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Tarifabschluss im öffentlichen Dienst
"Großreform gelungen"

Nach beinharten Verhandlungen haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaften auf einen neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst geeinigt. Mit dem Ergebnis sind beide Seiten zufrieden. Verdi-Chef Frank Bsirske sprach vom "besten Ergebnis seit vielen Jahren", Innenminister Horst Seehofer von einer "Großreform".

Von Vanja Budde | 18.04.2018
    18.04.2018, Brandenburg, Potsdam: Thomas Böhle (l-r), Präsident des kommunalen Arbeitgeberverbands (VKA), Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister, und Frank Bsirske, verdi Vorsitzender, geben kurz nach Mitternacht die Ergebnisse der Einigung bei den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst bekannt.
    Die Verkündung des Tarifabschlusses am frühen Morgen (picture-alliance / dpa / Bernd Settnik)
    Es waren beinharte Verhandlungen. Kompliziert, weil zwei einander widersprechende Interessen unter einen Hut gebracht werden mussten: Verdi hat viele Mitglieder in den unteren Lohngruppen des öffentlichen Dienstes, wollte entsprechend für die Leute von der Müllabfuhr, Straßenwärter und Pförtner etwas erreichen. Die Kommunen suchen händeringend gute Computer-Experten, müssen sie der Privatwirtschaft abspenstig machen, die besser zahlen kann. Den Durchbruch brachte dann das gemeinsame Ziel: den Öffentlichen Dienst attraktiver zu gestalten.
    "Dies haben wir erreicht, indem wir in allen Entgeltgruppen deutliche Verbesserungen erzielen konnten. Wir haben uns dann konzentriert auf exakt die Bereiche, wo wir Gewinnungsprobleme haben: Ingenieure, Techniker, IT-Fachkräfte", sagte Thomas Böhle, Präsident des kommunalen Arbeitgeberverbandes, ein geübter Routinier im Tarifpoker des öffentlichen Dienstes.
    Stundenlang hatte die Mitgliederversammlung der kommunalen Arbeitgeber getagt, nachdem sich die Spitzengruppe gestern endlich auf einen Kompromiss geeinigt hatte. Bsirske:
    "Unter dem Strich ist jetzt ein Ergebnis da, das Beste seit vielen Jahren."
    Doch bis zur offiziellen Verkündung um ein Uhr früh, verging noch eine gefühlte halbe Ewigkeit. Am Abend sah man Verdi-Chef Frank Bsirske durchs Foyer des großen Tagungshotels zur Mitgliederversammlung der Kommunen eilen. Sofort machen Gerüchte die Runde, die Arbeitgeber hätten das Ergebnis als zu teuer abgelehnt. Doch es ging nur um ein Spezialproblem bei den Angestellten der Sparkassen.
    Harmonie der Kontrahenten
    Kurz vor Mitternacht stürmte dann Innenminister Horst Seehofer plötzlich in die Bundestarifkommission von Verdi. Wieso, weshalb? Fragten sich die müde wartenden Journalisten. Droht alles noch zu platzen, stehen neue Warnstreiks bevor? Möglich wäre es gewesen: In dem Gewerkschafts-Gremium gab es Knatsch, weil der geforderte Mindestbetrag von 200 Euro im Abschluss fehlt. Doch dann traten die Kontrahenten ins Scheinwerferlicht und demonstrierten die schönste Harmonie:
    "Ich habe Herrn Seehofer als einen ebenso angenehmen wie kompetenten und lebensnah agierenden Verhandlungspartner kennengelernt. Also - gerne wieder."
    Für Horst Seehofer waren es die ersten Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst. Der CSU-Politiker hatte zunächst ein schnelles Ergebnis erhofft, musste dann aber feststellen, wie komplex die Materie ist: "Es war gut, dass ich ein Training hinter mir hatte in den Koalitionsverhandlungen mit Jamaika und der SPD."
    Der Tarifabschluss reformiert die Entgelttabelle, jede einzelne Lohngruppe musste durchgerechnet werden. Die Beschäftigten bekommen nun nicht nur in drei Schritten bis 2020 summa summarum 7,5 Prozent mehr Lohn, viele werden auch höher eingestuft. Eine Großreform sei gelungen, freute sich Seehofer.
    Beamtenbund zufrieden
    Die Kommunen kostet der Abschluss 7,5 Milliarden Euro. Für den Bund werden rund zwei Milliarden fällig. Angesichts der auf Rekordniveau sprudelnden Steuereinnahmen und der boomenden Konjunktur dürfte das zu verschmerzen sein. Auch der Chef des Deutschen Beamtenbundes, Ulrich Silberbach, sprach von einem "guten Tag für den öffentlichen Dienst". Der Abschluss soll wie üblich auf die Beamten übertragen werden.