
Er hatte es im Wahlkampf immer wieder angekündigt: Sein Lieblingswort sei "tariffs", zu deutsch Zölle. Nun macht Donald Trump ernst. Der US-Präsident hat per Dekret Strafzölle auf Waren aus Mexiko, Kanada und China implementiert. Die Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten: Kanadas Premier Trudeau reagierte umgehend mit Gegenzöllen auf US-Produkte, auch Mexiko und China kündigten Gegenmaßnahmen an. An den Börsen fielen weltweit die Aktienkurse. Ein wachsender Handelskonflikt - da sind sich Wirtschaftsexperten einig - sollte jedoch unbedingt vermieden werden.
Nach Gesprächen mit Regierungen in Mexiko und Kanada, in denen diese versicherten, ihre Landesgrenzen mit den USA stärker zu sichern, hat Trump die Zölle für einen Monat ausgesetzt. Aber er unterschrieb ein Dekret für höhere Stahl- und Aluminiumimporte - was insbesondere Europa trifft.
Inhalt
- Wie rechtfertigt Trump die US-Zölle?
- Gegen welche Länder erhebt die USA Strafzölle?
- Welche Folgen hätten die US-Zölle für die betroffenen Länder?
- Wie wollen die betroffenen Länder auf die US-Zölle reagieren?
- Was wären die Folgen der Zölle für die US-Wirtschaft?
- Was würden US-Zölle für Deutschland bedeuten?
- Wie könnte die EU auf US-Zölle reagieren?
Wie rechtfertigt Trump die US-Zölle?
Donald Trumps Motto "America first" bedeutet, dass er die US-Wirtschaft unter allen Umständen "schützen" möchte. Dabei sind ihm alle Mittel recht, Protektionismus ist eines davon. Mit Verweis auf das bestehende Handelsbilanzdefizit der USA hatte er schon während seines Wahlkampfs mehrfach behauptet, die Vereinigten Staaten würden von ihren Handelspartnern ausgenutzt. Im Fall Europas meint er damit, dass die EU-Länder im gleichen Zeitraum Güter mit einem geringeren Wert aus den USA einführten, als sie in die USA lieferten.
Im Hinblick auf Kanada und Mexiko sprach Trump auf seiner Plattform Truth Social im November von „lächerlichen offenen Grenzen“, über die Einwanderer, Kriminalität und Drogen in die USA gelangten. Solange die beiden Nachbarländer diese Probleme nicht lösten, müssten sie einen hohen Preis zahlen. Auch aus China gelangten laut Trump Drogen wie Fentanyl in die Vereinigten Staaten.
Gegen welche Länder erhebt die USA Strafzölle?
Am ersten Februarwochenende haben die USA eine Reihe von Einfuhrzöllen auf Waren aus Kanada, Mexiko und China verhängt. Auf kanadische Produkte sollen 25 Prozent aufgeschlagen werden, außer bei Treibstoffen. Dort sollen es lediglich zehn Prozent sein. Auf sämtliche Produkte aus Mexiko werden 25 Prozent Zoll erhoben, während Importe aus China mit zehn Prozent belastet werden sollen.
Nach Verhandlungen mit dem kanadischen Premier Justin Trudeau und Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum hat Trump die Zölle vorerst für einen Monat ausgesetzt. Kanada und Mexiko hatten zugesichert, ihre Grenzen zu den USA stärker gegen illegale Grenzübertritte und Schmuggel zu sichern - Mexiko unter anderem mit 10.000 Soldaten, Kanada mit neuester Technologie und Hubschraubern.
Trump unterzeichnete am 10. Februar 2025 zwei Dekrete, mit denen die Ausnahmen und Befreiungen von seinen 2018 eingeführten Zöllen auf Stahl aufgehoben wurden. Ab 4. März sollen alle Stahlimporte mit einem Mindestsatz von 25 Prozent verzollt werden. Außerdem sollen die Zölle auf Aluminium von zehn auf 25 Prozent erhöht werden.
Welche Folgen hätten die US-Zölle für die betroffenen Länder?
Kanada ist von den USA besonders abhängig, denn der Nachbar im Süden ist für Kanada der wichtigste und größte Handelspartner. Waren und Dienstleistungen im Wert von knapp einer Billion Dollar werden zwischen den beiden nordamerikanischen Nachbarländern im Jahr umgeschlagen. Kanadische Firmen verkaufen eine Reihe von landwirtschaftlichen Produkten sowie vor allem Öl, Gas und Mineralien in die USA, die Automobilindustrie der beiden Länder ist eng verzahnt.
