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Südtirol
Gespräche zwischen SVP und Lega kommen nicht voran

Die Südtiroler Volkspartei braucht einen Koalitionspartner um zu regieren. Einen Partner, der den italienisch-sprachigen Teil der Bevölkerung repräsentiert. Die Wahl fiel auf die rechtspopulistische Lega. Doch die Gespräche zwischen SVP und Lega gestalten sich schwieriger als gedacht.

Von Susanne Lettenbauer | 19.12.2018
    Arno Kompatscher, Landeshauptmann Südtirols und Politiker der Südtiroler Volkspartei SVP am 22.10.2018 auf einer Pressekonferenz in Bozen
    Er wolle die italienisch sprechende Bevölkerung mitnehmen, so Landeshauptmann Kompatscher. Daher nehme er den Rechtsruck seiner Koalition in Kauf (imago/Eibner)
    Das K-Wort will man in Südtirol derzeit unbedingt vermeiden. Was da in Südtirols Landtag läuft seien "Regierungsgespräche", keine Koalitionsgespräche, so die Südtiroler Volkspartei SVP. Es handele sich um "technische Übereinkünfte" mit der rechtspopulistischen Lega, betont Landeshauptmann Arno Kompatscher. Deutlicher könnte er das Unbehagen innerhalb der SVP nicht ausdrücken:
    "Ja, wir haben in der Partei heftig darüber diskutiert, was wir jetzt tun sollen. Es hätte theoretisch eine Alternative gegeben."
    Hätte, doch er entschied anders. Der Grund, laut Kompatscher: Man hätte mit den anderen Parteien den in Südtirol zwingend vorgeschriebenen Anteil von italienisch sprechenden Abgeordneten nicht erreichen können. Deshalb fiel die Wahl auf die Lega.
    Alternativen zur Lega
    Stimmt nicht, sagt Paul Köllensperger, der parteilose Überraschungsgewinner der Landtagswahlen, mit 15,2 Prozent zweiter hinter der Volkspartei mit 41,9 Prozent - noch vor der Lega mit 11,1 Prozent. Es hätte sogar drei Koalitionsmöglichkeiten gegeben, die Lega hätte nicht zwingend in die Regierung geholt werden müssen, so der frühere Abgeordnete der Fünf-Sterne-Bewegung:
    "Wir hatten sogar ganz ausgezeichnete italienische Kandidaten: ein Bürgermeister war dabei, die Präsidentin des Gemeinderates von Meran war dabei, also unsere Kandidaten waren bei den besten Kandidaten überhaupt dabei."
    Er wolle die italienisch sprechende Bevölkerung mitnehmen, so Landeshauptmann Kompatscher. Diese hatte überwiegend die Rechtspopulisten gewählt, eine Spaltung der Gesellschaft müsse verhindert werden. Deshalb nehme er einen Rechtsruck in Kauf?
    "Wir haben ein Wahlergebnis, das wir respektieren müssen und mit dem wir jetzt umgehen müssen, bestmöglich. Gleichzeitig ist es für uns jetzt als Südtiroler Volkspartei die Möglichkeit aufzuzeigen, welche unsere Werte sind."
    Europafreunde gegen Europagegner
    Stimmt auch nicht, meint die Grünen-Abgeordnete Birgitta Foppa. Noch nie habe die SVP sich so weit nach rechts gelehnt, um des Wähler Willens:
    "Ich finde es ein Stück weit eine Ausrede, nämlich die Aussage, man müsse den Wählerwillen respektieren und müsse deshalb mit der Lega zusammen gehen. Das ist eine ganz neue Aussage, das hat es in Südtirol noch nie gegeben."
    Starke Hintermänner in Rom
    Im bislang liberal europafreundlichen Südtirol komme jetzt eine Partei an die Macht, empört sich die Grünen-Abgeordnete Foppa, die Europa ablehnt, offen fremdenfeindlich agiert, von Autonomie nicht viel hält. Ihr mache vor allem die Nähe zur Regierung in Rom Sorgen, sagt Foppa. Sie stehe noch immer für eine Koalition zur Verfügung, falls die Gespräche mit der Lega scheitern sollten, betont die 50-Jährige:
    "Man hat in den verschiedenen steps gesehen, wie stark die südtiroler Lega-Männer am Gängelband von Salvini hängen, ganz klar. Wundert mich auch, dass sich die SVP darauf einlässt, hier mit einer Kraft in die Koalition einzutreten, die so starke Hintermänner hat und auch weit weg sind. Denn dass da eine ganz andere Überlegung dahinter steckt, was nationales Interesse vor Augen hat als unser Lokales, das ist ganz eindeutig.
    Landeshauptmann Arno Kompatscher hat eigens einen Wertekodex entwickelt, der von der Lega unterschrieben werden soll, will sie in die Regierung. Daran gehe kein Weg vorbei, ist er momentan noch überzeugt. Unterschrieben wurde bislang nichts.
    Die vier Lega-Abgeordneten, darunter Filippo Maturi, ein direkter Verhandlungspartner der Lega-Spitze in Rom, zögern die Verhandlungen raus, stören sich an ihrer Ansicht nach missverständlichen Übersetzungen. Zu Beginn der Gespräche war SVP-Landeshauptmann von einer schnellen Einigung überzeugt, jetzt klingt er desillusioniert.
    "Ja, es ist alles etwas mühsamer, als wir es uns erwartet hatten."
    Dass eine Einigung wie geplant vor Weihnachten geschieht, erscheint vor diesem Hintergrund als unwahrscheinlich. Falls die Regierung nicht nach 90 Tagen steht, drohen Neuwahlen. Doch das wird von allen Beteiligten noch ausgeschlossen. Gewinner wäre - nach derzeitigen Umfragen - einmal mehr die Lega.