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Thomas Goppel: Zwist nicht direkt nach draußen tragen

Ein Zwist spaltet derzeit die CSU. Der Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich hatte den Parteivorsitzenden Horst Seehofer und Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder für deren Äußerungen zur Gesundheitspolitik kritisiert. CSU-Vorstandsmitglied Thomas Goppel verteidigt Friedrich als "besonnenen Knaben".

Thomas Goppel im Gespräch mit Dirk Müller |
    Dirk Müller: "Was der sich geleistet hat, das kann mit Freundlichkeit nicht wett gemacht werden", sagt Horst Seehofer und meint damit nicht Guido Westerwelle, sondern seinen CSU-Parteifreund Hans-Peter Friedrich. Dieser wiederum ist Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag und hatte wiederum die Parteispitze aufgefordert, die Störfeuer in der Gesundheitspolitik endlich zu beenden. Eine unmissverständliche Kritik, die Hans-Peter Friedrich anschließend relativierte mit einem freundlicheren Ton, doch der Chef blieb hart und konterte, "die CSU war seit Monaten gut unterwegs und dann kam er mit diesem bodenlosen Unsinn." Heute sollen die Wogen geglättet werden bei der Sitzung der Parteiführung in München. CSU-Vorstandsmitglied Thomas Goppel wird auch dabei sein. Er ist jetzt bei uns am Telefon. Guten Morgen!

    Thomas Goppel: Guten Morgen, Herr Müller!

    Müller: Herr Goppel, war das aus Berlin Majestätsbeleidigung?

    Goppel: Das ist eine nicht ungeschickte Frage. Das gilt, glaube ich, für alle Parteien, dass die Vorsitzenden nicht so gerne haben, wenn jemand aus den Frontabschnitten sich zu Wort meldet und ziemlich heftig auch sagt, dass er in seiner Arbeit die Störung im Moment nicht für angebracht hält. Ich bin auch der Meinung wie der Kollege Friedrich, dass wir diese Diskussion gut zunächst in der inneren Runde hätten führen können, um dann anschließend womöglich in der Öffentlichkeit weniger dissonant aufzutreten.

    Müller: Dann hat Horst Seehofer eine Mitverantwortung dafür?

    Goppel: Das ist beim Vorsitzenden immer so, ob der das gerade mag oder nicht, und ich glaube, das darf man, ohne irgendjemanden da deswegen zu verletzen, sagen. Die wichtigste Verantwortung des Vorsitzenden ist im Prinzip diejenige, die dafür sorgt, dass in den Reihen Einigkeit herrscht.

    Müller: Wer ist denn jetzt nun von beiden zu weit gegangen?

    Goppel: Der Hans-Peter Friedrich ist ein besonnener Knabe und der Markus Söder ist mit allem und jedem Thema gerne heftig an der Front. Das muss jeder für sich ausgleichen. Für meine Begriffe braucht es lang, bis der Hans-Peter Friedrich so reagiert, wie er reagiert hat.

    Müller: Und deshalb hat er Recht gehabt?

    Goppel: Ob er Recht hat, wird heute im Parteivorstand ausgestritten. Das ist auch völlig in Ordnung. Die Frage ist, ob man das vorher öffentlich machen muss.

    Müller: Was Hans-Peter Friedrich gemacht hat?

    Goppel: Der Hans-Peter Friedrich hat gesagt, lasst mir in Berlin die Möglichkeit, das Thema zu behandeln, ohne in München Vorgaben zu liefern, die wir nicht abgesprochen haben. Das ist zulässig. Ob der Ton jedes Mal richtig ist, da nehme ich selbst für mich keine Hand ins Feuer, und ich gelte eigentlich nicht als ein Scharfmacher.

    Müller: Thomas Goppel, und Markus Söder, der läuft offenbar rum und hat immer Argumente gegen die CSU-Landesgruppe, wenn wir das richtig verstanden haben. Ist das korrekt?

    Goppel: Sie haben es ein bisschen zu heftig interpretiert. Markus Söder wird, wenn es die Möglichkeit gibt, sich das Profil zu schärfen, während er sich an einer Diskussion beteiligt, auch dann tätig, wenn er merkt, dass das unter Umständen gegen die eigenen Leute geht.

    Müller: Und es hält ihn keiner davon ab?

    Goppel: Sichtlich ist das ein Problem, das wir ausdiskutieren müssen. Das werden wir heute tun. Ob ihn keiner davon abhält, wird sich nachher feststellen lassen.

    Müller: Ist Horst Seehofer ein Markus-Söder-Fan?

    Goppel: Was ich gehört habe, kann von Fan-Anteiligkeit weder hier, noch da die Rede sein, sondern Horst Seehofer reagiert auf das, was er draußen in der Öffentlichkeit mitkriegt, und diese Reaktion ist, was die innere Befriedung angeht, eine richtige.

