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Tarifstreit
Ryanair in Turbulenzen

Flüge werden gestrichen, Urlauber sitzen auf ihren Koffern: Bei Ryanair herrscht wegen des anhaltenden Tarifstreits und damit verbundener Streiks Chaos. Ende der Woche droht nun der größte Streik in der Geschichte des irischen Unternehmens. Grund dafür: die geplante Verlegung von Arbeitsplätzen nach Polen.

Von Anne Demmer | 08.08.2018
    Eine Flugzeug der Fluglinie Ryanair am Airport Niederrhein in Weeze Laabruch. Früher war dies ein englischer Militärflughafen
    Immer billiger: das Unternehmenskonzept von Ryanair geht auf Kosten des Personals (imago / Markus van Offern)
    Die Piloten des irischen Billigfliegers Ryanair kämpfen seit Monaten für höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen. Zum großen Ärger für Urlauber, denn mitten in der Ferienzeit streiken die Piloten immer wieder. Beim Unternehmens-Chef Michael O'Leary schien all das lange abzuprallen.
    "Wir müssen günstiger sein als alle anderen"
    Für viele Ryanair-Mitarbeiter dürfte das zynisch klingen. Im Luftfahrtimperium des Michael O'Leary gibt es seit Monaten heftige Turbulenzen, die er lange ignorieren wollte.
    "Es ist wahrscheinlich eine Obsession. Wir müssen größer sein, schneller sein und günstiger sein als alle anderen. Ich will die Tarife einfach immer weiter drücken", sagte O'Leary in einer Talk-Show noch vor ein paar Jahren. Das Konzept ging für ihn bislang auf. Doch diese Unternehmenspolitik geht auch auf Kosten des Personals. Der Ryanair-Chef befindet sich seit Monaten im Konflikt mit seinen Mitarbeitern. Die Piloten fordern mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen. Nicht alle, die für den Billigflieger arbeiten, sind auch dort angestellt. Viele sind gezwungen eine ICH-AG zu gründen, sie sind quasi scheinselbstständig
    150 Flüge wegen Streiks gestrichen
    Ende der Woche droht der größte Streik in der Geschichte des irischen Unternehmens, das 1984 gegründet wurde. In Irland, Belgien und Schweden wollen die Piloten die Arbeit erneut niederlegen. Bereits im Vorfeld wurden rund 150 Flüge gestrichen. Die Pläne von Tausendenden Urlaubern werden durchkreuzt.
    Mit Entschädigungen können die Kunden nicht rechnen, erklärte Ryanair-Marketing-Chef Kenny Jacobs vor einigen Tagen in einem irischen Radiosender. Das Unternehmen stützt sich dabei auf EU-Recht.
    "Entschädigungen gibt es nicht, weil wir keine Kontrolle über den Streik haben. Wir tun alles was in unserer Macht steht, um ihn zu vermeiden. Deswegen haben wir auch schon im Vorfeld Flüge gecancelt. Wir führen Gespräche mit den Gewerkschaften, wir machen Vorschläge. Wir versuchen jegliche Störung für die Kunden zu vermeiden, wir informieren sie, versuchen sie auf eine andere Maschine umzubuchen. "
    In Irland scheinen sich Piloten und Unternehmen anzunähern. Ein Schlichter soll zwischen den Mitarbeitern und Unternehmen vermitteln. Dennoch haben sich die irischen Piloten für einen Streik am Freitag entschieden - es ist bereits der fünfte Tag. Ryanair hatte beim letzten Streik angedroht, wegen der bisherigen Arbeitsniederlegungen Stellen in Irland abzubauen. Stattdessen soll die Flotte in Polen aufgestockt werden.
    Das irische Unternehmen ist geschwächt, sagt der britische Luftfahrtexperte John Strickland.
    Kein Wachstum mehr in diesem Jahr
    "Es kommen auf das Unternehmen höhere Personalkosten zu, der Streik der letzten Monate sorgt natürlich für Einbußen, hinzu kommt der gestiegene Ölpreis. Ryanair kann mit keinem großen Wachstum in diesem Jahr rechnen."
    Bleibt die Frage, ob das Unternehmen sein Konzept aufrechthalten kann, das im Kern darauf basiert, die Kosten so gering wie möglich zu halten.
    So wie es aussieht werden sich wohl auch die deutschen Piloten dem Streik am Freitag anschließen, denn das Unternehmen hat bislang für die Gewerkschaft kein ernstzunehmendes Angebot vorgelegt. Am Mittwoch will die Pilotenvereinigung Cockpit ihr weiteres Vorgehen erläutern.