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Syrien-Konferenz
Tausendundein Strippenzieher

Es ist eine absurde Situation: Die Gruppen, die mit Waffen in Syrien gegen die Herrschaft von Präsident Baschar al-Assad kämpfen, haben kaum etwas mit der politischen Opposition zu tun. Der syrische Krieg bedeutet: jeder gegen jeden – und mancher gegen sich selbst. Kann die Friedenskonferenz dennoch erfolgreich verlaufen?

Von Björn Blaschke, Hans-Jürgen Maurus und Thomas Schmidt | 21.01.2014
    "Diese Konferenz ist für die Syrer", so der UN-Sonderbeauftragte Lahdar Brahimi, der die Genf-2-Konferenz zu organisieren hatte. Sie soll in zwei Teilen über die Bühne gehen. Am morgigen Mittwoch ist der Auftakt in Montreux. Im dortigen "Petit Palais" des Montreux Palace Hotels werden rund 40 Delegationen erwartet. Die Delegationen werden vorbereitete Erklärungen vorlesen. Nach einem Brückentag sollen die Verhandlungen zwischen den verfeindeten Parteien am Freitag unter Vorsitz des UN-Sondergesandten Brahimi im Genfer "Palais des Nations" fortgesetzt werden. Brahimi wird dabei in einer Art Shuttle-Diplomatie zwischen den Delegationen des Assad-Regimes und der syrischen Opposition hin und her pendeln. Ziel der Friedensverhandlungen ist es, so etwas wie einen Prozess für eine politische Lösung des blutigen Bürgerkriegs in Syrien anzuschieben.
    Ohne den Iran ist eine politische Lösung des Bürgerkriegs kaum möglich
    Der Fahrplan ist ebenfalls vorgezeichnet. Denn bei der Genf-1-Konferenz am 30. Juni 2012 hatten sich die Teilnehmer auf eine Übergangsregierung für Syrien geeinigt, die mit allen Machtbefugnissen ausgestattet werden sollte. Dies ist immer noch die Ausgangsposition und einer der heikelsten Punkte, weil dies den Rücktritt des syrischen Diktators Assad bedeuten würde. Genau dieser Punkt führte jetzt zum Eklat. Denn im syrischen Bürgerkrieg mischen nicht nur zahlreiche Staaten direkt und indirekt mit, sondern der Iran ist als Assad-Verbündeter einer der einflussreichsten und mächtigsten Akteure in der Region. Ohne den Iran ist eine politische Lösung des Bürgerkriegs kaum möglich. Deshalb hatte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon Teheran erst am Wochenende ganz kurzfristig zur Konferenz eingeladen. Begründung: Der Iran müsse Teil einer politischen Lösung der Syrienkrise sein, das habe er immer wieder gesagt:

    Der Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon
    Der peinliche Rückzieher Ban Ki Moons wird in Genf als böse Schlappe für den UN-Spitzenfunktionär angesehen. (picture alliance / dpa / Antonio Lacerda)
    Ban Ki Moon begründete die Einladung auch damit, dass der iranische Außenminister Zarif eine positive und konstruktive Rolle Teherans zugesagt habe. Das gelte auch für den wichtigen Punkt einer Übergangsregierung. Doch genau das wurde in Teheran dementiert. Zudem hatte die Einladung des Iran Wut und Empörung bei der syrischen Opposition und konsternierte Reaktionen im amerikanischen Außenministerium ausgelöst. Die syrische nationale Koalition stellte gar ein Ultimatum: Entweder der Iran bei der Konferenz oder wir. Der peinliche Rückzieher Ban Ki Moons wird in Genf als böse Schlappe für den UN-Spitzenfunktionär angesehen, dessen Reputation beschädigt ist. Offensichtlich war der Schachzug des UNO-Generalsekretärs mit den Amerikanern nicht abgesprochen, die mächtig Druck machten, den Iran wieder auszuladen. - In Montreux und Genf liegen Hoffnungen, politischer Machtpoker und Enttäuschungen eng beieinander. Gleichwohl. Es ist der Anfang eines langen steinigen Weges.
