US-Zölle
Stahl, Aluminium: Folgen und Hintergründe der neuen Zollaufschläge

Die von US-Präsident Trump beschlossene Erhöhung der Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte ist in Kraft getreten. Der Zollsatz verdoppelt sich von 25 auf 50 Prozent. Trump hatte bereits zuvor weitreichende Zölle verhängt. Was bedeuten die Maßnahmen?

    US-Präsident Donald Trump geht mit Arbeitern durch das Stahlwerk Mon Valley Works-Irvin von U.S. Steel
    US-Präsident Donald Trump will die heimische Stahlproduktion ankurbeln - er glaubt, dass weitere Zölle dabei helfen. Ökonomen sind skeptsch. (picture alliance / AP / Julia Demaree Nikhinson)
    Kevin Hassett, der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, hat die Verdoppelung bei den Stahl- und Aluminiumimporten auf einer Konferenz der Stahlindustrie in Washington erläutert. Ziel sei es, die US-Wirtschaft zu schützen, Arbeitsplätze zu schaffen. Hassett sagte, die bestehenden Zölle in Höhe von 25 Prozent, die seien schon eine große Hilfe gewesen.
    Stahl und Aluminium war der erste Sektor, der von Trumps Zolloffensive getroffen wurde. Der Aufschlag in Höhe von 25 Prozent trat Mitte März in Kraft.
    Nachdem man die Daten zu den Stahl- und Aluminium-Importen aber noch mal genauer studiert habe, habe man festgestellt, dass noch mehr Hilfe benötigt würde, sagte Hassett.
    Der US-Präsident begründet die noch höheren Zölle mit der nationalen Sicherheit. Die bisherigen Aufschläge hätten bereits Wirkung gezeigt, doch die Produktion in den USA sei "im Hinblick auf die Erfordernisse der nationalen Verteidigung" nicht ausreichend angekurbelt worden, heißt es in der Anordnung. Es gehe nun darum, "wirksamer gegen andere Länder vorzugehen, die weiterhin überschüssigen Stahl und Aluminium zu niedrigen Preisen in den Vereinigten Staaten abladen".
    Die Erhöhung gilt für alle Handelspartner der USA mit Ausnahme von Großbritannien. Das Land hat als einziger Staat bisher ein vorläufiges Handelsabkommen mit den USA abgeschlossen.

    Wie trifft die neue Zollerhöhung bei Stahl und Aluminium Deutschland?

    Direkt werden die Importe aus Deutschland in die USA teurer. Dieser Anteil ist aber vergleichsweise gering. Zur Einordnung: Im vergangenen Jahr hat Deutschland rund 37 Millionen Tonnen Rohstahl produziert und gut eine Million davon gingen in die USA. Dieser Stahl wird durch die Zölle in den USA nun teurer. Das könnte die Nachfrage drücken.
    Problematischer sind aber wohl die indirekten Effekte, die Umleitungseffekte. Denn es wird nun für Hersteller aus der ganzen Welt schwieriger, Stahl und Aluminium in den USA zu verkaufen. Das erhöht die Konkurrenz auch auf anderen Märkten, weil zum Beispiel Hersteller aus China oder Indien verstärkt auf den europäischen Markt drängen.
    Die deutsche Wirtschaftsvereinigung Stahl beklagte eine "neue Eskalationsstufe im transatlantischen Handelskonflikt" und forderte Unterstützung.

    Gegen welche Länder erheben die USA insgesamt Strafzölle?

    Seit dem 5. April erheben die USA für Importe pauschal Zölle in Höhe von zehn Prozent. Strategisch wichtige Waren wie Arzneimittel, Halbleiter und Holz bleiben grundsätzlich ausgenommen. Zudem wird seit dem 3. April auf alle Importautos ein Strafzoll von 25 Prozent erhoben, egal, wo sie auf der Welt produziert wurden. Für Autoeinzel- und Ersatzteile gilt die Strafmaßnahme seit dem 3. Mai.
    Zwar hatte die US-Regierung geplant, ab dem 9. April 2025 für zahlreiche Länder zusätzliche höhere Zölle einzuführen, doch diese wurden – mit Ausnahme von China – direkt nach Inkrafttreten für 90 Tage ausgesetzt. Stattdessen gilt weiterhin für nahezu alle Produkte der allgemeine Zollsatz von zehn Prozent für die meisten Länder, darunter die EU, also auch Deutschland.
    Mitte Mai verständigten sich Peking und Washington darauf, die gegenseitigen Zölle für zunächst 90 Tage stark zu reduzieren und zwar auf 30 Prozent. Die USA hatten hohe Zölle auf Importe aus China und anderen Ländern verhängt, Peking reagierte darauf mit Gegenzöllen. Im April wurden auf viele Lieferungen von China in die USA 145 Prozent Zoll fällig. Im Gegenzug erhob China in den meisten Fällen 125 Prozent Zoll. 
    Ende Mai 2025 hat die US-Regierung die Zölle auf Autos aus Mexiko gesenkt: Fahrzeuge werden mit etwa 15 Prozent statt zuvor 25 Prozent verzollt. Diese Änderung wurde von der mexikanischen Regierung bestätigt.
    Für Kanada gelten 25 Prozent US-Zölle auf Waren, die nicht den Regeln des Freihandelsabkommens United States-Mexico-Canada Agreement (USMCA) entsprechen und zehn Prozent auf aus Kanada importierte Energieprodukte, die keine USMCA-Präferenzen geltend machen können. Keine US-Zölle bestehen auf Waren aus Kanada und Mexiko, die USMCA-Präferenzen besitzen. Das USMCA ist das Nordamerika-Freihandelsabkommen, das die USA, Mexiko und Kanada während Trumps erster Präsidentschaft unterschrieben hatten. 
    Von den neuen Zöllen waren Kuba, Belarus, Nordkorea und Russland von Beginn an nicht betroffen. Das Weiße Haus erklärte dazu, dass diese Länder bereits mit Sanktionen belegt seien, die „jeden sinnvollen Handel ausschließen“.

