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Technologie-Konzern Alibaba
Chinesischer IOC-Sponsor unter staatlicher Regie

Der chinesische Technologie-Gigant Alibaba ist einer der Top-Sponsoren der Olympischen Spiele. Jetzt will Chinas Regierung den Konzern verstärkt regulieren. Die Sorge, dass das Sponsoring unter den Problemen des Konzerns leidet, scheint sich aber beim IOC in Grenzen zu halten.

Von Piet Kreuzer | 13.02.2021
Logo von Alibaba
Logo des chinesischen Internet-Versandhändlers Alibaba (dpa / picture alliance / Imaginechina / Da Qing)
Alibaba und sein Gründer Jack Ma geraten zunehmend unter staatliche Kontrolle. Trotzdem ist der frühere IOC-Marketing-Chef und heutige Berater Michael Payne nicht beunruhigt. Der Erfinder des IOC-TOP-Programms – hochdotierte Sponsorings eines exklusiven Unternehmenszirkels - hat den Deal mit Alibaba auch eingefädelt und er weiß, was der Konzern für die Strategie des Olympischen Verbandes bedeutet: "Es geht bei Alibaba um die globalen Bestrebungen. Der Einfluss von Vorständen und der Politik ist nicht das Entscheidende. Was die Partnerschaft erreichen soll, wird sie auch weiter erreichen."
Denn eines steht fest: Für den Sport dürfte sich wenig ändern. Schließlich will die politische Führung China nicht nur zur Tech-Volkswirtschaft Nummer eins machen, sondern auch zur globalen Nummer eins im Sport. Da gehört das Sponsoring dazu. Und dem IOC dürfte es egal sein, wer bei Alibaba die Kontrolle hat. Das IOC hat schon bei den Sommerspielen 2008 gezeigt, wie Schulterschluss mit der chinesischen Führung geht.
News Bilder des Tages Protest against sexist remarks by Olympic organizing boss Female opposition lawmakers wear white jackets with white roses in Tokyo on Feb. 9, 2021, as a protest against sexist remarks by Yoshiro Mori, head of the Tokyo Olympic organizing committee. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY
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Mit abfälligen Äußerungen über Frauen hat Yoshiro Mori, Organisationschef der Olympischen Spiele in Tokio, vergangene Woche einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.
Aber die Situation in China hat sich nun verändert: Jack Ma ist in der Zwischenzeit zum Milliardär und zu einer Kultfigur in China aufgestiegen. Simon Chadwick, Direktor des Zentrums für die Eurasische Sport-Industrie an der Emlyon Business School in Frankreich, meinte auch Ma, als er eine Gruppe chinesischer Konzernbosse beschrieb. "Die chinesische Regierung ist tatsächlich besorgt, denn diese Individualisten werden immer mächtiger und bekommen einen signifikanten Einfluss auf die Haltung und das Benehmen der chinesischen Bevölkerung, einen größeren als Staat und Partei."

Ma verschwindet nach Rede lange von der Bildfläche

Jetzt scheint Mas Stern zu sinken. Schon einige Milliardäre sind von der großen Bühne verschwunden, jetzt auch Ma. Bei einem hochkarätig besetzten Kongress Ende Oktober 2020 in Shanghai forderte er noch mit markigen Worten eine Reform des Finanzsystems. "Chinas Regierung versteht das Internet nicht. Die chinesische Finanzmarktkontrolle ist nicht innovativ genug und die Finanzwelt ausgestattet mit der Mentalität eines Pfandleihhauses."
Nach dieser Rede verschwand Ma für drei Monate von der Bildfläche. Zeitweise sank der Aktienkurs von Alibaba um 30 Prozent. Und der für November angekündigte Börsengang von Alibabas Finanzarm Ant Financial wurde von der Regierung abgesagt. Neben Ant steht auch Alibaba im Fadenkreuz. Ende des Jahres kündigte Chinas Marktaufsichtsbehörde eine kartellrechtliche Untersuchung gegen das Unternehmen an. Beruhigung gab es erst nach einer Videobotschaft Mas im Januar. Darauf stieg der Aktienkurs um zehn Prozent.
Das Deckblatt des Playbook zeigt Grafiken mit Schiedsrichter-Figuren.
Ein „Playbook“ in der Pandemie
Noch ist nicht klar, ob die Olympischen Spiele in Tokio stattfinden können, Trotzdem hat das IOC damit begonnen, erste Richtlinien herauszugeben, wie Spiele in einer Pandemie ablaufen könnten.
Auch wenn Ma zurückgekehrt ist, es wird wohl nicht mehr so sein wie früher. Der Zugriff des Staates ist fester denn je. Der Regierung macht der Aufstieg der Tech-Riesen und die Tatsache, dass sie ihr Geld auch in Übersee investieren, große Sorgen. Mit ihren riskanten Anlagen gefährden sie aus Sicht der Regierung das chinesische Finanzwesen. Simon Chadwick: "Ich denke, die Regierung ist scharf darauf, sicherzustellen, das im Inland investiert wird statt in Übersee, weil Unternehmen Vermögenswerte nach Übersee gebracht haben. Verschiedene Geschäftsleute wie zum Beispiel Jack Ma sind mittlerweile größer als das Land, als der Staat geworden."

IOC-Berater Payne: "Es ist die normale Regulierung"

Die Folge: Die Wirtschaft wird immer stärker reguliert, immer neue Vorschriften werden erlassen. Die Regulierungen in der Wirtschaft sind für IOC-Berater Payne aber nicht kritikwürdig. "Es ist kein Unterschied zu dem, was die Europäische Union mit Google und Amazon macht und der amerikanische Senat und das Repräsentantenhaus mit ihren Social-Media-Unternehmen. Es ist die normale Regulierung, um den Wettbewerb zu kontrollieren."
Der Ökonom Chadwick gibt ihm in Teilen recht. Aber der Westen reguliere die großen Plattformen unter anderem wegen Steuerflucht oder Hasskommentaren. China dagegen wolle die soziale und politische Kontrolle. Nicht nur wegen der Regulierung der Wirtschaftsunternehmen, sondern auch wegen der zahlreichen Menschenrechtsverstöße sieht der Ökonom Probleme auf das IOC zukommen. "Wir haben einen wachsenden toxischen Mix aus verschiedenen Ideologien, verschiedenen Motiven, verschiedenen Ansprüchen, so dass bis zu den Winterspielen in Peking 2022 immer mehr Fragen auftauchen, das Sponsoren, Kunden und andere Interessenvertreter im Sport die Beziehung zwischen dem IOC und seinen chinesischen Sponsoren hinterfragen werden."
Das diese Diskussion noch nicht stärker aufgeflammt ist, liegt nur an einem Thema. Die Unsicherheit, ob die bereits verschobenen Sommerspiele in Tokio im Sommer trotz der Pandemie stattfinden.