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Studien mit Ebola-Impfstoff
Verträglichkeit und Sicherheit bei niedrigen Dosen bislang "sehr, sehr gut"

VSV-ZEBOV heißt ein Impfstoff, der Menschen vor einer Ebola-Infektion schützen soll. In Tierversuchen hat er bewiesen, dass er Affen immun gegen die tödliche Seuche macht. Seit November wird er auch an Menschen getestet. "Wir sind mittendrin", sagte Peter Kremsner von der Uniklinik in Tübingen im DLF.

Peter Kremsner im Gespräch mit Ralf Krauter |
    Ein afrikanischer Arzt in Schutzanzug verabreicht einem anderen Mann eine Spritze.
    Die beste Dosis herauszufinden, sei sehr wichtig, so Professor Peter Kremser. (picture alliance / dpa / Alex Duval Smith)
    Ralf Krauter: VSV-ZEBOV, das ist der Name eines Impfstoffes, der Menschen vor einer Ebola-Infektion schützen soll. Das experimentelle Vakzin wurde in Kanada entwickelt und hat in Tierversuchen bereits bewiesen, dass es Affen immun gegen die tödliche Seuche macht. Seit November nun wird VSV-ZEBOV auch an Menschen getestet. Und zwar in mehreren klinischen Phase-eins-Studien, die klären sollen, ob der Impfstoff für Menschen sicher und verträglich ist. Professor Peter Kremsner leitet das Institut für Tropenmedizin an der Universitätsklinik in Tübingen und koordiniert die im November gestarteten Impfstofftests in Gabun. Am Wochenende kam er zurück von dort. Und ich habe ihn vorhin gefragt: Was ist der aktuelle Stand?
    Peter Kremsner: Die Impfstudie in Gabun, in Lambaréné, am Campus des Albert-Schweizer-Hospitals, läuft gerade. Wir sind mittendrin. Wir haben 29 Freiwillige mit diesem Ebola-Impfstoff geimpft bis heute. Bisher können wir sagen, dass der Impfstoff gut verträglich ist und sicher ist. Wir können ansonsten zur Immunogenität, das heißt, wie viele Antikörper diese Geimpften produzieren, noch nicht viel sagen. Da sind die Resultate noch ausständig.
    Krauter: Das heißt, wie gut der Impfstoff tatsächlich wirkt, das können Sie gerade noch nicht sagen, dafür ist es zu früh?
    Kremsner: Das ist richtig, das ist zu früh. In einer Phase-eins-Prüfung ist auch die Sicherheit und Verträglichkeit allen voran. Das ist das Wichtigste. Gleichzeitig versucht man natürlich auch, etwas über die Schutzwirkung indirekt mit Antikörper-Bestimmungen herauszufinden.
    Krauter: Und können Sie da schon was sagen? Was ist dabei rausgekommen?
    Kremsner: Bisher können wir zu unserer Studie wie auch zu den anderen, die in diesem Konsortium, das den Impfstoff testet, drin sind, noch nichts sagen. Es gibt noch keine guten Untersuchungen dazu.
    Höhe der Dosis derzeit eine der wichtigsten Fragen
    Krauter: Eine der wichtigen Fragen, um die es geht, ist ja auch, wie hoch die Dosis sein muss des Impfstoffes, wenn man den später im großen Stil einsetzen würde. Je geringer die Dosis, desto weiter würde der vorhandene Impfstoff reichen. Können Sie da schon Aussagen machen?
    Kremsner: Ja auch da wissen wir noch nicht sehr viel. Aber wir testen eine sehr große Spannbreite an Dosen, von 30.000 sozusagen äquivalenten Impfviren über 300.000, drei Millionen und 20 Millionen. Wir haben jetzt allerdings - das ist eine Entscheidung von vor ein paar Tagen, ausgelöst durch die Befunde, die wir aus Genf erfahren haben, und wir sind ja gut vernetzt in unserem Konsortium - die hohe Impfdosis von 20 Millionen gestoppt, weil es da bei den Kollegen in Genf einige Auffälligkeiten gegeben hat, die wir erst mal einordnen wollen und die unser sogenanntes „data and safety monitoring board" - das sind unabhängige Forscher, die uns zusätzlich überwachen - vorgeschlagen hat, die höheren Impfdosen vorerst auszusetzen. Bei den niedrigeren Impfdosen haben wir gar nichts Auffälliges gesehen. Die Verträglichkeit und die Sicherheit war bisher bei diesen sehr, sehr gut.
    Krauter: Liefern wir mal kurz den Hintergrund nach: Die Uni Genf hat, Sie haben es schon erwähnt, eine Impfstudie mit demselben Wirkstoff, den Sie auch einsetzen, ausgesetzt kürzlich bis in den Januar hinein wegen leichter Nebenwirkung. Unter anderem wurden da örtlich begrenzte Entzündungen beobachtet bei den Testpatienten. Sie haben so was bei den kleinen Dosen nicht sehen können?
