Klaus Remme: Gestern Abend hat die italienische Regierung getagt nach gewalttätigen Ausschreitungen in Catania rund um ein Fußballspiel, wobei ein italienischer Polizist ums Leben gekommen ist. Eine Woche nach diesen Krawallen wird der Ball vermutlich wieder rollen.
Am Telefon ist jetzt Ex-Profi Thomas Berthold, der in seiner aktiven Zeit auch in Italien bei Verona und in Rom gespielt hat. Guten Morgen, Herr Berthold!
Thomas Berthold: Schönen guten Morgen!
Remme: Herr Berthold, eine Woche nach Krawallen mit einem Toten könnte der Ball wieder rollen in den Stadien. Wie stehen Sie dazu?
Berthold: Fußball spielt natürlich in Italien eine sehr große Rolle, und ich finde auch ,es wäre schlimm, wenn man jetzt alle Stadien schließen würde und würde die Menschen aussperren, die eigentlich friedlich zum Sport gehen. Aber nichtsdestotrotz ist natürlich, glaube ich, jetzt der Zeitpunkt gekommen, dass man hier die Sicherheitskonzepte und auch die Infrastruktur überdenkt. Denn nach der WM in Italien 1990 ist natürlich da überhaupt nichts mehr gemacht worden. Das haben, glaube ich, auch die Verantwortlichen erkannt, dass dort der Hebel angesetzt werden muss. Dann muss meiner Meinung nach auch der Fanbeauftragte der jeweiligen Clubs mit den Vertretern der Ultras, glaube ich, einfach mal ins Bewusstsein gehen, damit so etwas sich nicht mehr wiederholt.
Remme: Glauben Sie diese Gruppen sind zugänglich?
Berthold: Wissen Sie, das sind Menschen wie wir auch. Es gibt solche und solche. Es gibt natürlich auch eine Hardcore-Gruppe. Da liegt die Schmerzgrenze relativ gering. Die sind sehr gewaltbereit. Man muss aber irgendwann mal anfangen. Und ich glaube schon, dass man im Gespräch, wenn man dort vermittelt, schon etwas bewirken kann.
Remme: 1987 bis '91 haben Sie in Italien gespielt. Auch wenn das schon einige Jahre zurückliegt, erinnern Sie sich an ähnliche Szenen rund um das Spiel, oder sind das andere Zeiten?
Berthold: Es gab damals auch schon Gewalt. Italien war ja auch schon zu meiner Zeit bekannt für die Ultras, die auch einen rechtsradikalen Hauch schon damals hatten. Wir als Spieler haben das schon registriert. Aber jetzt ist es natürlich schon eskaliert, und durch die Medienwelt wird das natürlich sofort publik gemacht. Ich glaube, auch schon zu meiner Zeit gab es Unglücke mit Todesfolgen, aber das ist, wie Sie schon sagten, lange her. Bei dem aktuellen Fall muss man wirklich mal darüber nachdenken, wie es eigentlich weitergehen soll in Italien. Denn der Fußball hat da einen sehr, sehr großen Stellenwert. Es wäre wirklich schlimm, wenn nach dem großen Skandal und dem tollen WM-Sieg der Italiener der Fan dafür bestraft wird, indem man die Spiele nicht mehr live im Stadion sehen kann.
Remme: Können Sie uns denn diese unterschiedliche Fan-Kultur zwischen Deutschland und Italien erklären?
Berthold: Um mal ein Beispiel zu nennen: So ein Club wie AS Rom, die Ultras, die es dort auch gibt, haben glaube ich 30.000 organisierte Mitglieder. Das gibt es ja bei uns in der Form gar nicht.
Remme: Aber warum ist das so? Warum ist die Kultur so unterschiedlich? Es geht ja schließlich ums gleiche Spiel.
Berthold: Da müsste man natürlich mal Ursachenforschung betreiben. Ich kann Ihnen das auch nicht genau beantworten. Die Italiener sind sehr heißblütig. Das wissen wir alle, sind fußballverrückt wie wir Deutschen auch. Vielleicht liegt eben, wie gesagt, das Gewaltpotenzial dort unten höher. Die Gründe müsste man hinterfragen. Da müsste man vielleicht mal den einen oder anderen Historiker oder Wissenschaftler ansprechen, der sich intensiver mit diesem Thema beschäftigen kann als ich als Außenstehender, der schon ein paar Jahre aus der Szene heraus ist.
