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Syrien-Friedenskonferenz
Vom Erfolg auch ohne Annäherung

Ein Frieden in Syrien ist eine Woche nach Beginn der Genfer Konferenz nicht in Sicht. Die Teilnehmer vereinbarten zunächst eine Auszeit bis Mitte Februar. Es gilt aber schon als Erfolg, dass die Bürgerkriegsparteien überhaupt miteinander reden. Für Kritik sorgt derweil die schleppende Vernichtung der Chemiewaffen.

30.01.2014
    Die Syrien-Friedensgespräche in Montreux
    Bei den Verhandlungen in Genf trennt ein breiter Tisch die Gegner im Syrienkonflikt. (picture-alliance / dpa / Arnd Wiegmann)
    Der UNO-Sondergesandte Lakhdar Brahimi versucht der ersten Verhandlungsrunde, die am Freitag zu Ende geht, doch noch etwas Positives abzugewinnen. Ja, die Kluft zwischen den Konfliktgegnern sei immer noch sehr groß. Nein, substanzielle Ergebnisse seien nicht zu erwarten. "Es ist deshalb schon ein Erfolg an sich, dass sie weiter miteinander reden wollen", sagte Brahimi. Er bezeichnete es als einen "hoffnungsvollen Moment", dass die Konfliktgegner in einer gemeinsamen Schweigeminute der nach Schätzungen mehr als 130.000 Toten des Bürgerkrieges gedachten. Delegierte und Diplomaten berichten unisono, die Positionen über die Zukunft Syriens seien weit voneinander entfernt.
    Beispielhaft zeigte sich heute der diplomatische Graben zwischen Anhängern und Gegnern der Regierung von Präsident Assad. Die Regierungsdelegation legte nach eigenen Angaben einen Plan zur "Terrorismus"-Bekämpfung vor, den die Vertreter der Rebellen zurückgewiesen hatten. Die Opposition erklärte, die Regierung in Damaskus müsse aufhören, bewaffnete Gegner generell als Terroristen zu verunglimpfen. "Das Regime zieht hier eine Theatershow vor den Medien ab", sagte Oppositionssprecher Luai Safi vor Reportern. "Es tut so, als sei man seriös an einer politischen Lösung interessiert, aber die Aktionen vor Ort sprechen eine andere Sprache."
    Der Sprecher der Syrischen Nationalen Koalition, Luai Safi
    Der Sprecher der Syrischen Nationalen Koalition, Luai Safi (AFP Philippe Desmazes)
    Schleppende Vernichtung der Chemiewaffen
    Unterdessen erklärte die Kontrollbehörde für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) in Den Haag, dass Syrien immer noch über mehr als 95 Prozent seiner Chemiewaffen verfüge. Seit Anfang Januar verließen den Angaben zufolge nur zwei Schiffsladungen mit jeweils rund 16 Tonnen den syrischen Mittelmeerhafen Latakia. Rund 700 Tonnen Chemiewaffen der gefährlichsten Kategorie I sollen das Land laut Vereinbarung bis zum 5. Februar verlassen. Damaskus hatte die Verzögerung mit andauernden Kämpfen begründet.
    Die USA und Frankreich kritisierten den schleppenden Abtransport der Waffen. "Ich weiß nicht, was die Motive der syrischen Führung sind", sagte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel bei einem Besuch in Polen. Die US-Regierung sei besorgt, dass die syrische Regierung nicht wie vereinbart vorankomme. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius rief die internationale Gemeinschaft zu Wachsamkeit auf. Es müsse aufgepasst werden, "dass Syrien seine Verpflichtungen einhält". Die syrische Regierung hatte auf internationalen Druck der Vernichtung seiner Giftgasbestände zugestimmt, um einem US-Militärschlag zu entgehen.
    Ban erwartet langwierigen Friedensprozess
    Ungeachtet der vielen Streitpunkte erklärte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, in Genf seien Fortschritte erzielt worden - in welchen Bereichen, sagte Ban nicht. "Niemand hat erwartet, dass es ein leichtes Verfahren wird." Ziel müsse nun sein, konkrete Maßnahmen in Kraft zu setzen, mit denen das Leid der Zivilbevölkerung in dem Bürgerkriegsland verringert werden könne, sagte Ban bei einem Besuch in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte an die Konfliktparteien, humanitäre Korridore zu öffnen, um die "unbeschreibliche" Not der Menschen zu lindern.
    UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rückt der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Stuhl zurecht.
    UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rückt der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Stuhl zurecht. (dpa / Maurizio Gambarini)
    Eine erste Hilfslieferung erreichte heute eine der am schlimmsten betroffenen Gegenden nahe Damaskus. Obwohl die Einigung auf die Öffnung humanitärer Korridore bei der Friedenskonferenz bisher noch nicht umgesetzt wurde, drang die UNO in das palästinensische Flüchtlingslager Jarmuk vor. In dem von Regierungstruppen belagerten Areal sind in den vergangenen Monaten nach Angaben von Aktivisten Dutzende Menschen verhungert oder wegen fehlender Medikamente an Krankheiten gestorben.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich skeptisch hinsichtlich einer Wiederaufnahme der Gespräche im Februar nach der Auszeit. "Wir sind weit davon entfernt, zufrieden mit dem Verlauf der Syrienkonferenz zu sein", sagte er nach einem Treffen mit seinem Amtskollegen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Scheich Abdullah bin Said al-Nahjan, in Berlin.