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Syrischer Junge in Aleppo
Russische Medien vermuten Kampagne

Die Aufnahme des syrischen Jungen Omran wurde zum Sinnbild der Luftangriffe in Aleppo. In den russischen Medien spielt das Bild kaum eine Rolle. Man vermutet eine gezielte Kampagne westlicher Medien und spricht von Propaganda.

Von Markus Sambale | 19.08.2016
    Ein Bild, das zur Zeit um die Welt geht: ein verwundeter Junge, der aus einem zerstörten Gebäude in Aleppo gerettet wurde, sitzt in einem Krankenwagen. Das Bild wurde von der Aktivistengruppe Aleppo Media Center zur Verfügung gestellt.
    Ein Bild, das zur Zeit um die Welt geht: ein verwundeter Junge, der aus einem zerstörten Gebäude in Aleppo gerettet wurde. Das Bild wurde von der Aktivistengruppe Aleppo Media Center zur Verfügung gestellt. (dpa)
    Das Bild des kleinen Jungen, der verstört, blutverschmiert und voller Staub in einem Rettungswagen im syrischen Aleppo sitzt, ist um die Welt gegangen. Zeitungen in Deutschland und anderen Ländern brachten das Foto auf den Titelseiten, im Internet und im Fernsehen wurde die Aufnahme vielfach gezeigt, um dem Leid im syrischen Bürgerkrieg ein Gesicht zu geben.
    In Russland spielt das Bild des kleinen Omran praktisch keine Rolle. Die großen Zeitungen druckten das Foto gar nicht ab, auch online wurde es kaum gezeigt. Das staatliche Fernsehen berichtete zwar, stellte die Aufnahme aber als Teil einer Kampagne dar. Der Journalist Abbas Dzhuba sagte:
    "Das Kind mag ja echt sein. Aber es ist traurig, dass es dort einfach sitzt, ohne etwas zu verstehen. Und jemand macht Aufnahmen, um diese dann als Propaganda zu benutzen. Wenn die PR-Aktionen vorbei sind, wird sich niemand mehr an die Menschen erinnern."
    Angriffe auf Zivilisten und zivile Einrichtungen
    Die Aufnahmen des Jungen waren von einem Mitarbeiter eines oppositionellen syrischen Mediendienstes gemacht und verbreitet worden. Nach Berichten aus den Rebellengebieten treffen die Luftangriffe des syrischen und russischen Militärs immer wieder Zivilisten und zivile Einrichtungen.
    Das russische Verteidigungsministerium dementiert solche Meldungen stets, so auch heute. Die russische Luftwaffe greife keine Ziele in bewohnten Gebieten an. Ein Sprecher sagte, westliche Medien wollten mit ihrer antirussischen Propaganda Moskau die Schuld zuschieben.
    Politologe spricht von Inszenierung
    Noch weiter ging der Politologe Wladimir Jewsejew. Er äußerte im russischen Staatsfernsehen die Vermutung, das Bild des syrischen Jungen könne inszeniert sein:
    "Es ist möglich, dass da amerikanische Regisseure und Kameraleute am Werk waren. Sie hätten den Jungen einfach schminken können, um die Illusion zu schaffen, dass er tatsächlich wegen des Bombenangriffs zu Schaden gekommen ist. Das wäre ganz einfach gewesen."
    In Aleppo gingen die Kämpfe unvermindert weiter. Offen ist, wann die ankündigte Feuerpause beginnen soll, um den eingeschlossenen Menschen zu helfen. Russland hatte gestern erklärt, man sei zu einer 48-stündigen Waffenruhe bereit, aber noch keinen konkreten Termin genannt.