Donnerstag, 09. Mai 2024

Corona, Migration, Lehrermangel
Suche nach Erklärungen für schlechtes deutsches Abschneiden bei PISA-Studie

Die deutschen Schülerinnen und Schüler haben in der PISA-Studie zum internationalen Vergleich von Lernleistungen so schlecht wie noch nie abgeschnitten. Die Bildungsgewerkschaften machen dafür vor allem den Lehrermangel verantwortlich. Die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Günther-Wünsch, sieht den hohen Migrantenanteil in Klassen als Grund.

11.12.2023
    Ein Schüler liest konzentriert während des Unterrichts. In der Hand hält er einen Füllfederhalter.
    Deutsche Schüler hinken im Leistungsniveau bis zu einem Schuljahr hinterher - die Coronapandemie hat die Situation verschärft. (picture alliance / photothek / Florian Gaertner)
    Laut den von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichten Ergebnissen verschlechterten sich die Leistungen bei den 15-Jährigen deutlich. Das gilt für alle drei untersuchten Bereiche: Mathematik, Naturwissenschaften und Lesekompetenz.
    Als einen Grund sieht die OECD die Folgen der Schulschließungen während der Coronapandemie. In Deutschland sei der Distanzunterricht weniger mit digitalen Medien bestritten worden als im internationalen Vergleich, hieß es. Allerdings habe es in Deutschland wie in vielen anderen Ländern auch schon vorher einen Trend zu schlechteren Schulleistungen gegeben.

    Asiatische Länder schnitten am besten ab

    Im internationalen Vergleich lagen die Schüler aus Singapur vorne. Insgesamt schnitten asiatische Länder am besten ab. Aus Europa lag nur Estland in der Spitzengruppe. Insgesamt nahmen rund 690.000 Schüler aus 81 Ländern an der Studie teil. Zuletzt hatte es 2018 eine PISA-Studie gegeben.
    Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger erklärte, Bildung müsse in jedem Kabinett und jeder Landesregierung ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Als Bund stehe man bereit, die für die Bildung zuständigen Länder massiv zu unterstützen. Bildungspolitiker äußerten sich fraktionsübergreifend besorgt und forderten eine nationale Bildungsstrategie.

    Sprachbarrieren als Erklärung?

    Die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Günther-Wünsch, sagte, die Ergebnisse der Studie könnten bei weitem nicht zufrieden stellen. Die CDU-Politikerin verwies unter anderem auf die Heterogenität der Schülerschaft als Erklärung. Ein Drittel hätte Deutsch nicht als Muttersprache.
    Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Düll, verwies im Deutschlandfunk ebenfalls darauf, dass viele Kinder und Jugendliche aus anderen Ländern große Sprachbarrieren hätten. Diese Schülerinnen und Schüler müssten individuell gefördert werden. Hier gebe es aber nicht ausreichend Personal. Das müsse sich dringend ändern.

    Gewerkschaften sehen Lehrermangel als großes Problem

    Die Bildungsgewerkschaften machen vor allem den Lehrermangel für das schlechte Abschneiden verantwortlich. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft "Verband Bildung und Erziehung", Brand, sagte, jetzt zeige sich, was Lehrermangel heiße. Vertretungsstunden und Schulausfälle hätten Konsequenzen. Weitere Gründe für die schlechten Resultate sieht Brand in einer ungenügenden Digitalisierung der Schulen und einer großen sozialen Ungleichheit.
    Ähnlich äußerte sich die Gewerkschaft "Erziehung und Wissenschaft". Vorstandsmitglied Bensinger-Stolze bezeichnete es als Skandal, dass sich die Abhängigkeit der schulischen Leistungen vom Elternhaus seit mehr als 20 Jahren nicht verringert habe.

    Sorge um wirtschaftliche Auswirkungen

    Der Bildungsökonom Wößmann vom ifo-Institut gab zu bedenken, dass die deutschen Schülerinnen und Schüler noch schlechter abgeschnitten hätten als vor 20 Jahren, als der sogenannte "PISA-Schock" ausgelöst worden sei. Dies könnte volkswirtschaftliche Kosten nach sich ziehen. Diese würden sich in den kommenden Jahrzehnten auf einen Billionen-Betrag summieren. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sprach davon, dass ein "revolutionären Neuanfang" für das deutsche Bildungswesen nötig sei.
    Weitere Informationen zur aktuellen PISA-Studie finden Sie hier.
    Diese Nachricht wurde am 05.12.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.