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Taxi-Sharing
BetterTaxi setzt aufs Gruppenfahren

Eigentlich ist es ganz einfach: Warum sollte man sich nicht ein Taxi teilen? Was jedoch die einfache Idee im Praxistest für Tücken hat, zeigt ein Besuch bei BetterTaxi - im dritten und letzten Teil unserer Adventsserie.

Von Klaus Lockschen | 20.12.2013
    In einem Hinterhofgebäude nahe der Berliner Charité haben sich die vier Unternehmensgründer von BetterTec vor knapp zwei Jahren eingerichtet. Der Altbau trägt die Aufschrift „Gründerhaus der H U“ und beherbergt zahlreiche Start-up-Firmen, die allesamt als Erfolg versprechende Ausgründungen der Humboldt-Universität ein Stipendium des Bundeswirtschaftsministeriums in der Tasche haben. Das Produkt von BetterTec heißt BetterTaxi und ist eine Applikation für Smartphones, mit der Droschken deutschlandweit bequem bestellt werden können. Jetzt will das Jungunternehmen draufsatteln und in Berlin Fahrgemeinschaften in Taxen ermöglichen.
    Das Ein-Raum-Büro mit 40 Quadratmetern ist spartanisch möbliert. Auf fünf mittig zusammengestellten Tischen stehen zahlreiche Monitore, Laptops und Telefone. Ein maisgelbes Rennrad lehnt an der Wand. Mehr Inventar braucht es wohl nicht, um eingerostete Prozesse in der Taxibranche zu knacken und auf Neuzeit zu trimmen. Der 35-jährige Geschäftsführer und Gründer Niels Beisinghoff: "Die Idee war, eine ökologische Mobilitätsplattform zu bieten und da eben insbesondere das Taxi-Sharing als besonderes Produktmerkmal hervorzuholen."
    Bereitschaft zum Teilen beginnt bei 20 Euro
    Wenn mehrere Personen fast zeitgleich per Taxi in eine ähnliche Richtung fahren wollen, dann bietet sich an, sie auf der Strecke zusammenzubringen, um so Verkehrsaufkommen und Kosten zu senken.
    Aber will der Kunde das überhaupt – und wenn ja, unter welchen Bedingungen?
    "Wir haben Marktanalysen zur Willigkeit eines Kunden gemacht, das zu teilen. Und die fängt so ungefähr bei 20 Euro erst an."
    Also wenn der Griff in die Geldbörse deutlich an Schwung verliert. Im Schnitt kosten Taxifahrten in Berlin zwölf Euro. Nur drei von zehn Touren spülen mehr als 20 Euro in die Kasse des Fahrers. "30 Prozent aller Fahrten in Berlin sind Flughafenfahrten."
    Flughafenfahrten sind von zentraler Bedeutung
    Die sind für das Projekt von herausragender Bedeutung. Zum einen liegt der Preis dieser Fahrten im Regelfall im Schmerzbereich und zudem konzentriert sich hier mit Start- bzw. Zielpunkt auch die Nachfrage: "Wenn man sich die Verkehrsströme der Taxen anschaut, die sind ganz häufig gleich gelagert. Insbesondere Flughafentransfer, das ist ein absolutes Premiumbeispiel."
    Vor dem Flughafen Berlin-Tegel stehen zahlreiche Taxen.
    30 Prozent aller Taxifahrten in Berlin sind Fluhafenfahrten - etwa zum Flughafen Tegel. (picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm)
    Beim Taxi-Sharing wird ein jeweils errechneter Festpreis genommen, dessen Basis in etwa dem offiziellen Droschkentarif entspricht. Zwei Personen, halber Preis? Nein, sagt der jung-dynamische Jurist. Umwege fallen an, Warte- und Fahrzeiten werden länger. Auch das muss in die Kalkulation. Aber lohnen werde es sich schon, und das motiviere: "Wenn man mal von Berlin-Spandau zum Berlin-Schönefeld-Flughafen will und sich Taxipreisen von 55, 60 Euro gegenübersieht und 10, 20, 30, 40 Prozent sparen kann, das macht man. Da nimmt man dann auch noch einen Stopp oder zwei auf sich und nimmt auch auf sich, dass das dann vielleicht auch eine Stunde länger dauern könnte."
    Wenn es läuft, ist es auch für BetterTaxi lukrativ: "Grundsätzlich verdienen wir Provisionen für die vermittelten Fahrten, das ist unser Geschäftsmodell. Und Sharing-Fahrten versprechen schon viel höhere Erträge."
    48 Stunden im Voraus muss gebucht werden
    Über die Höhe der Provision hüllt sich Beisinghoff in Schweigen. Wer als Kunde auf spontanes Taxi-Sharing hofft, wird enttäuscht: "Wir können das nicht so auf spontan hop on, hop off machen, so ein dynamisches Ride-Sharing…"
    Die Fahrten müssen rund 48 Stunden im Voraus über das Web unverbindlich gebucht werden. 24 Stunden vor der Fahrt erfährt man, ob es Mitfahrer geben wird und wie hoch der Rabatt dann ausfällt. Bei zwei Reiseparteien sind es bis zu 30, kommen noch mehr zusammen, bis zu 60 Prozent. Nach erfolgreicher Fahrt wird der Betrag über die hinterlegten Kontodaten abgebucht.
    Taxi-Sharing ist Neuland und erfordert noch viel Feinschliff. Dreh- und Angelpunkt wird sein, ob es gelingt, einen soliden Markt zu kreieren: "Man muss diese kritische Masse aufbauen. Wenn die Masse da ist, wenn wir wissen, wir haben einfach die Nutzergruppen und können zu jeder Stunde zu beiden Flughäfen immer zwei zusammenbringen. Und wenn man solche Modelle hat, wenn man weiß, man hat immer zwei, man hat immer drei, man hat immer zehn, kann man ganz andere Geschäftsmodelle fahren. Dann kann man sagen: okay, die Fahrt kostet immer zehn Euro."
    Der Start musste verschoben werden
    Ursprünglich sollte Taxi-Sharing bereits 2012 an den Start gehen. Doch daraus wurde nichts. Und auch die Planung für diesen Frühling konnte nicht gehalten werden. Vielleicht war die Aufschieberitis beim Berlin-Brandenburger Großflughafen ansteckend. Als Gründe für die Verspätung nennt Beisinghoff:
    "Wir sind gestartet Anfang 2012 und wir mussten uns durch die Technologie ein bisschen durchfräsen und so ein bisschen auch den Markt noch besser verstehen. Ich glaube, wir mussten es in der Vergangenheit auch verstehen, wann es wirklich Sinn macht und wie man es implementieren kann."
    Das wird auch die 421 Investoren erfreuen, die dem Unternehmen über kleine Anteile per Crowdfunding 100.000 Euro Kapital zur Verfügung gestellt haben. Positive Grundhaltung zeigt auch die Taxibranche und hofft auf Imagegewinn und neue Kunden.
    Sollte Taxi-Sharing die Bewährungsprobe in Berlin bestehen, will das Unternehmen das Angebot künftig auf München, Hamburg und Frankfurt ausweiten.