Remme: Herr Berthold, ich will Ihnen mal zitieren, was der Liga-Chef Matarrese gesagt hat vor einigen Tagen. Er sagte , "wir sind verbittert, aber die Show muss weitergehen. Fußball ist eine Industrie, die einen gewissen Preis hat". Ist dieser Mann zynisch, oder ist der lediglich ehrlich?
Berthold: Na ja, das hat natürlich schon Geschmack, wenn er das so gesagt hat. Dass Fußball wichtig ist und dass es auch eine Industrie ist, das wissen wir alle in Europa. Aber wenn da Menschen zu Tode kommen, dann kann man nicht sagen, "life goes on" oder "the Show must go on", am nächsten Tag. Ich glaube schon, dass auch die Politik und die Regierung dort erkannt hat, dass man hier den Hebel ansetzen muss. Ob das besser wird, wenn man die Strafen drakonisch erhöht, das weiß ich nicht. Ich glaube eher, dass die Vereine da gefordert sind, dass die einfach mit den Fanbeauftragten wirklich regelmäßig darauf hinweisen, Gespräche führen, um einfach mal ein Bewusstsein zu schaffen, dass das so nicht weitergehen kann.
Remme: Italien will sich um die Fußball-Europameisterschaft 2012 bewerben. Glauben Sie solche Pläne sind angesichts dieser Zustände realistisch?
Berthold: Das ist überhaupt nicht mehr realistisch, weil die UEFA kriegt so etwas ja auch mit. Bei solchen Fällen gucken die natürlich genau hin. Die Standards der italienischen Stadien entsprechen auch nicht mehr den Standards der UEFA. Wenn sie sich wirklich ernsthaft bewerben wollen, dann dürfen A solche Fälle sich nicht wiederholen und dann muss Geld von der Regierung in die Hand genommen werden, um die Stadien auf Topniveau zu bringen.
Remme: Vielen Dank. Das war Ex-Profi Thomas Berthold über die Zustände im italienischen Fußball. Herr Berthold, vielen Dank.
Berthold:: Tschau.
Am Telefon ist jetzt Ex-Profi Thomas Berthold, der in seiner aktiven Zeit auch in Italien bei Verona und in Rom gespielt hat. Guten Morgen, Herr Berthold!
Thomas Berthold: Schönen guten Morgen!
Remme: Herr Berthold, eine Woche nach Krawallen mit einem Toten könnte der Ball wieder rollen in den Stadien. Wie stehen Sie dazu?
Berthold: Fußball spielt natürlich in Italien eine sehr große Rolle, und ich finde auch ,es wäre schlimm, wenn man jetzt alle Stadien schließen würde und würde die Menschen aussperren, die eigentlich friedlich zum Sport gehen. Aber nichtsdestotrotz ist natürlich, glaube ich, jetzt der Zeitpunkt gekommen, dass man hier die Sicherheitskonzepte und auch die Infrastruktur überdenkt. Denn nach der WM in Italien 1990 ist natürlich da überhaupt nichts mehr gemacht worden. Das haben, glaube ich, auch die Verantwortlichen erkannt, dass dort der Hebel angesetzt werden muss. Dann muss meiner Meinung nach auch der Fanbeauftragte der jeweiligen Clubs mit den Vertretern der Ultras, glaube ich, einfach mal ins Bewusstsein gehen, damit so etwas sich nicht mehr wiederholt.
Remme: Glauben Sie diese Gruppen sind zugänglich?
Berthold: Wissen Sie, das sind Menschen wie wir auch. Es gibt solche und solche. Es gibt natürlich auch eine Hardcore-Gruppe. Da liegt die Schmerzgrenze relativ gering. Die sind sehr gewaltbereit. Man muss aber irgendwann mal anfangen. Und ich glaube schon, dass man im Gespräch, wenn man dort vermittelt, schon etwas bewirken kann.
Remme: 1987 bis '91 haben Sie in Italien gespielt. Auch wenn das schon einige Jahre zurückliegt, erinnern Sie sich an ähnliche Szenen rund um das Spiel, oder sind das andere Zeiten?
