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Studie zu Jugendkriminalität
Migranten nicht häufiger gewalttätig als Deutsche

Forscher haben die nach eigenen Angaben erste deutsche Langzeitstudie zu Jugendkriminalität vorgestellt. 13 Jahre lang erforschten sie dafür die kriminellen Karrieren von mehr als 3.000 Jugendlichen – die Ergebnisse räumen mit gängigen Vorurteilen auf.

22.05.2014
    Zwei Gefangene gehen am 18.09.2012 in Betreuung eines Justizangestellten über das Gelände der Untersuchungs- und Jugendhaftanstalt Berlin-Tegel.
    Eine neue Studie zeigt: Jugendkriminalität erledigt sich meist von selbst. (dpa picture alliance / Robert Schlesinger)
    In der Studie "Kriminalität in der modernen Stadt" heißt es, Migranten seien nicht häufiger an Gewaltdelikten beteiligt als einheimische Jugendliche. Demnach trifft auch das Vorurteil "Einmal Verbrecher – immer Verbrecher" auf jugendliche Intensivtäter nicht zu. Selbst Schüler, die mehrfach straffällig geworden seien, fänden später überwiegend den Weg zurück in die Normalität, heißt es. Der Rückgang der Straftaten erfolge weitgehend ohne dass Polizei und Justiz eingreifen müssten und basiere auf der erfolgreichen Vermittlung von Werten und Normen in Familie und Schule.
    Konkret begehen laut der Studie rund 84 Prozent der Jungen und 69 Prozent der Mädchen bis zum 18. Lebensjahr mindestens einmal eine meist leichte oder mittelschwere Straftat wie Ladendiebstahl. Während die Zahl der Straftaten bis zum Ende des Kindesalters schnell steige, gehe sie bereits mit 15 bis 16 Jahren wieder weitgehend zurück, so die Forscher. Diese positive Entwicklung werde im Jugendstrafrecht zu Recht unterstützt, indem Verfahren bei Erst- und Gelegenheitstätern eingestellt würden.
    Selbst Intensivtäter bleiben nicht kriminell
    Die sogenannten Intensivtäter machen laut der Studie nur sechs bis acht Prozent ihrer Altersgruppe aus, jedoch gingen die Hälfte aller Taten und mehr als drei Viertel der Gewaltdelikte auf ihr Konto. Aber auch bei Intensivtätern sinkt demnach die Zahl der Delikte, wenn auch zum Teil erst zum Ende des Jugendalters. Wichtige Faktoren zur Vorbeugung von Jugendkriminalität sehen die Wissenschaftler in stabilen familiären und nachbarschaftlichen Bindungen, einem guten Schulklima sowie einer erfolgreichen Ausbildung. Wer sich an traditionellen und religiösen Werten orientiere, konsumiere auch weniger Alkohol und verhalte sich in der Freizeit gemäßigter.
    Weiteres Ergebnis der Studie ist, dass Strafen Jungtäter nicht abschrecken. Sie förderten im Gegenteil den Kontakt zu gewaltbereiten Gruppen. Deshalb seien strafrechtliche Eingriffe auf das Notwendige zu beschränken. An der Studie waren Kriminologen, Soziologen und Juristen beteiligt. Zwischen 2002 und 2014 haben sie regelmäßig mehr als 3.400 Duisburger Jugendliche befragt. Nach Angaben der Wissenschaftler sind die Erkenntnisse repräsentativ für deutsche Großstädte.
    (tj/stfr)