Mehr als 80 Prozent der mexikanischen Exporte gehen in die Vereinigten Staaten, das macht Mexiko zum wichtigsten Handelspartner der USA. In dem mittelamerikanischen Land hängen Tausende Unternehmen und Millionen von Jobs vom Handel mit den USA ab.
Auch für China bedeuten die neuen US-Zölle eine hohe wirtschaftliche Belastung. Obwohl die Volksrepublik ihren Handel seit Jahren immer breiter aufstellt, bleibt die USA ihr wichtigster Exportmarkt. Zahlreiche chinesische Unternehmen werden also unter den Zöllen ächzen.
Laut dem Branchenverband Wirtschaftsvereinigung Stahl sind die USA der wichtigste Absatzmarkt für die europäische Stahlindustrie. Aus der gesamten EU seien 2023 rund vier Millionen Tonnen in die USA exportiert worden. Allein aus Deutschland seien es jährlich rund eine Million Tonnen, zumeist Spezialstahl.
Wie wollen die betroffenen Länder auf die US-Zölle reagieren?
Der kanadische Premierminister Trudeau hatte nach Bekanntwerden des Dekrets von Trump sofort energische Gegenmaßnahmen in mehreren Stufen angekündigt, darunter Zölle auf US-Waren in Höhe von 25 Prozent. Er warnte vor einem Bruch zwischen den beiden Ländern und fügte hinzu, dass den Kanadiern in den kommenden Tagen und Wochen schwierige Zeiten bevorstünden. Die kanadische Außenministerin Mélanie Joly schrieb beim Kurznachrichtendienst X: "Diese Zölle sind mit nichts zu rechtfertigen, und die Kanadier sind sich angesichts dieser wirtschaftlichen Bedrohung einig: Kanada wird nicht nachgeben."
Die mexikanische Präsidentin Sheinbaum hatte erklärt, dass Mexiko ebenfalls Vergeltungsmaßnahmen ergreifen werde. Sie habe Wirtschaftsminister Marcelo Ebrard angewiesen, einen entsprechenden Plan umzusetzen, schrieb Sheinbaum auf X. Die mexikanische Präsidentin wies die Behauptung des Weißen Hauses zurück, ihre Regierung habe sich mit den Drogenkartellen verbündet. Mexiko und Kanada dachten auch über gemeinsame Gegenmaßnahmen nach.
Auch China kündigte kurz nach Inkrafttreten der US-Importzölle Gegenmaßnahmen an. Für Importe von Kohle und Flüssigerdgas aus den USA sollen ab dem 10. Februar Zölle in Höhe von 15 Prozent gelten. Bei Rohöl, landwirtschaftlichen Maschinen und bestimmten großmotorigen Fahrzeugen und Pickups sollen es zehn Prozent sein. Die Zollerhöhungen durch Washington verstießen gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO), hieß es in einer Mitteilung des Finanzministeriums in Peking.
China will deshalb auch eine Beschwerde bei der WTO einreichen. Zudem solle der US-Internetriese Google in China einer Überprüfung durch die Wettbewerbsaufsicht unterzogen werden. Außerdem werden US-Modekonzern PVH - Eigentümer unter anderem der Marken Tommy Hilfiger und Calvin Klein - und der Biotech-Konzern Illumina auf die Liste der "unzuverlässigen Unternehmen" gesetzt. Darüber hinaus führt Peking neue Ausfuhrkontrollen für begehrte seltene Erden und Stoffe wie Wolfram, Tellur, Wismut und Molybdän ein.
Trump hat entsprechend vorgesorgt: In seinem Dekret sind Erhöhungen der Zollsätze im Gleichschritt mit möglichen Gegenzöllen verankert, was den Handelskonflikt sofort verschärfen würde. Nun sollen zunächst die Gespräche mit Trudeau und Sheinbaum fortgesetzt werden.
Was wären die Folgen der Zölle für die US-Wirtschaft?
John Murphy, Vizepräsident der US-Handelskammer, bezeichnete die Einführung der Zölle als "beispiellos". Diese würden keine Probleme lösen, sondern lediglich "die Preise für amerikanische Familien erhöhen und Lieferketten auf den Kopf stellen".
Experten erwarten, dass die Vergeltungszölle, die auf Trumps radikalen Schritt folgen könnten, den jährlichen Handel der USA mit Kanada, Mexiko und China in Höhe von mehr als 2,1 Billionen Dollar beeinträchtigen könnten. Den Preis dafür bezahlen dann am Ende die Konsumenten in allen vier Ländern - durch höhere Lebenshaltungskosten, verzögerte Lieferungen usw.