    Es ist eine absurde Situation: Die Gruppen, die mit Waffen in Syrien gegen die Herrschaft von Präsident Bashar al-Assad kämpfen, haben kaum etwas mit der politischen Opposition zu tun. Die sitzt im Ausland, redet viel gegen Assad und erhebt damit den Anspruch, die Menschen in Syrien zu vertreten. So auch Ahmed Jarba, der Präsident der Nationalen Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte:
    "Wir aber haben die Verantwortung, aus der Koalition die legitime einzige und wahre Vertretung des syrischen Volkes zu machen."
    Mit der Nationalen Koalition ist kein Staat - kein neues Syrien - zu machen: Die Mitglieder sind hoffnungslos zerstritten
    Seit vergangenem Sommer ist Ahmed Jarba Präsident der Nationalen Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte. Diese – kurz sogenannte Nationale Koalition – wurde im Herbst 2012 aus verschiedenen Gruppen und Parteien gebildet; Organisationen und Einzelmitglieder, die allerdings überwiegend nicht in Syrien vertreten sind. Mittlerweile ist aus der Nationalen Koalition so etwas wie eine syrische Exilregierung hervorgegangen - und eine Art Parlament mit mehr als 100 Repräsentanten der Opposition. Ihr Hauptsitz ist Istanbul, mit diplomatischen Vertretungen in den Staaten, die sie anerkannt haben. Das ist - neben den USA oder Großbritannien, Saudi Arabien oder Katar - auch Deutschland.
    Ihren westlichen Unterstützern gelten die Mitglieder der Koalition als moderat, was so viel heißt wie "vergleichsweise demokratisch; jedenfalls nicht extremistisch". Ihre arabischen Unterstützer sehen in ihnen Feinde Bashar al-Assads, denen sie mehr oder weniger nahestehen. Das klingt alles, als wäre es nichts Halbes und nichts Ganzes – und ist es auch nicht. Mit der Nationalen Koalition ist kein Staat - kein neues Syrien - zu machen: Die Mitglieder sind hoffnungslos zerstritten. Und ihr militärischer Arm - die Freie Syrische Armee, immerhin mit 15 Mitgliedern in der Koalition - hat in den vergangenen Monaten schwere Verluste erlitten. Was General Salim Idriss, der Vorsitzende des Militärrates, der der Freien Syrischen Armee vorsteht, allerdings nicht zugibt sondern als "psychologische Kriegsführung" abtut:
    "In den vergangenen Tagen sollte das militärische Oberkommando mehrfach unter Druck gesetzt werden. Es zirkulierten viele Gerüchte und lügnerische Medienberichte. Sie zielten darauf, die Kämpfer misstrauisch zu machen und zu entmutigen. "
    Bemerkenswert: Selim Idriss äußerte sich, nachdem er – so heißt es – aus einer Kommandozentrale in Nordsyrien geflohen war. Sie war Ende des gerade zurückliegenden Jahres kurzerhand überrannt worden. Nicht von Einheiten Bashar al-Assads, sondern von rivalisierenden Untergrundkämpfern. Die bisher letzte Station im – wie es aussieht - langsamen Niedergang der Freien Syrischen Armee, kurz FSA.
    2011 gegründet, war die FSA anfangs ein Sammelbecken für Soldaten, die nach dem Beginn des Aufstandes gegen Bashar al-Assad aus der regulären syrischen Armee desertierten. Hinzu kamen im Laufe der Monate Zivilisten; Männer, die vor den Schergen Assads fliehen mussten, weil sie beispielsweise an Demonstrationen teilgenommen hatten. Die Chefs der FSA wurden von der türkischen Regierung wie auch von den Herrscherhäusern in Qatar und Saudi Arabien unterstützt; logistisch, finanziell, aber wohl auch mit kleineren Waffenlieferungen. Die größeren Waffenlieferungen erhofften sie sich vom Westen. Doch der zeigte sich höchst uneinheitlich: Aus den USA und Großbritannien sollen Militärberater zur FSA gereist sein; auch leichtere Waffen sollen die Untergrundkämpfer bekommen haben. Aber beispielsweise Deutschland hielt sich zurück. Der damalige Bundesaußenminister Guido Westerwelle vor gut einem Jahr:
    "Es ist richtig: Wir sind der Überzeugung, dass direkte Waffenlieferungen sehr problematisch sind. Wir können es nicht verhindern, wenn andere es tun wollen, aber aus deutscher Sicht ist es problematisch, weil solche Waffen können leicht auch in terroristische Hände geraten; sie können leicht in falsche Hände geraten, und wir wollen ja einen Flächenbrand in der Region verhindern."
