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Traditionelle Medizin
Altes Heilerwissen gewinnt wieder an Bedeutung

Krankheiten werden heute fast immer mit sogenannter Schulmedizin bekämpft. In vielen Gebieten der Welt sind aber traditionellere Behandlungen das Normale, oft als einzige medizinische Versorgung vor Ort. Doch die starren Grenzen zwischen traditionellen und modernen Heilungsmethoden weichen auf.

Von Volkart Wildermuth |
17.07.2018, Peru, Pucallpa: Ein Schamane (r) gibt einen Sud aus «Ayahuasca» in einen Becher. Das Gebräu, das aus der Liane Banisteriopsis caapi vorbereitet wird, wird in der peruanischen Shipibo-Ethnie sowie in diversen Amazonas-Ethnien zu medizinischen oder religiösen Zwecken eingesetzt
In zahlreichen Gegenden der Welt setzt die Bevölkerung auf traditionelle medizinische Behandlung (dpa / picture alliance / Ana Karina Delgado)
Für Patienten sind Heiler oft die erste Anlaufstelle, in Ghana konsultieren sie 80 Prozent der Bevölkerung. Mit vielen Alltagsproblemen haben sie große Erfahrungen, aber traditionelle Heiler erklären sich auch für neue Leiden, für Zivilisationskrankheiten zuständig.
"Sobald die Ärzte ein neues medizinisches Konzept wie Hypercholesterinämie etablieren, sagen die Heiler: Das kennen wir, wir können das heilen. Kräuterdoktoren besuchen medizinische Konferenzen, um zu sehen, was es Neues gibt und wie sie es in ihr Angebot aufnehmen können. Das ist sehr interessant, sie finden Wege, um relevant zu bleiben", berichtet die Sozialpsychologin Ama de-Graft Aikins vom University College in London.
Traditionelle Heiler oft das einzige medizinische Angebot
In Ghana gibt es viele Gründe, traditionellen Heilern zu vertrauen. Gerade auf dem Land sind sie oft das einzige medizinische Angebot; sie sind vergleichsweise billig, und westliche Medikamente sind häufig gefälscht. Das Gesundheitsministerium bewertet deshalb inzwischen auch standardisierte Kräuterpräparate.
"Wir sprechen hier vor allem über Medikamente für Diabetes, Bluthochdruck, Asthma, Sichelzellenanämie und Malaria. Hier gibt es Belege für eine gewisse Wirksamkeit der traditionellen Medizin."
In Ghana gibt es einen Studiengang für traditionelle Medizin. Die Absolventen haben aber Schwierigkeiten, auch tatsächlich eine Anstellung in den Kliniken zu finden.
"Im Moment wird viel geredet und zu wenig umgesetzt. Die Bedeutung der traditionellen Medizin wird anerkannt, aber noch führt das nicht zu Veränderungen für die Menschen in Ghana", bedauert Ama de-Graft Aikins.
In Asien kombinieren Ärzte chinesische und westliche Medizin
Da ist die Traditionelle Chinesische Medizin schon weiter. In China und Taiwan gibt es zwar getrennte Universitäten für chinesische und westliche Medizin, aber auf beiden wird auch das jeweils andere Gebiet gelehrt, und in der Versorgung kombinieren die Ärzte beide Elemente - mit Erfolg. Das belegen Statistiken aus Taiwan, wo dank der nationalen Versicherung Daten fast der kompletten Bevölkerung vorliegen. Yi-Chang Su von der China Medical University in Taichung.
"Bei verschiedenen Krebsarten erhöht die zusätzliche Gabe von chinesischen Kräutern die Überlebensrate um rund zwanzig Prozent."
Das konnte der Spezialist für chinesische Medizin bei Magenkrebs ebenso belegen wie für verschiedene Formen der Leukämie. Wichtig ist: Die traditionellen Mittel sollen Chemotherapie oder Bestrahlung nicht ersetzen, sondern ergänzen.
"Patienten mit Magen-Darm-Problemen vertragen die Chemotherapie schlecht, erbrechen, verlieren an Gewicht. Chinesische Kräuter können das Magen-Darm-System stärken. Alte Patienten haben oft Probleme mit Herz oder Kreislauf. Chinesische Kräuter wirken hier stärkend, sodass die Tumormedikamente besser wirken können. Es ist sehr wichtig, die moderne und die traditionelle chinesische Medizin miteinander zu verbinden. Andere Ländern sollten diesen Ansatz mit ihrer traditionellen Medizin verfolgen."
Die traditionelle Medizin kennt wirksame Pflanzenpräparate, vor allem genießt sie vor Ort Vertrauen und kann über die Psyche wirksame Selbstheilungsprozesse anstoßen. Zu einem gewissen Teil funktioniert das sogar über Kulturgrenzen hinweg. Das belegt der Erfolg der traditionellen chinesischen Medizin in Deutschland und übrigens auch in Ghana.