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Symposium in Berlin zu Provenienz
Asiatische Sammlungen und koloniale Kontexte

Nach der Diskussion um afrikanische Raubkunst rücken nun auch asiatische Kulturgüter ins Zentrum der Debatte. Auf einem Symposium in Berlin trafen sich Museumskuratoren und Wissenschaftler aus aller Welt, um über koloniales Unrecht zu diskutieren. Erstmals war auch eine chinesische Delegation dabei.

Von Lorenz Rollhäuser |
    Buddhafigur
    Buddhafigur ( Unsplash / Igor Ovsyannykov )
    Während Sarr und Savoy einen präzisen Zeitplan für den Prozess der Restitution entwerfen, verwiesen hiesige Direktorinnen und Kuratoren einmal mehr auf die rechtliche Situation, die jedweder Rückgabe im Wege stehe: Wir würden gern, aber wir dürfen nicht. Auch fehle ihnen Geld und Personal für die notwendige Inventarisierung und Digitalisierung ihrer riesigen Bestände, eine Arbeit, die in Frankreich längst erfolgt ist.
    Der Kulturwissenschaftler und Autor Chika Okeke-Agulu von der Universität Princeton schlägt nun Folgendes vor, als einen ersten konkreten Schritt:
    "Ich fordere das Humboldt Forum auf, sagt er, sich zum Wortführer dessen zu machen, was ich das Berlin Protokoll nenne. Gerade Berlin, wo 1884/85 der afrikanische Kontinent von den Kolonialmächten aufgeteilt wurde, sei der richtige Ort, um mit Vertretern der ehemaligen Kolonien zusammenzukommen und seitens der hiesigen ethnologischen Museen ihre Nicht-Eigentümerschaft zu erklären."
    Asiatische Sammlungen von Europäern geplündert
    Eine solche Erklärung wäre eine symbolische Geste, aber eine Geste von großer Bedeutung, geht es doch bei Fragen der Restitution nicht allein um die Objekte als solche, sondern immer auch um die Beziehungen, die sich darin reflektieren. Jedweder Prozess der Restitution und Repatriierung muss zugleich ein Prozess der Aufarbeitung dieser Beziehungen sein, da waren sich alle einig.
    Bei dieser Tagung war zum ersten Mal auch eine Delegation aus China anwesend. Im Zusammenhang mit kolonialem Unrecht wird bisher kaum über die immensen asiatischen Sammlungen im Westen gesprochen, in denen sich viele Werke finden, die während der sogenannten Opiumkriege und des Boxeraufstands in den Westen gelangten, geplündert von Briten, Franzosen und anderen und dann in alle Welt weiterverkauft.
    Die Chinesen haben bisher offiziell keine Restitutionen gefordert, haben aber längst begonnen, sich mit ihrem im Westen verstreuten Kulturerbe zu beschäftigen. Shuyong Pan ist Professor für Anthropologie und Museologie in Beijing und Schanghai:
    Viele Objekte zweifelhaft in den Westen gelangt
    Seit dem Jahr 2000 versuche sich die chinesische Regierung einen Überblick über die Objekte im Westen zu verschaffen, erklärt Pan. 2008 sei eine Liste von etwa anderthalb Millionen Objekten veröffentlicht worden, bei denen zumindest zweifelhaft sei, ob sie legal in den Westen gelangt sind.
    Er wies auch darauf hin, dass in China jedes Jahr 300 neue Museen gebaut werden, 5000 seien es insgesamt bereits. Da könne der Westen doch aus seinen Sammlungen einiges abgeben, zumal das meiste eh in den Depots eingelagert sei.
    Am gestrigen Samstag ging es dann gleich weiter, mit dem 2. Workshop über Provenienzforschung zu ostasiatischen Objekten, einer Fachtagung für Museumskuratoren und Wissenschaftler. auch hier führte der Sarr/Savoy-Report zu lebhaften und kontroversen Diskussionen, denn manche der Anwesenden lehnten Rückgaben rundweg ab. Dieselben Menschen, die ohne Wenn und Aber die Washingtoner Prinzipien anerkennen, wonach von den Nazis geraubte Kunst unabhängig von der rechtlichen Situation zurückgegeben wird, legen bei der kolonialen Raubkunst andere Maßstäbe an. Dass all die Soldaten, Beamten und Missionare der Kolonialmächte, die systematisch plünderten und stahlen, was nicht niet- und nagelfest war, ebenso Unrecht verübten, das nach Wiedergutmachung verlangt, möchten sie noch immer nicht zugestehen.
    Von daher scheint es nur die halbe Wahrheit, wenn manche Museumsleiter über mangelnde Handlungsmöglichkeiten klagen. Es fehlt in diesen Institutionen oft auch an klarer Haltung, d. h. letztlich: an einer politischen Positionierung zu vergangenem Unrecht.