    "Die falschen, die terroristischen Hände", damit sind jene Gruppen gemeint, die allgemein als "Al-Kaida-Ableger" bezeichnet werden. In Syrien sind gleich zwei aktiv: Die Nusra-Front und die Organisation Islamischer Staat im Irak und in Groß-Syrien, womit gemeinhin Libanon, Teile Jordaniens, Palästina und eben Syrien gemeint sind. Ihre Anführer konkurrieren offen seit Anfang 2013. Anfangs waren militante Islamisten in Syrien relativ schwach vertreten. Doch im Laufe des Krieges hatten sie Zulauf. Von ausländischen Dschihadisten, selbsterklärten Gotteskriegern, aber auch von syrischen Kämpfern der Freien Syrischen Armee. Die al-Kaida-nahen Gruppen boten ihnen bessere Strukturen und bessere Waffen; mehr Munition und mehr Geld.
    Woher das alles kommt, ist nicht ganz klar: Das Netzwerk verfügt über private Spender, aber darüber hinaus über Mittel und Wege, die auch internationale Sicherheitsbehörden und Geheimdienste nicht vollständig durchschauen. Im zurückliegenden Jahr schlugen die militanten Islamisten in Syrien jedenfalls viele Schlachten – und bis jetzt liefern sie sich täglich Gefechte mit den syrischen Regierungseinheiten oder verüben Attentate. Gleichzeitig versuchen sie ihre Positionen in den Gebieten auszubauen, die überwiegend Untergrundkämpfer kontrollieren. Wenig erfolgreich waren die Islamisten dabei im Grenzgebiet zum Irak. Dort lieferten sie sich Auseinandersetzungen mit Kampfeinheiten der Kurden. Diese syrische Bevölkerungsgruppe hat eigene Milizen aufgestellt – mithilfe von Verbündeten in der Türkei wie im Irak. Deutlich erfolgreicher waren die militanten Islamisten in den bisherigen Hochburgen der Freien Syrischen Armee; teilweise verdrängten sie die FSA-Männer. Unter anderem deshalb wirft die syrische Exil-Opposition den militanten Islamisten vor, mit Bashar al-Assad unter einer Decke zu stecken. Der Präsident der Nationalen Koalition, Ahmed Jarba:
    Je länger der Westen zögerte, Waffen an die FSA zu liefern, desto mehr wurde Al Kaida gestärkt
    "Allerdings können wir nicht sagen, dass alle dieser Militanten echte Islamisten sind. Nein. Die Mehrheit ist sicherlich auf unserer Seite, auf Seiten der Revolution. Viele sind auf die andere Seite übergewechselt als ihnen Waffen und Geld geboten wurden. Aber die Mehrheit von ihnen kann zurückkehren zur Freien Syrischen Armee."
    Schwanengesang? – Vielleicht. Denn es hat sich im Laufe der Zeit ein Teufelskreis gebildet: Der Westen scheute sich, Waffen an die Freie Syrische Armee zu liefern aus Angst davor, dass die in den Händen von Al-Kaida-Kämpfern landen. Und je länger der Westen zögerte, Waffen an die FSA zu liefern, desto mehr wurde Al Kaida gestärkt: In dem Maße, in dem die FSA keine nennenswerte Unterstützung aus dem Westen erhielt, liefen ihre Männer reihenweise zu den Islamisten über, soweit, dass die FSA und die mit ihr verbundene Exil-Opposition unwichtig geworden sind. Wohingegen die beiden Al-Kaida-Zweige immer mehr Raum einnehmen – und zwar so viel Raum, dass Bashar al-Assad, der immer davor gewarnt hat, sein Untergang werde eine Machtübernahme durch Al-Kaida nach sich ziehen, Recht haben könnte.