    Kremsner: Wir haben das nicht gesehen. Wir haben die üblichen Sachen bei der Einstichstelle gesehen, leichte Rötungen, ein bisschen Schmerz, aber das waren alles sehr dezente Nebenwirkungen, die wir da gesehen haben, aber nichts Vergleichbares mit den Fällen, die in Genf beschrieben wurden, wo es dazu führte, dass wir die höheren Dosen gestoppt haben.
    Krauter: Aber Sie hatten auch bei den höheren Dosen keine solchen Nebenwirkungen, wie aus Genf beschrieben, gesehen?
    Kremsner: Das ist richtig. Wir haben auch bei den höheren Dosen, von denen wir allerdings noch nicht sehr viele geimpft haben, um genau zu sein nur neun bisher, auch nichts gesehen.
    Krauter: Wie reihen sich denn Ihre Ergebnisse jetzt dieser ersten Phase-eins-Studien ein in die anderen Tests? Es gibt ja mindestens vier Impfstudien zu dem VSV-ZEBOV-Impfstoff derzeit.
    Daten vor allem in der Zielbevölkerung sammeln
    Kremsner: Das ist richtig. Eine findet in Hamburg statt, eine in Genf und dann gibt es eine nordamerikanische Studie, eigentlich zwei, die miteinander vernetzt sind, und dann unsere in Afrika. Für uns ist es das Wichtigste, dass wir gemeinsam versuchen, die beste Dosis herauszufinden, die sehr gut verträglich und dann auch immunogen ist, das heißt zu guten Antikörperspiegeln nach Impfung führt. Wir haben eine sehr große Studie vor uns. Bisher haben wir 29 geimpft. Wir wollen diese Woche noch weiter impfen und über 40, fast 50 impfen. Das heißt, wir wollen versuchen, in der afrikanischen Bevölkerung mit unserer Studie Daten zu sammeln, um einen Einsatz dann in dem Gebiet, wo es am dringendsten gebraucht wird, eben in diesen drei afrikanischen Ländern, wo Ebola derzeit wütet, ermöglichen zu können. Es ist sehr wichtig, in der Zielbevölkerung - das ist die afrikanische Bevölkerung - hier Daten zu sammeln.
    Krauter: Auf Basis Ihrer Erfahrungen, über welchen zeitlichen Rahmen reden wir denn, bis jetzt so ein Impfstoff im großen Stil zum Einsatz kommen könnte in Afrika?
    Kremsner: Wir wollen die Untersuchungen der Phase eins möglichst noch im Januar abschließen, sodass wir über die Sicherheit und Verträglichkeit genug wissen, um sagen zu können, mit dieser Dosis gehen wir dann in die eigentliche Zielbevölkerung, in die afrikanische Bevölkerung in diese drei Länder, um den Ausbruch einzudämmen. Dazu sind aber vor allem diese afrikanischen Untersuchungen wichtig und es sind auch Untersuchungen bei Kindern wichtig. Auch die haben wir in Gabun im Januar vor.
    Krauter: Es ist ja so, dass dieser Impfstoff, den Sie erproben, quasi Genschnipsel des Ebola-Zaire-Virus enthält. Wie sicher können Sie denn sein, dass der dann auch gegen andere, in Westafrika derzeit grassierende Ebola-Stämme überhaupt Wirkung entfalten wird?
    Kremsner: Wir können nicht sicher sein, ob er gegen alle Ebola-Stämme funktioniert. Es ist dieser ZEBOV, das heißt, der aus dem Kongo isolierte Stamm, oder ein Teil von diesem. Alle Stämme sind allerdings, die bisher bei den Ausbrüchen gefunden wurden, in Zentralafrika und auch bei dem jetzigen in Westafrika, sehr, sehr ähnlich.
    Krauter: Das heißt, die Chancen sind gut, dass es wahrscheinlich wirken wird?
    Kremsner: Die Chancen sind sehr gut, dass es wirken wird, aber wir können es nicht wirklich sagen und in dieser Phase ist die Verträglichkeit und Sicherheit obenauf und die Immunogenität, was die Wirksamkeit angeht, werden wir dann Anfang nächsten Jahres sehen, wenn der Impfstoff, von der Weltgesundheitsorganisation dann abgenickt, auch wirklich in dem Endemiegebiet in Guinea, Sierra Leone und Liberia eingesetzt werden wird.
    Krauter: Glauben Sie, dass dieser Impfstoff, wenn er seine Wirksamkeit bewiesen hat, rechtzeitig kommt für diese aktuelle Epidemie, oder wird er dann eher für die nächste spannend sein?
    Kremsner: Dieser Impfstoff oder vielleicht auch der andere, der derzeit in Entwicklung ist, wird dann etwas sein, was vorrätig da ist. Wir hoffen, dass er immer noch auch bei diesem Ausbruch in Westafrika eingesetzt werden kann.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.