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Treffen der Koalitionsspitze
Wer folgt auf Joachim Gauck?

Die drei Parteichefs der Großen Koalition beraten heute über einen Nachfolger von Joachim Gauck. Es dürfte der letzte Versuch sein, um vielleicht doch noch auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Bundeskanzlerin Merkel steckt in der Bredouille. Auch bei den vorherigen Kandidatenküren hatte sie wenig Glück.

Von Volker Finthammer | 06.11.2016
    Horst Seehofer (CSU, l-r),Sigmar Gabriel (SPD) und Angela Merkel (CDU) geben am 08.05.2015 im Bundeskanzleramt
    Ein gemeinsamer Kandidat für das Bundespräsidentenamt wäre eine Überraschung. (dpa/picture-alliance/Wolfgang Kumm)
    Ein gemeinsamer Kandidat, das wäre eine Überraschung, aber danach sieht es nach den Äußerungen der vergangenen Tagen und Wochen nun ganz und gar nicht aus. Die Kandidatenkür ist die Sache der Kanzlerin nicht. Ob Horst Köhler, Christian Wulff, oder Joachim Gauck, bei keinem der drei vorangegangenen Wahlgänge hat Angela Merkel eine gute Figur gemacht und das scheint sich auch bei dem kommenden Wahlgang im Februar zu wiederholen. Die Bredouille ist für alle offen sichtbar, seitdem sich der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel vor zwei Wochen offen für Frank-Walter Steinmeier ausgesprochen hat.
    Wird es doch noch Steinmeier?
    Das Treffen der drei Parteichefs heute Nachmittag im Kanzleramt, dürfte der letzte Versuch sein, um vielleicht doch noch auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Aber da müsste fast schon ein Wunder geschehen. SPD-Chef Sigmar Gabriel kann Außenminister Steinmeier nicht mehr fallen lassen, wenn er nicht unglaubwürdig werden will. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte gegenüber der "Bild am Sonntag", die Haltung der SPD sei klar. Als Bundespräsident komme nur eine exzellente Persönlichkeit in Frage. Frank-Walter Steinmeier sei dafür ein guter Maßstab.
    Seitens der Grünen kommen dazu verhaltene Töne. So sagte der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter in Interview der Woche des Deutschlandfunks:
    "Frank-Walter Steinmeier ist eine respektable Person, aber wie wir schon oft gesagt haben, halten wir nichts davon, immer wieder neue Namen entsprechend öffentlich zu verbrennen. Ich glaube, dass das Frank-Walter Steinmeier auch nichts nutzt. Wen wir am Ende vorschlagen oder mittragen, das entscheiden wir in Ruhe."
    CDU und CSU wissen bislang nur, dass die Frank-Walter Steinmeier nicht wollen, was gestern Horst Seehofer am Rande des CSU-Parteitages erneut betont hat. Doch wen die Unionsparteien wollen, dass wissen sie bis heute noch nicht. Da taucht erneut Ursula von der Leyen als Verlegenheitslösung auf, oder Wolfgang Schäuble und mal wieder Andreas Voßkuhle, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, der dem Ansinnen jedoch schon eine Absage erteilt hatte. Und da gibt es noch Norbert Lammert.
    Ein frühes Bekenntnis Angela Merkels zum Bundestagspräsidenten, der auch über die Unionsgrenzen hinaus als veritabler Kandidat gesehen wird, hätte Angela Merkel vieles ersparen können. Jetzt ist die Situation verfahren, nachdem Lammert vor kurzem sein Ausscheiden aus der aktiven Politik erklärt hatte. Ohne einen Kniefall der Kanzlrin wird er sich kaum reaktivieren lassen, dafür hat sie ihn viel zu lange warten lassen. Aber selbst das wäre am Ende noch keine Garantie.
    CDU/CSU ohne Mehrheit
    Denn in der Bundesversammlung, die am 12. Februar den neuen Bundespräsidenten wählen soll, stellen CDU und CSU zwar den größten Block. Aber sie haben keine Mehrheit und könnten von einem rot-rot-grünen Kandidaten übertrumpft werden. Für Frank-Walter Steinmeier, gegen den es in der Linkspartei auch deutliche Vorbehalte gibt, müssten noch nicht einmal alle Vertreter der Linken stimmen, damit er es im dritten Wahlgang schafft. Den Unionsparteien könnte der Befreiungsschlag nur gelingen, wenn sie mit einem Kandidaten ohne C ins Rennen gehen würden.
    Da dient sich bislang nur der Grüne Winfried Kretschmann mit all seinen Äußerungen der letzten Zeit an. Schwarz-Grün hätte in der Bundesversammlung die notwendige Mehrheit. Das gilt aber nur für die Anzahl der Stimmen aber noch lange nicht bei den Inhalten. Das gilt auch für den Grünen Hofreiter, der die Annäherungsversuche nüchtern beurteilt:
    "Mich ärgert so etwas schon lange nicht mehr. Denn ich weiß schon seit vielen Jahrzehnten, dass wir eine sehr, sehr plurale Partei sind, wo es Stimmen immer aus unterschiedlichsten Richtungen zu unterschiedlichsten Positionen gibt. Wenn ich mich da immer noch ärgern würde, dann käme ich zu nichts Vernünftigem mehr."
    So wird denn wohl am 12. Februar erneut alles von dritten Wahlgang abhängen. Es sei denn die heutigen Gespräche im Kanzleramt sorgen doch noch für eine Überraschung.