    Diese Einschätzung teilen mittlerweile in der Region mehrere Kräfte: Iran und die libanesische Hisbollah schicken auch aus diesem Grund Kämpfer, die Assad beiseite stehen. Aber auch Assads größter Feind in der Region hat Angst vor einer Machtübernahme Al Kaidas in Syrien: Saudi Arabien. Und deshalb soll das Könighaus in Riad, das bis Mitte des vergangenen Jahres fest an der Seite von Nationaler Koalition in Istanbul und Freier Syrischer Armee stand, eine andere Organisation finanzieren: Die Islamische Front.
    Die Islamische Front ist ein Bündnis von mehreren islamistischen Gruppen. Wie es heißt, soll sie den erstarkenden Al-Kaida-Gruppen das Wasser abgraben. Ideologisch. Dabei machen Propagandavideos der Islamischen Front deutlich, wie schwer es ist, ihre Ideologie von der Al-Kaidas zu unterscheiden: Sie beide rufen ausländische Dschihadisten dazu auf, nach Syrien zu kommen. Sie beide wollen, dass dieser Kalifat-Staat nach ultra-konservativer Lesart des islamischen Rechts regiert wird, und sie beide schüren den Hass gegen schiitische Muslime.
    Und mit den verbliebenen Untergrundkämpfern der Freien Syrischen Armee gehen sie auch nicht weniger zimperlich um als die Al-Kaida-Gruppen: Die haben die FSA als Marionetten des Westens zu Erzfeinden erklärt und bekämpfen sie. Aber die Islamische Front war es, die Ende des vergangenen Jahres die Stellung von FSA-Chef Salim Idriss überrannte und ihn zur Flucht zwang. Das heißt nichts anderes als: Eine von Saudi Arabien unterstützte Gruppe wurde von einer anderen Gruppe überfallen, die auch von Saudi Arabien unterstützt wird. Der syrische Krieg bedeutet: jeder gegen jeden – und mancher gegen sich selbst.
    Es hätte ein Zeichen der Hoffnung sein können: Ein UN-Generalsekretär, der nicht nur Vertreter des Assad-Regimes und der Opposition in Genf an einem – zumindest virtuellen – Tisch zusammenbringt – gegen den Widerstand aus Washington – den Iran dazu holt. Aber Ban Ki Moons Überraschungs-Coup endete in einem diplomatischen Fiasko: Nach der Drohung der syrischen Opposition mit einem Boykott der Konferenz und massivem Druck durch die USA musste Ban seine Einladung nur 24 Stunden, nachdem er sie ausgesprochen hatte, wieder zurückziehen. Ban war zwischen die Fronten geraten, die in Syrien nicht nur zwischen Regime und Rebellen verlaufen, sondern hinter denen sich auch internationale und regionale Kräfte verschanzt haben. Der Generalsekretär hätte es besser wissen sollen: Noch vor wenigen Tagen hatte er zur Syrien-Konferenz erklärt: Man stehe vor einer Aufgabe von der niemand behaupte, dass sie leicht zu lösen sei – ganz im Gegenteil:
    Extrem schwierig – und extrem unbefriedigend aus Sicht der UN: In dem mittlerweile dreijährigen Konflikt hat die Weltorganisation weder ihren Auftrag als Friedensstifter noch den des potenten Helfers in schweren humanitären Krisen erfüllen können, weil ihr wichtigstes Gremium, der Sicherheitsrat, wegen gegenteiliger Interessen einiger Vetomächte handlungsunfähig gemacht wurde. Moskau hat sich seit Beginn des Konflikts in Syrien auf einen Machterhalt seines langjährigen Verbündeten festgelegt und Assad nicht nur politisch, sondern auch durch Waffen- und Munitionslieferungen massiv unterstützt. Wie China wird Russland dabei von durchaus eigennützigen Sicherheitsinteressen geleitet: Experten sehen in beiden Vielvölkerstaaten ein erhebliches soziales und sozioökonomisches Spannungspotenzial. Ein Ausweiten des sogenannten "Arabischen Frühlings" in Richtung Osten will vor allem Russland auf jeden Fall verhindern:
    "Viele der Rebellen in Syrien hätten überhaupt kein Problem damit, auch in Tschetschenien oder anderen muslimischen Regionen Russlands zu kämpfen."
