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Terror-Verdacht
Kritik an belgischen Sicherheitsbehörden

Wegen des angeblich geplanten Anschlags auf die Silvesterfeierlichkeiten in Brüssel sind sechs weitere Verdächtige festgenommen worden. Derzeit steht vor allem eine muslimische Motorrad-Gang im Fokus der Sicherheitsbehörden. Dem Brüsseler Bürgermeister gehen die Ermittlungen nicht schnell genug - er äußerte Kritik.

Von Malte Pieper | 31.12.2015
    Polizistenauf Patrouille in der Innenstadt von Brüssel am Silvestertag 2015.
    Polizistenauf Patrouille in der Innenstadt von Brüssel am Silvestertag 2015. (picture alliance / dpa / Olivier Hoslet)
    Den ganzen Tag über herrschte bei den diensthabenden Untersuchungsrichtern von Brüssel Hochbetrieb. Sechs weitere Verdächtige hatte die Polizei am Vormittag unter anderem im Problemstadtteil Molenbeek festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, an den Planungen für einen Anschlag in der Silvesternacht beteiligt gewesen zu sein. Die Untersuchungen hatten sich auf das Umfeld einer muslimischen Motorrad-Gang konzentriert, auf die sogenannten "Kamikaze-Riders".
    Zwei Führungsfiguren dieser Bande waren bereits Anfang der Woche hochgenommen worden, am Mittag entschied ein Richter, dass die beiden Männer, die Ende 20, Anfang 30 sind, mindestens bis Ende Januar in Haft bleiben können. So schwer wiegen offenbar die Vorwürfe.
    Ermittlungen laufen weiter
    Und wie Sofie Demeyer, die Terrorismusexpertin des flämischen Fernsehens am frühen Nachmittag berichtet, laufen die Ermittlungen unvermindert weiter:
    "Tatsache ist, dass die Polizei noch immer nach Mitgliedern dieser Motorrad-Gang sucht. Ganz einfach, weil die Sicherheitsdienste Angst haben, dass noch frei herumlaufende Teile der Terrorzelle die Anschlagspläne doch noch ausführen könnten."
    In der Brüsseler Innenstadt wird derweil kräftig gehämmert - rund um den zentralen Platz de Brouckère. Hier, wo traditionell punkt Mitternacht das Silvesterfeuerwerk gezündet wird. Umrahmt von Bühnen mit Shows und DJs, die auflegen. Jetzt ist unübersehbar - daraus wird tatsächlich nichts. Bis weit in den Nachmittag sind die Techniker beschäftigt, Scheinwerfer abzumontieren und Kabel wieder einzurollen. Etwas abseits steht Organisator Olivier Roy und betrachtet da Treiben mit einem tiefen Seufzer:
    "Wir können unsere Planungen nicht ändern. Dafür ist es zu spät. Wir haben nicht genug Leute, um heute noch alles abzubauen. Der Rest folgt morgen mit verstärktem Team wie ursprünglich geplant."
    Kritik an Polizei und Geheimdiensten
    Kurz nach 20 Uhr gestern Abend war es, als sich die Verantwortlichen dazu durchrangen, das Spektakel abzusagen. Nach Beratungen mit dem Nationalen Krisenzentrum sowie dem Innenminister entschied Bürgermeister Yvan Mayeur: Das Risiko ist uns zu groß, dass doch etwas passieren kann. Und Zehntausende in der City wollte man nicht in Gefahr bringen. Heute, am Tag danach, übt der Brüsseler Bürgermeister heftige Kritik an Polizei und Geheimdiensten:
    "Das ist jetzt die zweite Absage innerhalb von zwei Monaten. Das ist natürlich sehr schlimm für unsere Wirtschaft, aber auch für unser Image. Die Ermittler müssen einfach besser und schneller werden. Vier Wochen wird jetzt schon ermittelt, es gibt immer wieder Hausdurchsuchungen, da denke ich, wird es jetzt langsam mal Zeit, all die Verantwortlichen festzunehmen."
    Eine Kritik, die man in diesen Tagen häufiger hört. Vor allem aus dem Ausland. Deutsche und französische Politiker hatten Belgien und seinen Sicherheitsbehörden zuletzt immer wieder vorgeworfen, die Lage nicht im Griff zu haben. Davon abgesehen gilt weiterhin im ganzen Land die zweithöchste Terrorwarnstufe. Sie bedeutet, dass Anschläge als möglich und wahrscheinlich eingeschätzt werden.