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Syrien-Einsatz
Putin rechtfertigt Luftangriffe im russischen Fernsehen

Russlands Eingreifen in Syrien sei ein "game changer", eine Spielwende, sagt EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Der russische Präsident Wladimir Putin rechtfertigt die Luftangriffe in einem Fernsehinterview und macht, etwas überraschend, die Terrorgefahr im eigenen Land zum Thema. "Man muss vorbeugen."

Von Gesine Dornblüth | 12.10.2015
    Russlands Präsident Wladimir Putin in einem Fernsehinterview
    "Wir haben über lange Zeit Aufklärung aus dem Kosmos und aus der Luft betrieben." Russlands Präsident Wladimir Putin rechtfertigt Luftangriffe in Syrien. (Imago)
    Ganz offen räumt Präsident Wladimir Putin mittlerweile die Ziele Russlands in Syrien ein. Es gehe darum, die Assad-Regierung zu stabilisieren um damit die Grundlage für eine politische Lösung des Konfliktes zu schaffen. Das ließ Putin Millionen Fernsehzuschauer zu bester Sendezeit am Sonntagabend wissen. Der Kritik der USA und ihrer Verbündeten, Russland bombardiere in Syrien nicht vorrangig die Terrormiliz "Islamischer Staat", sondern auch gemäßigte Assad-Gegner, hielt Putin entgegen:
    "Wir haben ihnen gesagt: Wenn ihr die Lage dort besser kennt als wir - was ich bezweifele, aber nehmen wir es mal an -, dann gebt uns Zielkoordinaten, wir arbeiten sie ab. Sie haben abgelehnt. Ich verstehe nicht, warum. Wenn sie sich besser auskennen und den Terrorismus bekämpfen wollen, sollten sie uns konkrete Verstecke der Terroristen nennen, Leitstellen und Lager. Was wäre einfacher?"
    Russland habe sich präzise auf den Einsatz in Syrien vorbereitet, so Putin in dem Fernsehinterview.
    Über lange Zeit Aufklärung betrieben
    "Wir haben rechtzeitig ausreichend Kräfte, Mittel und Munition am richtigen Ort konzentriert. Wir haben über lange Zeit Aufklärung aus dem Kosmos und aus der Luft betrieben. Alles, was dort in der Luft und am Boden passiert, ist keineswegs spontan, sondern im Voraus geplant."
    Seit Beginn der russischen Luftangriffe in Syrien vor knapp zwei Wochen vermitteln die russischen Staatsmedien ihren Zuschauern das Bild eines sauberen und hocheffektiven Einsatzes in Syrien, ohne eigene oder zivile Opfer. Das zeigt Wirkung. Wie eine Umfrage des unabhängigen Lewada-Instituts belegt, hat sich die Zustimmung der Russen zu den Luftschlägen in kürzester Zeit mehr als verdoppelt. Noch Anfang September waren nur rund 14 Prozent der Befragten für ein Eingreifen des russischen Militärs in Syrien. Mittlerweile sind es mehr als ein Drittel.
    Angst vor neuem Terror
    Zugleich befürchten Kritiker, dass Russland möglicherweise erneut zum Ziel von Terroranschlägen wird, dass der Terror möglicherweise auch in russische Großstädte zurückkehrt. In den letzten Jahren waren die Anschläge von Islamisten im Wesentlichen auf den russischen Nordkaukasus begrenzt. Präsident Putin räumte in dem Interview ein, natürlich gäbe es eine Terrorgefahr, aber:
    "Ich bin überzeugt, wenn man Angst hat, dass Terroristen etwas tun, dann tun sie das auch. Unbedingt. Man muss vorbeugen. Und die Gefahr von Terroranschlägen bestand auch schon, bevor wir in Syrien aktiv wurden."
    Zufall oder nicht - gleichfalls gestern Abend meldeten russische Agenturen, die Behörden hätten einen Terroranschlag in Moskau vereitelt. Das Anti-Terror-Komitee teilte mit, in einem Wohnhaus im Zentrum der Stadt seien eine Gruppe Verdächtiger festgenommen und ein Sprengsatz sichergestellt worden. Über die Zahl der Festgenommenen und deren Motive machten die Behörden keine Angaben.