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Tast-Ultraschall im OP-Saal
Bildgebende Methode soll Hirnoperationen sicherer machen

Ultraschall kommt nicht nur in der Diagnostik, sondern auch im OP-Saal zum Einsatz. Doch bisher werden noch nicht alle Möglichkeiten genutzt, die der Ultraschall zu bieten hat. Die sogenannte Elasto-Sonographie könnte in Zukunft bei vielen Eingriffen wichtige Informationen über die mechanischen Eigenschaften von Gewebe liefern.

Von Frank Grotelüschen | 24.04.2017
    Ein Arzt sitzt in einem dunklen Raum vor einem Bildschirm eines Ultraschallgeräts, in der rechten Hand ein Ultraschallgerät, das an der Halsschlagader einer Patientin liegt.
    Untersuchungen per Ultraschall gehören zum Alltag in Arztpraxen und Kliniken. (dpa/picture alliance/Klaus Rose)
    In Arztpraxen und Kliniken gehören Ultraschallaufnahmen zum Alltag. Mit manchen Varianten lässt sich sogar der Herzschlag sicht- und hörbar machen.
    Mittlerweile arbeiten auch Chirurgen mit dem schonenden Verfahren, und zwar, während sie operieren.
    Im OP-Saal wird Ultraschall für viele Zwecke eingesetzt: hauptsächlich bei Krebsoperationen, um einen Tumor zu identifizieren und seine genaue Lage zu erkennen. Aber auch bei Gefäß-Eingriffen und neuerdings auch bei Unfallpatienten, sagt Francesco Prada vom Neurologischen Institut Carlo Besta in Mailand. Allerdings reizen die Chirurgen noch längst nicht alle Möglichkeiten aus, die der Ultraschall zu bieten hat. Da wäre zum Beispiel die sogenannte Elasto-Sonographie.
    Unter anderem interessieren sich Gehirnchirurgen für die Methode
    Vereinfacht gesagt ersetzt sie das Abtasten durch den Arzt. Denn die Elasto-Sonographie gibt Informationen darüber, wie steif ein Gewebe ist. Das Prinzip: Ein Ultraschall-Sender schickt einen Schallimpuls in den Körper. Dieser Impuls stupst das Gewebe sozusagen ein wenig an und versetzt es in Schwingungen. Das lässt sich dann mittels Ultraschall-Empfänger als sogenanntes Elastogramm messen und liefert Informationen über die mechanischen Eigenschaften des Gewebes.
    Bei der Brustkrebs-Diagnose etwa hilft die Methode zu erkennen, ob ein Tumor gut- oder bösartig ist. Im OP-Saal dagegen wird die Elasto-Sonographie bislang noch nicht eingesetzt – doch das soll sich bald ändern. Unter anderem interessieren sich Gehirnchirurgen für die Methode. Für sie ist der OP-Saal der einzige Ort, wo sie Ultraschall überhaupt einsetzen können, denn:
    "Wir behandeln ja ein Organ, dass man während der Diagnostik nicht mit Ultraschall behandeln kann, weil wir den Schädel außen herum haben. Sobald der Schädel offen ist, kann man das natürlich machen", sagt Professor Arya Nabavi, Neurochirurg am International Neuroscience Institute in Hannover.
    "Ein Tennisball in einem Gelee-Pott"
    "Tumore im Gehirn sind häufig nicht nur ein Tennisball in einem Gelee-Pott, der glatt abgegrenzt ist gegenüber der Umgebung, sondern die auch fließende Übergänge zur Umgebung haben. Den fließenden Übergang gegenüber dem normalen Hirn so zu definieren, dass wir so viel Tumor wie möglich entfernen können, aber dem Patienten keinerlei Schaden zufügen – das ist die Hauptsache."
    Genau dabei – beim Erkennen der Ränder des Tumorgewebes im Gehirn – könnte die Elasto-Sonographie den Chirurgen während des Eingriffs unterstützen. Nur: Funktioniert das auch in der Praxis? Um das herauszufinden, setzte Francesco Prada die Methode im Rahmen einer Studie im OP-Saal ein. Das Resultat:
    "Auf den Bildern waren die Tumoren sehr deutlich vom gesunden Gewebe abgegrenzt. Und bei manchen Tumorarten konnten wir sogar ihren Differenzierungsgrad erkennen. Im Prinzip könnte es sogar möglich sein, Rückstände des Tumors aufzuspüren, nachdem wir das Geschwür entfernt haben."
    Ein ermutigendes Resultat für die Experten. Allerdings sind weitere Studien nötig, um die Ergebnisse zu erhärten. Und: Bevor die Methode routinemäßig im OP-Saal eingesetzt wird, müssten die Chirurgen erst mal ein paar Weiterbildungen machen. Denn wie sie die Bilder, die das Verfahren liefert, zu interpretieren haben, das wissen sie meist noch nicht.