Berthold: Es gab damals auch schon Gewalt. Italien war ja auch schon zu meiner Zeit bekannt für die Ultras, die auch einen rechtsradikalen Hauch schon damals hatten. Wir als Spieler haben das schon registriert. Aber jetzt ist es natürlich schon eskaliert, und durch die Medienwelt wird das natürlich sofort publik gemacht. Ich glaube, auch schon zu meiner Zeit gab es Unglücke mit Todesfolgen, aber das ist, wie Sie schon sagten, lange her. Bei dem aktuellen Fall muss man wirklich mal darüber nachdenken, wie es eigentlich weitergehen soll in Italien. Denn der Fußball hat da einen sehr, sehr großen Stellenwert. Es wäre wirklich schlimm, wenn nach dem großen Skandal und dem tollen WM-Sieg der Italiener der Fan dafür bestraft wird, indem man die Spiele nicht mehr live im Stadion sehen kann.
Remme: Können Sie uns denn diese unterschiedliche Fan-Kultur zwischen Deutschland und Italien erklären?
Berthold: Um mal ein Beispiel zu nennen: So ein Club wie AS Rom, die Ultras, die es dort auch gibt, haben glaube ich 30.000 organisierte Mitglieder. Das gibt es ja bei uns in der Form gar nicht.
Remme: Aber warum ist das so? Warum ist die Kultur so unterschiedlich? Es geht ja schließlich ums gleiche Spiel.
Berthold: Da müsste man natürlich mal Ursachenforschung betreiben. Ich kann Ihnen das auch nicht genau beantworten. Die Italiener sind sehr heißblütig. Das wissen wir alle, sind fußballverrückt wie wir Deutschen auch. Vielleicht liegt eben, wie gesagt, das Gewaltpotenzial dort unten höher. Die Gründe müsste man hinterfragen. Da müsste man vielleicht mal den einen oder anderen Historiker oder Wissenschaftler ansprechen, der sich intensiver mit diesem Thema beschäftigen kann als ich als Außenstehender, der schon ein paar Jahre aus der Szene heraus ist.
Remme: Herr Berthold, ich will Ihnen mal zitieren, was der Liga-Chef Matarrese gesagt hat vor einigen Tagen. Er sagte , "wir sind verbittert, aber die Show muss weitergehen. Fußball ist eine Industrie, die einen gewissen Preis hat". Ist dieser Mann zynisch, oder ist der lediglich ehrlich?
Berthold: Na ja, das hat natürlich schon Geschmack, wenn er das so gesagt hat. Dass Fußball wichtig ist und dass es auch eine Industrie ist, das wissen wir alle in Europa. Aber wenn da Menschen zu Tode kommen, dann kann man nicht sagen, "life goes on" oder "the Show must go on", am nächsten Tag. Ich glaube schon, dass auch die Politik und die Regierung dort erkannt hat, dass man hier den Hebel ansetzen muss. Ob das besser wird, wenn man die Strafen drakonisch erhöht, das weiß ich nicht. Ich glaube eher, dass die Vereine da gefordert sind, dass die einfach mit den Fanbeauftragten wirklich regelmäßig darauf hinweisen, Gespräche führen, um einfach mal ein Bewusstsein zu schaffen, dass das so nicht weitergehen kann.
Remme: Italien will sich um die Fußball-Europameisterschaft 2012 bewerben. Glauben Sie solche Pläne sind angesichts dieser Zustände realistisch?
Berthold: Das ist überhaupt nicht mehr realistisch, weil die UEFA kriegt so etwas ja auch mit. Bei solchen Fällen gucken die natürlich genau hin. Die Standards der italienischen Stadien entsprechen auch nicht mehr den Standards der UEFA. Wenn sie sich wirklich ernsthaft bewerben wollen, dann dürfen A solche Fälle sich nicht wiederholen und dann muss Geld von der Regierung in die Hand genommen werden, um die Stadien auf Topniveau zu bringen.
Remme: Vielen Dank. Das war Ex-Profi Thomas Berthold über die Zustände im italienischen Fußball. Herr Berthold, vielen Dank.
Berthold:: Tschau.