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Syrien
Weniger Unterstützung für Assad

Der Rückhalt für den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad schwindet. In Syrien kontrolliert der Diktator nur noch rund 40 Prozent des Landes und im Ausland ziehen sich ehemalige Unterstützer zurück. Auch Russland stellt inzwischen kritische Fragen.

Von Björn Blaschke | 17.08.2015
    Wahlplakate von Bashar al-Assad in Damaskus.
    Assads Macht wird kleiner (dpa / Youssef Badawi)
    Triumph klingt aus den Stimmen der Kämpfer; Triumph, der die Bilder von fliehenden Soldaten untermalt. Und von Kriegsgetümmel.
    Aufgenommen wurde das Video vor wenigen Tagen. Und, so sagen Spezialisten, es sei authentisch; zeige tatsächlich eine reguläre Einheit von Syriens Präsident Bashar al-Assad, die fluchtartig eine Stellung im Umland der Stadt Hama verlässt. Später wurde aus Damaskus gemeldet: Die Soldaten wurden auf neue Positionen verlegt!
    Gleich wie man es nennen will, bemerkenswert ist, dass die Assad-Gegner der Region näher gerückt sind, die die Heimat des Assad-Clans ist: Die Provinz Latakya, von der es heißt, dass Assad sie halten will, weil die meisten Menschen in Latakya als Assad-treu gelten, weil sie überwiegend wie er Alawiten sind - Angehörige einer Religionsgruppe, die aus dem schiitischen Islam hervorging. Möglicherweise entspricht die Flucht oder der "taktische Rückzug" der Soldaten bei Hama also dem, was Assad Ende Juli erklärt hatte:
    "Wir müssen Regionen als wichtig festlegen, damit die Streitkräfte sie halten und einen Zusammenbruch verhindern."
    Auch Russland stellt kritische Fragen
    Feststeht: Die Assad-Regierung hat in den vergangenen Monaten viel Gelände verloren. Ja, Assad und seine Kräfte sollen gerade noch 40 Prozent des Landes kontrollieren. Das dürfte unter anderem damit zu tun haben, dass sich die Regionalmächte inzwischen besser absprechen, wenn es um die Unterstützung der Anti-Assad-Kämpfer geht: Saudi-Arabien, Qatar, die Türkei - Streitigkeiten haben sie einstweilig beiseitegelegt. Das bringt Assad in Bedrängnis ebenso wie die Tatsache, dass die, die er immer seine Verbündeten nennen konnte, mittlerweile durchaus andere Töne anschlagen als noch vor einem halben Jahr. So hat Russland beispielsweise eine Resolution im UN-Sicherheitsrat unterstützt. Ihr zufolge sollen Experten untersuchen, wer für die Angriffe mit "Chlorgas und anderen giftigen Chemikalien" in Syrien verantwortlich ist. Und: Wie schon länger aus Iran ist nun auch immer deutlicher aus Russland zu hören, dass der Staat Syrien in seinen anerkannten Grenzen bestehen bleiben soll - von Bestandschutz für Assad ist dabei keine Rede.
    Weniger Unterstützer, weniger Einfluss in Syrien
    Assad verliert: Gebiete in Syrien, Unterstützung von außen. Und er verliert offenbar auch langsam die Unterstützung "seiner" Leute: die Alawiten in Latakya. Als dort kürzlich ein Mitglied des Assad-Clans einen Mord an einem Luftwaffenoffizier verübte, demonstrierten zunächst Tausende Menschen gegen Vetternwirtschaft – und der Mörder, ein Cousin zweiten Grades von Präsident Assad, ging schließlich ins Gefängnis. Noch vor kurzem wäre das undenkbar gewesen. Alle Assads galten als unantastbar. Diese Zeiten sind vorbei. Der Krieg allerdings noch lange nicht: Denn ein wie auch immer gearteter Abgang von Bashar al-Assad wird mitnichten zu einem plötzlichen Ausbruch von Frieden führen. Dazu gibt es einfach zu unterschiedliche Gruppen, die mit unterschiedlichen Interessen in Syrien kämpfen. Die Zahl der Flüchtlinge wird daher weiter steigen.