
Einen Tag nach dem Militärputsch in Thailand hat sich Armeechef Prayuth Chan-ocha persönlich an die Regierungsspitze gesetzt. Der Vorsitzende des Militärrats übernehme die Regierungsverantwortung, so lange kein neuer Ministerpräsident im Amt sei, teilte die Armee mit.
Wann ein neuer Regierungschef ernannt werden soll oder wann es Wahlen gibt, hat Prayuth bislang noch nicht bekannt gegeben. Von einer baldigen Rückkehr zur Demokratie war in seinen ersten Dekreten keine Rede. Prayuth hatte gestern die Macht ohne Waffengewalt übernommen. Vermittlungsgespräche zwischen den zerstrittenen politischen Lagern waren gescheitert.
Lager lösen sich auf
Die Lage in Bangkok war ruhig, vom "normalen hektischen Alltag" in der Millionenmetropole spricht Korrespondent Udo Schmidt in seinem Bericht. Über Nacht galt im ganzen Land eine Ausgangssperre. Die Menschen, die in den vergangen Tagen auf den Straßen waren, fügten sich den Anordnungen des Militärs, so Schmidt. Beide politischen Gruppierungen hätten bereits ihre Lager aufgelöst oder seien dabei, dies zu tun; die Fernsehsender seien zudem gleichgeschaltet.
Bundesaußenminister Steinmeier verurteilte den Putsch in Thailand. Er forderte die Armee zu größter Zurückhaltung auf. Die Militärführung müsse den politischen Dialog der Konfliktparteien wieder in Gang bringen, zügig Neuwahlen ermöglichen und die Grundrechte garantieren. Dazu gehöre auch die Pressefreiheit.
Viele sind schon in Armeegewahrsam
Der Militärrat bestellte unterdessen 114 Politiker und Aktivisten ein, darunter Vertreter der bisherigen Regierung. Ob sie alle festgenommen werden sollten, war zunächst unklar; auch, wer überhaupt zu dem Rapport kommen werde, berichtet Udo Schmidt. Wird die gesamte Ex-Regierung tatsächlich festgenommen, erwartet der Korrespondent erneute Unruhen. Unter anderem wurde die vor zwei Wochen des Amtes enthobene Regierungschefin und Thaksin-Schwester Yingluck einbestellt.
Zudem bestellte das Militär 155 Politiker und Aktivisten der verschiedenen politischen Lager ein und verhängte Ausreiseverbote gegen sie. Darunter ist auch die Anfang des Monats vom Verfassungericht abgesetzte frühere Ministerpräsidentin Yingluck. Zur Begründung hieß es, mit der Maßnahme wolle man Frieden und Ordnung aufrecht erhalten.
Zahlreiche Politiker und Aktivisten sind bereits in Armeegewahrsam. Prayuth hatte sie gestern zu einem letzten Vermittlungsgespräch gebeten. Die Zeitung "Nation" zitierte Teilnehmer, die berichteten, Prayuth habe den amtierenden Justizminister gefragt, ob die Regierung zum freiwilligen Rücktritt bereit sei.
(bor/cvo)