Die US-amerikanische Autoindustrie, die abhängig ist von den kanadischen und mexikanischen Zulieferern, würde nach Ansicht von Experten innerhalb von kürzester Zeit zum Erliegen kommen. Autos würden direkt drei- bis siebentausend US-Dollar mehr kosten.
Nach Einschätzung der Finanzgesellschaft Capital Economics könnte die Inflationsrate wieder auf bis zu vier Prozent steigen, sollte die Trump-Administration alle ihre Zollpläne in die Realität umsetzen. Die Strafzölle auf Öl und Gas könnten Benzin in den USA um bis zu 20 Cent pro Liter verteuern. Zudem sei der Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen möglich.
Was würden US-Zölle für Deutschland bedeuten?
Ein eskalierender Handelskonflikt würde die Inflation in die Höhe treiben und das weltweite Wachstum lähmen. Deutschland wäre nicht erst davon betroffen, wenn die EU Strafzölle zahlen muss, sondern ist es schon jetzt: Audi, BMW, Volkswagen oder Siemens gehören zu den mehr als 2.000 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung, die in Mexiko ansässig sind. Die Mehrzahl von ihnen beliefert von Mexiko aus die USA, und ihre Produkte werden während der Herstellung bis zu acht Mal hin und zurück über die US-mexikanische Grenze geführt, beispielsweise Autos.
Laut Johannes Hauser, dem Präsidenten der Deutsch-Mexikanischen Industrie- und Handelskammer, verstoßen die neuen Zölle gegen das nordamerikanische Freihandelsabkommen. Sie seien "hochgradig irrational" und bedeuteten das Gegenteil von Inflationsbekämpfung.
Dazu kommen die sogenannten Umleitungseffekte: Waren, die es aufgrund der hohen Zölle nicht mehr in die USA schaffen, werden in andere Märkte umgeleitet. Das bedeutet, dass beispielsweise chinesische Produkte verstärkt den Weg nach Europa suchen und in Konkurrenz mit deutschen Produkten treten werden.
Der Wirtschaftswissenschaftler und Präsident des Münchner ifo-Instituts, Clemens Fuest, sieht durchaus ein "Problem" für die deutsche Stahlindustrie. Denn ohnehin befinde sich die hiesige Branche in einer "schwierigen Lage", etwa durch hohe Energiekosten. Zudem könnte es indirekte Wirkungen geben, wenn internationale Stahlhersteller aufgrund der US-Zölle stärker auf den europäischen Markt drängten. Zudem müsse man weitere US-Zölle für andere Branchen befürchten, so Fuest.
Wie könnte die EU auf US-Zölle reagieren?
Die Europäische Union hat Gegenmaßnahmen angekündigt. Die Reaktion der EU werde "entschlossen und verhältnismäßig" sein, so Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Was die EU konkret plant, ist bisher unklar. Denkbar ist, dass die EU ihrerseits Strafzölle auf US-Waren wieder einführt. Möglich wäre auch eine Klage bei der Welthandelsorganisation WTO. Das dürfte aber nicht viel helfen, denn die USA verhindern seit Jahren die Besetzung entscheidender Stellen bei der WTO.
Bevor sie in die Eskalation gingen, würden die EU-Länder laut Deutschlandradio-Korrespondent Peter Kapern zunächst auf Verhandlungen setzen, um Zölle abzuwenden. Ähnlich wie die anderen, bereits mit Trumps Zöllen konfrontierten Handelspartner der USA, hofft man offensichtlich auch in Brüssel, dass Trump mit seinen Manövern eher Verhandlungen und Deals erzwingen will als einen offenen Handelskrieg zu riskieren. Diskutiert wird darüber, dass EU die Zölle auf Autos und Agrarprodukte aus den USA absenkt - oder mehr Militärtechnik und Flüssiggas in den USA kauft.
Der Ökonom Clemens Fuest plädiert dafür, dass die EU-Staaten sich nicht auseinander dividieren lassen: "Man muss den USA zeigen, dass man sich wehren kann." Aber auch die "ausgestreckte Hand" werde gebraucht.
Die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier schaut angesichts des drohenden Handelskonflikts zwischen Europa und den USA nervös in die Zukunft. Aber sie sieht zugleich Möglichkeiten am Verhandlungstisch, wenn die Europäer gemeinsam ihre Interessen gegenüber der USA vertreten: „Denn nur so können wir ein einigermaßen starkes Gegengewicht sein.“ Mögliche negative Auswirkungen der Zölle auf die USA wie Inflation und wirtschaftspolitische Unsicherheit geben Malmendier "Hoffnung", dass der Konflikt noch abgewendet werden kann.
pj