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Trauma für Frau und Familie

Brustkrebs gehört nach Auskunft der Deutschen Krebshilfe zu den häufigsten Todesursachen bei Frauen. Rund 57.000 Frauen erkranken jährlich daran. Bei fünf bis 10 Prozent der Frauen spielt dabei eine erbliche Veranlagung eine Rolle.

Von Anke Petermann | 16.03.2010
    "Also Lebenszeitrisiko 30 Prozent und die Wahrscheinlichkeit, dass eine Mutation vorliegt 20 Prozent, dann kommt sie ins Programm. Und ins Programm kommen heißt dann erst mal, dass ihr die Vorsorge angeboten wird und dass im zweiten Schritt ihr unter Umständen eine Testung angeboten wird. Das hängt davon ab, ist in der Familie schon mal getestet worden, lebt noch jemand der getestet werden kann."

    So Michael Golatta von der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg über das sogenannte Hochrisikoprogramm. Getestet wird auf Mutationen des BRCA1 und 2-Gens, die ein besonderes Risiko auf eine frühe Erkrankung an Brust- und Eierstockkrebs bergen. Dafür, dass die intensivierte Früherkennung mit einer Magnetresonanztomografie, einer Mammografie und zwei Ultraschalluntersuchungen jährlich das Sterblichkeitsrisiko senkt, gibt es bislang noch keinen wissenschaftlichen Nachweis. Vermutlich nur deshalb, weil es das Datenmaterial noch nicht ausreicht, sagt Michael Golatta:

    "Da werden sicherlich noch Zahlen nachkommen."

    Allerdings könne man derzeit einer Frau mit nachgewiesenem genetischem Risiko nicht in jedem Fall raten, einfach abzuwarten, ob sie erkranke. Zu erwägen sei, ob sich eine Betroffene Brüste und Eierstöcke vorsorglich entfernen lasse. Einer solchen prophylaktischen Operation geht ein eingehender Beratungsprozess voraus, erzählt Michael Golatta, das könne sich über zwei Jahre erstrecken. Sich als Gesunde die Brüste abnehmen zu lassen, habe Vorteile gegenüber einer Operation erst nachdem Krebs diagnostiziert wurde: Die Achselhöhle müsse nicht ausgeräumt werden und:

    "Ich kann direkt einen Wiederaufbau machen, was ich bei einer onkologischen Operation im Normalfall nicht machen kann, denn ich weiß, da folgt noch ne Bestrahlung, da folgt noch eine Chemotherapie, was mit dem Aufbau nicht so gut harmoniert. Und ich habe dann auch das Risiko, das schon eine Metastasierung da ist. Das ist der Punkt der Beratung: Was wollen Sie? Man muss ihnen sagen: Wenn Sie maximale Sicherheit wollen, ist dann ist die OP ab einem bestimmten Zeitpunkt empfohlen, auch altersabhängig."

    Zu entscheiden ob sie sich überhaupt testen lassen, stresst die Betroffenen, denn ihr Entschluss betrifft möglicherweise auch Töchter und Schwestern:

    "Damit müssen sie sich auseinandersetzen, und das ist problematisch, und daher empfehlen wir dann auch, dass eine psychosomatische Betreuung, Beratung parallel mitläuft."

    Eine Brustkrebserkrankung belastet Familien psychisch, konstatiert Johannes Bitzer, Chefarzt der Universitäts-Frauenklinik Basel. Oft sei die Frau als Mutter das emotionale Zentrum.

    "Wenn nun plötzlich diese Person hilfsbedürftig wird, leidet, dann ist das eine ganz große Herausforderung an die Familie. Die Reaktionen sind dann von Trauer, Enttäuschung, manchmal auch Wut, warum passiert uns jetzt, das bis hin schlussendlich auch zum Rückzug und zur Resignation."

    Diese Gefühle aufzufangen, dabei sollte am besten schon der behandelnde Krebsarzt der Familie helfen.