    Müller: Gesundheitspolitik, das war Thema dieser Auseinandersetzung. Geht Horst Seehofer mit der Polarisierung innerhalb der eigenen schwarz-gelben Koalition zu weit?

    Goppel: Das, glaube ich, kann man so nicht sagen. Wir haben eine eigene Position, wir sind innerhalb der Koalition ein wichtiger Faktor. Ich behaupte, wir sind der Anteil in der Koalition, der darauf achtet, dass das Soziale nicht zu kurz kommt, und deswegen ist die Diskussion mit uns in der Frage der Gesundheitspolitik fast programmiert, denn es geht um die beiden Pole: sind alle, die schwach sind in dieser Gesellschaft, in ein Gesamtkonzept eingebunden, oder richten wir uns mehrheitlich oder zuerst nach den Köpfen aus, die das auch alleine könnten. Ich glaube, dieses alleine können ist eine Position, die die FDP vertritt. Die CDU vertritt dabei eine abgeschwächte beziehungsweise eher Bandbreite und die CSU erinnert an das S, und das halte ich für richtig.

    Müller: Das Poltern in der Politik, Herr Goppel, das haben wir oft gehört, das gehört immer dazu, auch das Poltern in der eigenen Koalition. Aber ist es jetzt in den vergangenen Monaten, eigentlich seit Start der Koalition, nicht dann doch ein bisschen viel?

    Goppel: Ja, aber das liegt daran, dass da eine Koalition zusammen gekommen ist, in der die Köpfe zählen und nicht die einheitliche Meinung. Das ist ein Unterschied zur SPD. Da wird erst gemeinsam bereinigt und wird festgelegt, was ist, und dann fällt nicht so auf, dass es in der Union durchaus unterschiedliche Positionen gibt. Jetzt aber, da die FDP aus lauter Köpfen besteht, von denen jeder dem anderen durchaus nun auch sagt, was denn im einzelnen Sache ist, wird auch deutlich, dass das bei uns auch so ist, und diese Raufzeit muss man den Mitstreitern, glaube ich, lassen, damit wir insgesamt ein ordentliches Bild abgeben.

    Müller: Und wenn die Journalisten einen großen Fehler gemacht haben, dann war es das, vielleicht auch in den Kommentaren davon zu schreiben, dass wir nun eine Wunschkonstellation haben?

    Goppel: Eine Wunschkonstellation ist es jedenfalls aus der Sicht von Thomas Goppel nicht. Ich möchte immer, dass wir das Sagen haben, dass wir regieren. Koalitionen halte ich nicht für die beste Lösung, politische Probleme in Ordnung zu bringen. Wir wissen dann nicht mehr, wer ist für was zuständig. Sie wissen selbst, dass regelmäßig der Streit im Vordergrund steht, wer hat nun was verhindert. Ich glaube, wenn einer den Regierungsauftrag hat und daran anschließend in vier oder fünf Jahren gemessen wird und dass gesagt wird, war Mist, weg damit, ist es ehrlicher und direkter, als wenn wir ständig uns darauf beziehen können, der andere war nicht gut genug.

    Müller: Nun haben wir ja die Koalition und diese Konstellation in Bayern sowie ja auch im Bund.

    Goppel: Ja, ja!

    Müller: Und wenn die Union einen Partner braucht, dann ist Guido Westerwelle der richtige?

    Goppel: Dann ist jedenfalls die Gesamtlinie der FDP eine richtige. Ob das Guido Westerwelle ist? Er ist ja gelegentlich auch ein sehr intensiver Formulierer. Sie können ihn fast so ansehen wie den Markus Söder bei uns, nur dass er der Chef ist.

    Müller: Und was muss die CSU jetzt besser machen?

    Goppel: Was die CSU besser machen muss? Ich sehe im Moment nicht unbedingt, dass wir etwas besser machen müssen; wir müssen bei der Findung von Lösungen etwas intensiver miteinander reden, bevor wir in der Öffentlichkeit die eine oder andere Position dann verdeutlichen. Sie wissen ganz genau: Journalisten und Politiker wissen das besser als der Rest der Bevölkerung, dass man mit einer Formulierung alles anzünden und alles löschen kann. Unser Versuch ist jetzt im Augenblick, mein Versuch Ihnen gegenüber ist, keinen weiteren Brand aufkommen zu lassen. Sie versuchen, mich so weit zu kriegen, dass ich etwas sage, bei dem die Bevölkerung sagt, na, zündelt schon wieder einer. Ich hoffe, mir gelingt es.

    Müller: Ein bisschen haben Sie ja gesagt.

    Goppel: Ja, ja, ich weiß schon.

    Müller: Bei uns im Deutschlandfunk heute Morgen CSU-Vorstandsmitglied Thomas Goppel. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.

    Goppel: Schönen Morgen, Herr Müller. Einen guten Tag!

    Müller: Gleichfalls.