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Treibhausgase, Luftschadstoffe und Lärm

Treibhausgase, Luftschadstoffe und Lärm stehen im Fokus des Jahresberichts der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen. Gerade im Transportsektor seien die Treibhausgas-Emissionen nur minimal zurückgegangen, kritisiert die Sprecherin der Umweltagentur Katja Rosenbohm.

Katja Rosenbohm im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 27.11.2012
    Susanne Kuhlmann: Die Europäische Umweltagentur in Kopenhagen veröffentlicht heute ihren Jahresbericht über die Umweltauswirkungen des Verkehrs in Europa. Im Fokus stehen dabei vor allem Treibhausgase, Luftschadstoffe und Lärm. Die gute Nachricht: Es hat Verbesserungen gegeben. Die schlechte Nachricht: Diese Verbesserungen sind lediglich ein Effekt der Rezession und werden verschwinden, sobald die europäische Wirtschaft wieder in Schwung kommt. Am Telefon in Kopenhagen ist Katja Rosenbohm, Sprecherin der Europäischen Umweltagentur. Guten Tag!

    Katja Rosenbohm: Ja guten Tag, Frau Kuhlmann.

    Kuhlmann: Frau Rosenbohm, welchen Anteil hat der Verkehr denn überhaupt an den Umweltbelastungen in Europa?

    Rosenbohm: Wir wissen, dass seit Jahren ein Viertel aller Treibhausgas-Emissionen in der Europäischen Union aus dem Transportsektor kommen, und leider verändert sich da auch nicht sehr viel. Während die Emissionen insgesamt im letzten Jahr beispielsweise 2,5 Prozent zurückgegangen sind, war es im Transportsektor wirklich nur minimal: ein 0,4-Prozent-Rückgang.

    Kuhlmann: Es gibt ja seit vielen Jahren Euronormen für Fahrzeuge, die auch immer wieder angepasst, das heißt dann in dem Zusammenhang ja auch strenger werden. Neuwagen sind effizienter als ältere Modelle. Trotzdem steigen Stickstoff-, Dioxid- und Feinstaubwerte an. Warum?

    Rosenbohm: Ja. Wir können bei Neuzulassungen von Fahrzeugen in der Tat einen leichten Rückgang der CO2-Emissionen vermelden. Aber insgesamt nimmt der PKW-Transport zu, und die Menge macht’s hier, und die Auswirkungen oder die Resultate sind eben noch nicht so, wie wir sie uns wünschen.

    Kuhlmann: Das heißt also, Individualverkehr und auch Transport nehmen zu, obwohl wir eigentlich etwas anderes wollen?

    Rosenbohm: Genau. Ich kann mal ein Beispiel nennen. Im Bereich PKW-Emissionen hat sich ja die EU zum Ziel gesetzt, zehn Prozent der Treibstoffe aus erneuerbaren Energien zu erreichen. Wir sind erst bei vier Prozent. Und wie gesagt, da ist noch sehr viel zu tun.

    Kuhlmann: Belastete Luft und Lärm – die Auswirkungen der Mobilität können krank machen. Trotzdem müssen viele Menschen ja damit leben. Wie ließe sich das ändern?

    Rosenbohm: Wir in der Europäischen Umweltagentur sagen dazu immer, es gibt drei Ansätze, um hier voranzukommen. Das eine ist Transport vermeiden, das zweite ist, das Transportsystem zu verändern, Infrastrukturverbesserung, und das dritte ist, die Transportsysteme an sich, also die Autos, die Schiffe, den öffentlichen Nahverkehr, die Züge, auch zu verbessern.

    Jeder kann selbst dazu beitragen, wie gesagt, im Bereich vermeiden, durch Umstieg auf öffentlichen Nahverkehr, Transport insgesamt zu vermeiden. Ich kann Beispiele geben, die wir auch gesehen haben, dass die Umweltzonen, die es ja auch in Berlin, aber auch in London, in Amsterdam gibt, tatsächlich dazu beitragen, Luftemissionen zu verringern. Aber insgesamt sind wirklich noch über 44 Prozent der europäischen Stadtbevölkerung von Luftverschmutzung betroffen.

    Kuhlmann: Hohe Benzin- und Dieselpreise haben ja bisher nicht dazu geführt, dass auf den Straßen weniger los ist, und die gerade angekündigten Preiserhöhungen für Bus und Bahn in Deutschland werden dazu auch nicht beitragen. Das ist anders, als man es sich vorgenommen hat hinsichtlich der Werte, die vermieden werden sollen oder die erreicht werden sollen.

    Rosenbohm: Ja das ist richtig. Da gibt es zum Teil Entwicklungen, die nicht den Umweltzielen hier entsprechen. Ökonomische Anreizsysteme sind ein Instrument, aber es ist auch wichtig, dass wir als Bürger auch an Vermeidungsstrategien mitarbeiten und dann die richtigen Signale setzen.

    Kuhlmann: Was könnte das sein?

    Rosenbohm: Ja, wie ich schon sagte: den Transport in sich zu vermeiden, auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel umzusteigen, Car Sharing zu nutzen, wirklich den Zug und den Bus zu benutzen. Es ist zum Beispiel auch ein wichtiger Trend in Europa, dass die Flugverkehrszahlen extrem zugenommen haben in den letzten zehn Jahren. Das ist der Sektor, der am meisten steigt. Das hat auch mit Preissignalen natürlich zu tun.

    Kuhlmann: Danke an Katja Rosenbohm von der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.