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Touristenattraktion in London
Cocktails zum Einatmen

In einer Londoner Kellerbar gibt es Cocktails, die man nicht aus einem Glas trinkt – man atmet sie als alkoholischen Dampf ein. Das ist teurer als der herkömmliche Cocktail-Genuss und dauert länger – aber dafür ist es Kunst.

Von Thomas Spickhofen | 10.08.2015
    Drei Cocktails
    Cocktails - dargereicht in herkömmlicher Form. In London kann man die fruchtigen Alkoholika auch einatmen. (imago / Westend61)
    Der versteckte Seiteneingang in der Londoner Cathedral Street ist nicht leicht zu finden. Wenn man aber erst mal drin ist, dann weisen Engelsstimmen den Weg. Zwei Treppen geht es hinunter in den Keller, dann durch einen schmalen Gang bis zu einem kleinen Gewölbe. Backsteine ringsum, es ist kühl hier unten, ein paar schwache Funzeln tauchen den Raum in ein schummriges Licht, in gelb und grün, in blau und rot. Dichte Nebelschwaden hängen im Raum.
    Willkommen in Alcoholic Architecture, Alkoholische Architektur, der ersten Londoner Kellerbar, in der man seinen Cocktail nicht schlürft, sondern einatmet. Hier bekommt jeder Besucher erst mal einen Poncho übergestülpt, aus hauchdünner Folie. Das soll Hose, Hemd und Haare schützen. Und dann geht es durch einen Plastikvorhang hindurch in die Herzkammer von Alcoholic Architecture, in die Cloud, die Wolke – die Alkoholwolke.
    Der Mixer hat GinTonic als Luftgemisch angerichtet, über zwei Röhren strömt es in den Raum, angeblich 140 Prozent Luftfeuchtigkeit.
    "Es ist... ein bisschen schwül hier unten."
    "Und dunstig."
    "Die Luft schmeckt nach... Puderzucker..."
    "Ein bisschen fruchtig; nicht viel."
    "Sehr süßlich"
    "Man kann nicht richtig atmen"
    Mancher hat das Gefühl, er müsse niesen. Andere denken, sie haben Husten.
    "Es ist wirklich witzig – aber auch ein bisschen feucht."
    Sam Bompas und Harry Parr, zwei britische Künstler, haben lange nach einem geeigneten Objekt gesucht, um ihre Bar mit Beatmung zu installieren. Fündig geworden sind sie in unter der Southwark-Kathedrale, südlich der Themse, direkt am Borough Market, einer angesagten Markthalle in einem alten Industriegebäude.
    Diese Kathedrale – das sei doch genau das richtige Ambiente, sagt Johnny Bissender, der für den geschäftlichen Teil zuständig ist.
    "Wir haben den Namen Alcoholic Architecture gewählt als Würdigung der Architektur dieser Kathedrale, und wir laden die Leute ein, hierher zu kommen und mit uns – na ja: zu beten."
    Die Bet-Stunde kostet: 12,50 Pfund, umgerechnet rund 18 Euro.
    Echte Getränke sind da noch nicht drin, Himmlische Tonics, Kanonische Cocktails oder Trappistenbier kosten nochmal 8 Pfund extra. 40 Minuten hier drin, und der Effekt ist wie der Genuss eines gemäßigten Cocktails, sagen die Betreiber.
    Das Pint im Pub ist billiger, und es ist auch schneller weg – aber das ist ja auch keine Kunst.