gostomzyk in einer Studie untersucht.

Daniel Moßbrucker in Gespräch mit Isabelle Klein |
Ein Stapel Papier steht auf einem Tisch
In einigen Investigativ-Redaktionen türmen sich die Anwaltsschreiben (imago images / Panthermedia)
"Wenn man heute investigativ recherchiert und die Gegner, die man sich dort aussucht, zahlungskräftig sind - Prominente oder Unternehmen - dann muss man damit rechnen, wenn man den Fragenkatalog schickt, dass ein Einschüchterungsversuch kommt", sagt Daniel Moßbrucker im Dlf - das gehöre heute zum journalistischen Alltag dazu.
Gemeinsam mit Tobias Gostomzyk hat Moßbrucker die Studie "Wenn Sie das schreiben, verklage ich Sie!" veröffentlicht, in der sie das präventive Vorgehen von Anwaltskanzleien gegen Medien untersucht haben.
Zahl der Drohbriefe gestiegen
Laut dieser Studie lassen sich Journalistinnen und Journalisten, die häufig mit Anwaltsschreiben in Kontakt kommen, mittlerweile nicht mehr davon abschrecken - auch weil auf diese Drohungen häufig nichts folge. Bei denjenigen, die zum ersten Mal ein solches Schreiben erhalten, sähe das allerdings anders aus, so Moßbrucker. Viele hätten erstmal Angst und wüssten nicht, wie sie reagieren sollen.
Bei freien Journalistinnen und Journalisten, hinter denen keine Rechtsabteilung einer Redaktion stehe, müssten in diesem Fall die Gewerkschaft einspringen - sonst würden die Einschüchterungsversuche wirken.
Die Zahl der Anwaltsschreiben an Redaktionen habe in den letzten Jahren auch wegen des Internets zugenommen, fasst Moßbrucker zusammen. Denn schon innerhalb von Sekunden würden sich heutzutage Falschinformationen oder negative Schlagzeilen über Soziale Medien verbreiten.
Anwaltskanzleien ändern Strategie
"Es gibt natürlich ein berechtigtes Interesse derjenigen, die zum Ziel der Berichterstattung werden, ihre Rechte wahrzunehmen" - das sähen auch die von Moßbrucker und Gostomzyk befragten Journalistinnen und Journalisten so. "Was man nur nicht ganz versteht auf Medienseite: Warum man denn dann einfach nur bedroht wird, anstatt einfach mal Fragen zu beantworten?"
Mittlerweile hätten einige Anwaltskanzeleien ihre Strategie allerdings geändert und darauf reagiert, dass sich Investigativ-Redaktionen nicht mehr so einfach von Schreiben einschüchtern ließen. Laut Moßbrucker setzen immer mehr Kanzleien deshalb auf subtilere Einflussnahme:
"Die Medienkanzleien werden viel freundlicher in den letzten Jahren. Sie bieten Hintergrundgespräche an, sie antworten auf Fragenkataloge deutlich ausführlicher als noch vor drei, vier Jahren."
Subtile Einflussnahme statt Drohung
Es werde nun mehr umgarnt und umschmeichelt. "Wenn man weiß: 'Okay, wir werden es nicht schaffen, diese Geschichte komplett zu verhindern, dann möchten wir ihr wenigstens so gut wie möglich unseren Spin mitgeben.'"
Das gehe sogar so weit, dass Kanzleien versuchen würden, Medien gegeneinander auszuspielen - indem Informationen an Konkurrenten weitergegeben und so durchgestochen würden, dass sie für die Mandantinnen und Mandanten am besten sind.
Darüber müsse sich die Branche deutlich mehr Gedanken machen als über die harten Methoden, die mittlerweile Normalität seien.