Archiv


Trennungslieder aus Ostfriesland

Ostfriesland kommt auf der Poplandkarte so gut wie gar nicht vor. Das kümmert den Songwriter Enno Bunger nicht. Seine Heimat beeinflusst ihn - auch musikalisch - bis heute. Bungers aktuelle Klub-Tour durch Deutschland ist zum Teil schon ausverkauft.

Von Sebastian Witte |
    Enno Bunger sitzt in einer Bäckerei irgendwo in Niedersachsen. Er trinkt Tee und isst Kuchen. Der Wahlhamburger ist seiner Heimat Ostfriesland bis heute verbunden; hier kam er als Jugendlicher in Kontakt mit Musikern.

    "Da gab’s musikalische Förderung. Ich hab da in allen Chören und Big Bands mitgespielt. Es war schon für mich gut, aber wenn man dann irgendwann 18 oder 19 wird, will man da halt auch mal raus."

    Als Kind lernt Enno Bunger das Klavier kennen. Damals spielt er viele klassische Werke, dann fing er an, sich selbst Pop-Songs beizubringen.

    "Ich hatte einen holländischen Klavierlehrer und ich wollte immer Michael Jackson spielen. Der hat mich damals angelogen und hat gesagt: 'In Holland kennt man den nicht!' Das musst du dir alles selber raushören!" So kam das, dass ich angefangen habe zu improvisieren."

    Enno Bunger wirkt kein bisschen extrovertiert, hat keine Allüren und erzählt gern kleine Geschichten, wie die über den Klavierlehrer. Zwei Alben hat er in den vergangenen drei Jahren rausgebracht. Er schreibt am Klavier deutschsprachige Songs, die oft von ihm selbst handeln. Sein aktuelles Album erzählt die Geschichte einer Trennung, so wie sie Enno Bunger erlebt hat.

    "Das Album heißt 'Wir sind vorbei'. Das handelt von dem Ende einer Beziehung. Ich hatte die Idee einen Kunstliederzyklus in die Popmusik zu bringen. Ich wollte das in der Popmusik versuchen, dass man da ein Thema hat und die verschiedenen Phasen der Trennung musikalisch durchführt."

    Die Klassik, die er als Kind kennengelernt hat, ist für ihn heute auch noch wichtig. Das Album "Wir sind vorbei" ist stark von Schuberts Winterreise beeinflusst, und bei manchen Akkordfolgen stolpert der 26-Jährige über Bach und Co.

    "Ich hab ja auch eine Organistenausbildung und hab früher viel Bach gespielt auf dem Klavier. Das hilft schon, wenn man sich mit den ganzen Komponisten beschäftigt hat."

    Die deutsche Sprache, so Enno, hilft ihm dabei, seine eigenen Geschichten präzise und mit emotionaler Tiefe zu erzählen.

    "Ich bin auf Englisch angefangen zu schreiben und hab irgendwann dann auf Deutsch geschrieben. Da hab ich gemerkt, dass es so für mich mehr Sinn macht, denn ich kann auf der Bühne direkt mit dem Publikum kommunizieren. Ich spiele auch gern mit Redewendungen. Das ist für mich zum Sport geworden. Mein Kopf rattert ständig so: Was kann man da noch verändern? Die deutsche Sprache hat da viel zu bieten!"

    Über 150 Solo- und Bandshows hat der Songwriter in den vergangenen eineinhalb Jahren gespielt. Immer mit dem Album "Wir sind vorbei". Jetzt ist er mit einer neuen Band auf Tour. Mit der will er die Trennungslieder noch einmal neu spielen. Die Dresdener Band 'Woods Of Birnam' begleitet Enno Bunger auf dieser Konzertreise. Die Gruppe besteht aus Mitgliedern von Polarkreis 18 und dem Schauspieler Christian Friedel. Vielleicht eine Zusammenarbeit mit Zukunft.

    "Wir kennen uns jetzt seit eineinhalb Jahren und verstehen uns menschlich sehr gut. Da lag das nahe, dass wir mal Musik machen. Da wird auch während der Tour jetzt noch einiges passieren. Wir legen das aber nicht krampfhaft fest, sondern schauen, was da noch entsteht."

    Fest steht aber, dass Enno schon für das Frühjahr 2014 ein Studio in Berlin gebucht hat, um neue Songs aufzunehmen. In denen soll es auch weniger um ihn selbst gehen.

    "Ich werde nicht aufhören, über mich zu schreiben. Ich glaube, dass ein Künstler auch leiden muss und das festhalten muss. Für mich wird das aber auch so ein Schutz-Mechanismus sein, wenn ich dann nicht mehr nur über mich selbst schreibe."

    Hin und wieder nimmt Enno vom Texten sogar richtig Abstand und spielt ein bisschen Klavier in Hotel-Bars.

    "Ich bin da mit 14 angefangen, in Hotels als Barpianist zu arbeiten. Das war so ein tolles Standbein. Ich mag das immer noch gern tun, aber hoffe, dass ich darauf nicht mehr angewiesen bin und nur noch meine eignen Sachen machen kann."

    Es sieht so aus, als könnte er das tun. Seine Tour durch deutsche Klubs ist zum Teil schon jetzt ausverkauft. Kurz bevor der Tee im Café kalt ist, versucht sich Enno Bunger dann noch an einem Ostfriesenwitz: Wie kommt ein Ostfriese in die Pop-Charts?

    "Der kriegt das auf jeden Fall nicht mit! Da gibt’s nämlich keine Charts!"