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Tarifkonflikt bei der Bahn
Ein Regierungschef als Schlichter

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat seinen Terminkalender für die nächsten drei Wochen schon mal freiräumen lassen. Ab Mittwoch wird er die GDL als Schlichter vertreten. Der Reiz, noch einmal Gewerkschafter zu sein, dürfte ihn bewogen haben, diesen Interessenkonflikt einzugehen.

Von Henry Bernhard | 21.05.2015
    Der Linken-Politiker Bodo Ramelow
    Der Linken-Politiker Bodo Ramelow (Imago)
    Bodo Ramelow ist Ministerpräsident, aber er ist auch Gewerkschafter, Mitglied in der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. 18 Jahre war er hauptamtlich für die Gewerkschaft Handel, Banken Versicherungen unterwegs, erst in Hessen, ab 1990 als Landesvorsitzender in Thüringen. Und so ist es für ihn auch selbstverständlich, dass er auch die Lokführer als Kollegen bezeichnet und sich für deren Interessen engagiert.
    "Immerhin sind bei den Lokführern drei Millionen Überstunden aktuell aufgelaufen. Das ist das Fahrvolumen von 1.800 Lokführern! Das heißt, die Lokführer werden ununterbrochen überfordert."
    Zwei Schlichter mit festen Überzeugungen
    Ab Mittwoch wird Ramelow schlichten und dort mit dem Sozialdemokraten und ehemaligen brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck zusammentreffen, der die Bahn vertreten wird. Beide, Ramelow wie Platzeck, sind bekannt dafür, dass sie fest für ihre Überzeugungen einstehen, aber auch die Position der Gegenseite respektieren und zu Kompromissen bereit sind. Ramelow hat lange Erfahrungen in Tarifverhandlungen mit starken Gegnern.
    "Meine Erfahrung sagt mir, dass manche Verhandlungen so nach drei Uhr nachts erfolgreich sind. Und da wir gerade in Koalitionsausschussrhythmen tagen, haben Kollegen der Koalition gesagt, das wäre offensichtlich mein unschlagbarer Vorteil, dass ich bis zwei Uhr im Standby-Modus bin und ab zwei dann hellwach bin."
    Bahntarifvertrag ist eine politische Frage
    Nun ist Ramelow aber auch linker Ministerpräsident der Rot-Rot-Grünen Thüringer Landesregierung. Damit sollte er eigentlich genug zu tun haben. Der Reiz, noch einmal Gewerkschafter zu sein, in prominenter Rolle bundesweit mitzuspielen, dürfte ihn bewogen haben, diesen Interessenkonflikt einzugehen, aber auch die Tatsache, dass der Bahntarifvertrag durch die Politik der Bahn und durch das erwartete Tarifeinheitsgesetz zu einer politischen Frage geworden ist.
    "Dieser Haustarifvertrag bezieht sich auf einen Konzern, der dem Bund gehört. Und der Haupteigentümer ist derjenige, der gleichzeitig noch ein Instrument per Gesetz schaffen will, um auf die Gewerkschaft Einfluss zu nehmen. Das ist eine überbordende Machtoption, die ich jedenfalls mit meinem Verständnis von freien Tarifvereinbarungen nicht vereinbaren kann."
    Am Mittwoch werden die Verhandlungen beginnen, Ramelow hat seinen Terminkalender für die nächsten drei Wochen schon mal freiräumen lassen.