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Trotz guter Konsumlaune
Einzelhandel wächst nur leicht

Umfragen zeigen: Die Kauflaune der Deutschen ist so gut wie selten zuvor. Davon merkt der deutsche Einzelhandel allerdings nicht wirklich viel, meint der Handelsverband Deutschland (HDE). Er erwartet für 2015 ein Wachstum von 1,5 Prozent - und auch die Aussicht auf die kommenden Jahre sind eher mau.

Von Vivien Leue | 14.04.2015
    Kunden flanieren im Einkaufszentrum MyZeil in Frankfurt, Hessen, Deutschland
    Kunden sind immer öfter dazu bereit, für höherwertige Produkte mehr Geld auszugeben. (Imago / Ralph Peters)
    Vier Prozent mehr Umsatz - das ist die erfreuliche Nachricht für die Monate Januar und Februar im Einzelhandel. Aber: So wird es wohl nicht bleiben, sagt HDE-Geschäftsführer Stefan Genth. "Der Einzelhandel erwartet in 2015 ein moderates Wachstum von 1,5 Prozent und bleibt damit hinter dem Jahr 2014 zurück."
    Preisbereinigt bleiben unterm Strich dann nur noch 1 Prozent Wachstum. Und: Der Einzelhandel erwartet diese - überschaubaren - Wachstumsraten auch für die kommenden Jahre.
    Die Gründe sind vielfältig. Zwar fördern die niedrigen Zinsen Investitionen, aber laut HDE geben die Verbraucher das Geld offenbar lieber für hochwertige Konsumgüter wie Fahrzeuge oder Immobilien aus, nicht für die Produkte des Einzelhandels. Nur gut ein Viertel des zur Verfügung stehenden Geldes gaben Haushalte letztes Jahr für Einzelhandels-Produkte aus. Der Anteil des Einzelhandelsumsatzes am privaten Konsum ist damit zwischen 2000 und 2014 um knapp sieben Prozentpunkte gesunken - auf jetzt 28 Prozent.
    "Das liegt vor allen Dingen daran, dass die Leute mehr Geld ausgeben müssen für das Wohnen, Stromkosten, aber Gesundheitskosten auch gestiegen sind, und natürlich konkurrierende Ausgaben für das Auto aber auch das Haus da sind. Man investiert in längerfristige Güter und davon profitiert natürlich der Handel dann nicht direkt."
    Diese Konsumstimmung - hin zu wertigen, längerlebigen Produkten - kann aber auch eine Chance für die Branche sein.
    "Wir sehen, dass die Kunden/Verbraucher immer mehr auch höherwertige Produkte einkaufen, das heißt, eine bewusstere Kaufentscheidung treffen, also Möbel/Einrichten, aber auch elektronische Erzeugnisse werden stärker hinterfragt: Wie viel Geld wofür man einsetzt. Aber auch im Lebensmittelbereich sind die Handelspremiummarkten stärker nachgefragt. Der Verbraucher gönnt sich mehr und kauft bewusster ein."
    Am besten aufgestellt sind die sogenannten Multi-Channel-Händler
    Der Handelsverband hat für eine aktuelle Frühjahrsumfrage rund 1.000 Händler befragt - aller Größen und Branchen. Dabei zeigt sich: Lebensmittel und Möbel laufen gut - Schuhe und Elektronikprodukte werden weniger gekauft.
    Insgesamt kann man sagen: Am besten aufgestellt sind die sogenannten Multi-Channel-Händler: Unternehmen, die ihre Produkte über mehrere Kanäle verkaufen. Sie profitieren davon, dass immer mehr Verbraucher ihre Einkäufe im Internet erledigen - sind aber trotzdem noch da, wenn die Verbraucher dann mal zum Bummeln in die Innenstadt gehen. Wobei laut HDE-Umfrage die Kundenfrequenz in den Läden stetig abnimmt.
    Auch der demografische Wandel spiegelt sich im Einzelhandel wider. Die Deutschen werden älter - und langfristig weniger. Schon mehr als jeder Vierte wird Berechnungen zufolge in 15 Jahren älter als 65 sein. Der Handel stellt sich schon jetzt auf die ältere Kundschaft ein:
    "Die ältere Kundschaft ist für den Handel interessant, sie hat in der Regel hohe Einkommensausstattung. Aber natürlich auch ganz andere Bedürfnisse. Das heißt, eine Kundschaft, die der Handel sehr gerne begrüßt. Wir bauen zum Beispiel generationenfreundliche Supermärkte und Einkaufsläden, die sowohl für die Mutter mit dem Kinderwagen geeignet sind als auch für den älteren Kunden, der auch mit 80 Jahren mit dem Rollator einkaufen gehen will. Da sind natürlich auch positive Impulse für den Handel mit verbunden."
    Insgesamt hofft der HDE, dass seine Mitgliedsunternehmen vom überdurchschnittlich starken Wachstum des Online-Handels profitieren können. Zwar sind bisher nur etwa ein Drittel der Einzelhändler auch im Internet vertreten, aber langfristig könnte der zusätzliche Verkauf über Plattformen wie Ebay oder Amazon den Umsatz dann doch über das moderate Plus von 1,5 Prozent hinaus steigern.