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Tricks und Tränen an der Tür

Kochtöpfe, Versicherungen oder Zeitungsabonnements - wer nicht standhaft bleibt, hat sich an der eigenen Haustür schnell Produkte aufschwatzen lassen, die er nicht braucht. Die Vertreter setzen dabei meist auf das Mitleid der potenziellen Kunden.

Von Peter Kolakowski |
    "Die Qualität ist nicht so gut. Ich hab Sachen bekommen, die ich bezahlen sollte, ich hab mich da ganz zurückgehalten, hab überhaupt nicht reagiert."

    "Weil immer eine Überrumpelung damit verbunden ist. Weil man den nicht kennt, man weiß nicht, wo kommt der her. Man kriegt keine Unterlagen. Man weiß nicht, ob das nicht alles eine krumme Sache ist."

    "Dass da oft Betrüger hinterstecken, dass man reingelegt wird, also fast jeder sollte ja heutzutage gewarnt sein."

    Nein! Ilse Psolka, Eva Lanz und Ilse Weidner kommen keine Vertreter mehr über die Schwelle. Eine negative Erfahrung habe den drei Damen gereicht. Auch Klaus Oberstelehn lässt keinen Haustürverkäufer mehr ins Haus. Kochtöpfe, Versicherungen, Matratzen oder Teppiche - er bleibt hart. Nur seine Lebenspartnerin, weiß er, sei mal an der Haustür schwach geworden. Alles klang ja so seriös. Auch der Name der Firma weckte Vertrauen.

    "Also, ein Werber im Auftrage der Telekom war bei meiner Partnerin und wollte ihr einen billigen Telefontarif, eine Flatrate anbieten. Und sie sagte, ich hab aber einen Vertrag mit einem anderen Provider, der besteht noch. Ja, das spielt keine Rolle, wir können den kündigen für Sie. Dann hat sie den Vertrag unterschrieben. Und ein paar Tage später wurde sie aber von dem anderen Provider angerufen: Das geht doch nicht. Sie haben doch einen Jahresvertrag bei uns. Und trotzdem kriegte sie zwei Mal hintereinander einen Brief von der Telekom, dann auf einmal auch mit Gebühren."
    Ins Gerede kommen auch immer wieder Anbieter von Bürsten oder Holzwaren, die angeblich im Auftrag von örtlichen Blindenwerkstätten aber immer überteuert verkauft werden. Die Masche mit dem Mitleid zieht immer noch, obwohl sich alle Werkstätten von solchen unseriösen Haustürverkäufen regelmäßig distanzieren.

    "Ja, es gibt einen Verlag, der verschickte an mich hand- und fußgemalte Bilder von Malern, die keine Hände mehr haben und mit den Füssen oder mit dem Mund malen, und da stand aber immer drauf: Es besteht keine Pflicht, es zu bezahlen, und ich weiß aber, dass trotzdem viele darauf reingefallen sind und das Geld überwiesen haben, und ich hab also auch gehört, dass diese Künstler mit einer ganz geringen Pauschale abgespeist werden, und der Verlag - der kassiert das Geld."

    Besonders beliebte Haustürprodukte sind nach wie vor Zeitschriften, Zeitungen und Bücher - weiß auch Hermann Reuter, unfreiwilliges Mitglied eines Buchklubs.

    "Nein, ich kauf grundsätzlich nichts. Warum? Weil ich in der Stadt hier die Möglichkeit habe, selbst was zu holen. Wenn ich Zeitungen brauche, geh ich zum Zeitschriften- oder Zeitungshändler. Wenn ich was anderes brauche, geh ich das im Geschäft reklamieren, da weiß ich, wo es herkommt."

    Die schlimmsten Geschichten habe sie erzählen müssen, um ein Abo loszuwerden, erinnert sich Petra Rehborn, die selbst mal als Haustürwerberin gearbeitet hatte. Denn der Druck der sogenannten Kolonnenführer auf die Zeitschriftendrücker war immens.

    "Diese Gruppenleiter, die uns da durch die Gegend fahren, also die scheinen da ganz gut betucht zu sein. Weil so ein Abonnement wohl ein einträgliches Geschäft ist, während wir ja nur die einmalige Provision bekommen für das Abonnement. Und da von morgens bis abends von einer Tür zur nächsten Tür irgendwelche Lügengeschichten erzählen, die auf die Tränendrüsen drücken normalerweise, so läuft es am besten: Vielleicht noch einen gefälschten Behindertenpass dabei, so Schwerbehinderung oder komme gerade aus dem Knast."

    Dabei gibt es auch ganz seriöse Haustürgeschäfte, zu denen übrigens auch Angebote aus dem Internet oder via TV gezählt werden. Seriöse Anbieter erkennt man unter anderem daran, dass dem potenziellen Käufer nicht auf Biegen und Brechen etwas aufgedrängt und der Kunde - ungefragt - über seine Rechte wie Reklamation oder Widerruf aufgeklärt wird.