    Rashid Khalidi ist Professor für Arabische Studien an der New Yorker Columbia Universität, er zählt zu den Beratern von Präsident Barack Obama und gilt in den USA als führender Nahost-Experte. Er sieht Russland nicht nur als Staat mit Großmachtambitionen, sondern auch mit traditionell starken regionalen Interessen: Russland hat eine gemeinsame Grenze mit der Türkei und dem Iran – und eine lange Geschichte der Einflussnahme im Nahen Osten und in Nordafrika, von der allerdings nur Syrien geblieben ist:
    "Es ist sozusagen der letzte regionale Halt aus den Tagen, als die Sowjetunion acht oder zehn hatte: Südjemen, Irak, Algerien, Libyen, Sudan, die PLO – fast alle sind heute weg."
    Machtpolitisch ist Syrien für Russland unverzichtbar – auch wegen seiner Marinebasis bei Tartus am Mittelmeer. Ähnlich wie Russland hält - zumindest bislang – der Iran an seiner kompromisslosen Unterstützung des Assad-Regimes in Damaskus fest. Dazu schickt Teheran nicht nur direkt Waffen und Personal: In Abstimmung mit Iran greift die pro-iranische Hisbollah im Libanon mit Truppen in den syrischen Bürgerkrieg ein. Aber ähnlich wie Russland geht es auch dem Iran primär um machtpolitische Interessen und weniger um die Treue zu einem langjährigen Verbündeten.
    Irans Rolle im syrischen Bürgerkrieg und die enge Zusammenarbeit mit der Hisbollah wird nicht nur vom Westen als besorgniserregend angesehen: Während die USA und die EU dadurch besonders die Sicherheitsinteressen von Israel bedroht sehen, sprach der jordanische König Abdullah mehrfach von der Gefahr der Ausgestaltung eines schiitischen Halbmonds im Nahen Osten – ein Szenario, das auch Saudi-Arabien als existenzielle Herausforderung ansieht: Riad will eine mögliche Dominanz des Iran aus konfessionellen und mehr noch aus politischen Gründen um jeden Preis verhindern, sagt der Konfliktforscher Michael Oppenheimer von der New York University:
    "Es geht um den Machtkampf zwischen den Saudis und den Iranern in Syrien. Natürlich gibt es auch ein stark sektiererisches Element, aber ich glaube, der einfachste, eleganteste und treffendste Begriff ist: das Ringen um Hegemonie im Nahen Osten."
    Saudi-Arabien fühlt sich als Führer der Sunniten und sieht die sunnitische Welt bedroht, genauso wie sich der Iran als Führer der Schiiten betrachtet und die schiitische Welt bedroht sieht.
    Washington lässt keine klare Syrien-Strategie erkennen
    Auch die sunnitisch geprägte türkische Regierungspartei AKP unterstützt die Rebellen und hat sich seit Beginn des Konflikts gegen das Assad-Regime gestellt. Politisch könnte Ankara durchaus eine wichtige Rolle im Syrienkonflikt übernehmen und mit ihrer Verbindung von demokratischen Elementen und islamischer Wertetradition ein Beispiel für die Zukunft Syriens abgeben. Aber die von der AKP-geführten Regierung betriebene zunehmende Einflussnahe in der Region im Verlauf des "Arabischen Frühlings" hat der Türkei den Vorwurf "osmanischer Großmachtgelüste" eingebracht und sie unter den Anrainerstaaten zunehmend isoliert.
    Washington hat sich zwar seit Beginn des Konflikt unmissverständlich gegen das Assad-Regime gestellt, lässt aber seitdem keine klare Syrien-Strategie erkennen: Von seinem Wunsch-Image als Friedenspräsident geleitet und getrieben von den Falken bei Republikanern und Demokraten laviert Obama zwischen Drohgebärden und Vermittlungsversuchen. Mit Rücksicht auf die Verbündeten Israel und Saudi-Arabien, aber auch mit Blick auf anti-iranische Vorbehalte im US-Kongress, hat die Obama-Administration erneut durchgesetzt, dass Iran vom Genfer Verhandlungstisch ausgesperrt bleibt. Ohne die Beteiligung des neben Russland wichtigsten Verbündeten des Assad-Regimes aber – und darin sind sich viele Experten einig – gibt es kaum Hoffnung, dass auf der Genfer Konferenz die Grundlage für einen politischen Prozess zur Beendigung des Bürgerkriegs in Syrien geschaffen werden kann.