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Transparency Deutschland: Parteispenden begrenzen

Parteispenden in Höhe von 50.000 Euro müssten der maximale Jahresspendenbetrag sein, fordert Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland. Die ungleiche Spendensituation in den Parteien sei nicht mit dem Demokratiegebot vereinbar. Man erlebe in Deutschland einen Verfall der politischen Kultur.

Edda Müller im Gespräch mit Bettina Klein | 16.10.2013
    Bettina Klein: Um 8:25 Uhr begrüße ich zum zuletzt behandelten Thema Edda Müller, die Vorsitzende von Transparency Deutschland. Guten Morgen, Frau Müller.

    Edda Müller: Guten Morgen!

    Klein: Ihre Haltung geht heute Morgen schon weit durch die Nachrichten, durch die Medien. Sie fordern eine Kappung der Höhe der Parteispenden und auch, dass der Bundespräsident eine neue Parteispendenkommission einsetzen soll. Sie haben gerade die Haltung von Michael Fuchs von der CDU dazu gehört. Meine Frage an Sie wäre: Wie viel Sinn besteht denn eigentlich darin, die Obergrenze zu kappen, wenn Großspender ihre Spenden aufteilen und dann quasi unter dem Radar durchfliegen können?

    Müller: Wir sagen, 50.000 maximal pro Jahr. Das würde zumindest verhindern, dass innerhalb eines Jahres hier von ein und demselben Unternehmen mehrere Spenden in kleineren Beträgen gegeben werden. Entscheidend ist doch – und das ist eben bei der Stellungnahme des CDU-Mannes nicht deutlich geworden -, dass die Parteien nicht etwa auf Spenden allein angewiesen sind. Sie werden staatlich finanziert, vom Steuerzahler, und die Frage ist, ob die Ungleichbehandlung und die ungleiche Situation, die wir zurzeit haben, dass durchaus einzelne Parteien weniger Spenden bekommen als andere, ob das eigentlich mit dem Demokratiegebot vereinbar ist. Wir sagen, nein.

    Deshalb sagen wir, gleiche Bedingungen für alle, maximal 50.000. Im Übrigen ist das, was wir im Moment erleben, dieser Zusammenhang von EU-Politik, CO2-Grenzwerte und Spenden großer Aktionäre im Bereich der Automobilindustrie, ja nicht ein Einzelbeispiel, sondern wir erleben in den letzten Jahren einen Verfall der politischen Kultur. Wir haben den Eindruck, dass die Lobbyinteressen immer stärker auf die Politik einwirken.

    Und wenn wir uns anschauen, was im Kanzleramt sich tut, dass offensichtlich dort das Gehör gegenüber starken Wirtschaftsinteressen besonders ausgeprägt ist und die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin für solche Dinge genutzt wird, dann ist das in der Tat etwas, was man abstellen muss, und deshalb sagen wir, der Bundespräsident ist jetzt gefordert. Er muss im Grunde nach dem Parteiengesetz anschauen, wie die Entwicklung ist im Bereich der Parteienfinanzierung, und muss dann diesen Bereich einmal überprüfen.

    Klein: Frau Müller, um da noch mal einzuhaken. Es sind ja im Moment alles Vermutungen. Es herrscht Transparenz, jeder konnte sich gestern auf der Internetseite des Bundestages anschauen, wie viel Geld von welchem Spender geflossen ist.

    Müller: Richtig.

    Klein: Das ist doch schon mal eine gute Vorbedingung. Und was ist denn mit dem Argument, dass auch andere Parteien, auch die SPD, gerade als sie im Kanzleramt saß, sehr wohl auch Spenden bekommen hat? Ohne Not wurde Gerhard Schröder nicht der Autokanzler genannt.

    Müller: Ja richtig! Aber es gibt andere Parteien, die haben das nicht bekommen, und wir reden im Moment über die Gleichbehandlung aller Parteien und nicht von zwei großen Parteien. Von daher wären gleiche Bedingungen für alle für die Demokratie gut. Und im Übrigen ist immer die Frage: Können tatsächlich solche Spenden das Verhalten der Politik beeinflussen? Das ist eine immer wiederkehrende Frage. Entscheidend ist doch, wie die politische Kultur in unserem Land aussieht und was die Menschen eigentlich für ein Gefühl haben, wie Politik sich verhält, und dieses Gefühl von "einzelne Interessen sind der Politik näher als andere", das ist doch eine problematische Entwicklung und da sagen wir, da müssen wir gegensteuern.

    Klein: Aber wir reden jetzt hier von Gefühlen. Die Frage ist ja, was ist die Faktenlage an der Stelle. Jeder kann ja so viel spenden, wie er möchte, sofern er sich an die Regularien hält. Noch mal konkret nachgefragt an der Stelle: Was genau fordern Sie von dieser Kommission, die Sie sich jetzt wünschen? Geben Sie uns ein Beispiel noch über den Punkt hinaus, 50.000 Euro im Jahr soll die Grenze sein.

    Müller: Wir haben ein weiteres Problem: Das ist das Sponsoring, was im gegenwärtigen Parteiengesetz überhaupt nicht geregelt ist. Es können jederzeit, ohne dass das offengelegt wird, in verschiedenster Form Sponsorgelder von der Wirtschaft an die Parteien gegeben werden. Auch das muss geklärt werden und muss offengelegt werden. Von daher ist da eine ganze Menge an Reformstau inzwischen angewachsen, insgesamt zum Thema Lobbyismus, und daher fordern wir den Bundespräsidenten auf, hier tätig zu werden.

    Klein: Und wir werden sehen, ob sich der neu gewählte Bundestag mit der Frage dann wieder einmal auseinandersetzt. – Das war bei uns im Deutschlandfunk heute Morgen ein Interview mit Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland. Ich danke Ihnen, Frau Müller.

    Müller: Bitte schön!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.