    Wie rechtfertigt Trump die US-Zölle?

    Donald Trumps Motto „America first“ bedeutet, dass er die US-Wirtschaft unter allen Umständen „schützen“ möchte. Dabei sind ihm alle Mittel recht, Protektionismus ist eines davon.
    Mit Verweis auf das bestehende Handelsbilanzdefizit der USA hatte er schon während seines Wahlkampfs mehrfach behauptet, die Vereinigten Staaten würden von ihren Handelspartnern ausgenutzt. Dem widerspricht beispielsweise die EU-Kommission: Betrachte man nicht nur Waren, sondern auch Dienstleistungen, „so verzeichnet die EU gegenüber den USA einen geringen Überschuss von 48 Milliarden Euro, was gerade einmal drei Prozent des gesamten Handels zwischen den beiden Ländern entspricht“, heißt es in einer Pressemitteilung. Trump sieht es anders: Viel zu lange hätten andere Länder die USA als ihr Sparschwein missbraucht und bestohlen, sagte er.

    Was bedeuten die US-Zölle für die EU und Deutschland?

    Deutsche Unternehmen investieren aufgrund der US-Zollpolitik weniger in den USA. Das geht aus Daten der Bundesbank hervor, die das Institut der Deutschen Wirtschaft ausgewertet hat. Die Direktinvestitionen in die USA sind auf den niedrigsten Wert seit 1993 gesunken. Im Februar und März haben deutsche Unternehmen gut 260 Millionen in den USA investiert. Im Vorjahreszeitraum waren es mehr als 30 mal so viel.
    Ökonomen warnen vor den Konsequenzen für Europa und insbesondere Deutschland: Das Münchner Ifo-Institut prognostiziert, die Zölle könnten zu einem dauerhaften Rückgang des deutschen Bruttoinlandsproduktes um 0,3 Prozent führen. Einige Schlüsselbranchen wie Pharma, Auto und Maschinenbau dürften stärker betroffen sein. „Es trifft gerade Deutschland hart, weil wir eine sehr offene Volkswirtschaft sind und unsere Exportunternehmen in einer schwierigen Situation sind“, sagt Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.

    Redaktionell empfohlener externer Inhalt

    Mit Aktivierung des Schalters (Blau) werden externe Inhalte angezeigt und personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt. Deutschlandradio hat darauf keinen Einfluss. Näheres dazu lesen Sie in unserer Datenschutzerklärung. Sie können die Anzeige und die damit verbundene Datenübermittlung mit dem Schalter (Grau) jederzeit wieder deaktivieren.

    Beispielsweise dürften die Zölle auf Fahrzeugimporte Europa – und vor allem die deutsche Autoindustrie – stark belasten. Die USA sind ihr wichtigster Absatzmarkt, zeigen jüngste Zahlen des Statistischen Bundesamts. Fast jeder dritte Porsche und jeder sechste BMW wurden 2024 in Nordamerika verkauft, bei VW, Audi und Mercedes-Benz lag der Anteil jeweils bei zwölf bis 15 Prozent.
    Hinzu kommt, dass sich Strafzölle gegenüber anderen Ländern indirekt auch auf die deutsche Wirtschaft auswirken: Beispielsweise die Strafzölle gegenüber Mexiko. Hier sind mehr als 2.000 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung ansässig, darunter Audi, BMW, Volkswagen oder Siemens. Die Mehrzahl von ihnen beliefert von Mexiko aus die USA, und ihre Produkte werden während der Herstellung bis zu acht Mal hin und zurück über die US-mexikanische Grenze geführt.
    Außerdem werden durch die Zölle Handelsketten auf den Kopf gestellt. Wirtschaftswissenschaftler sprechen in dem Zusammenhang von Umleitungseffekten, die sich auch negativ auf Deutschland auswirken könnten: Waren, die es aufgrund der hohen Zölle nicht mehr in die USA schaffen, werden in andere Märkte umgeleitet. Das bedeutet, dass beispielsweise chinesische Produkte verstärkt den Weg nach Europa suchen und in Konkurrenz mit deutschen Produkten treten könnten.

    Wie kann die EU auf die US-Zölle reagieren?

    Die EU-Länder hatten sich als Reaktion auf Trumps Zollpaket darauf geeinigt, bestimmte US-Produkte mit Zöllen zwischen zehn und 25 Prozent zu belegen. Darunter sind Jeans, Motorräder, Mandeln und Reis. Zudem hatten die Kommission und die EU-Staaten an einer Liste weiterer EU-Zölle gearbeitet – darunter Stahl- und Aluminiumprodukte, Textil- und Lederwaren sowie Rindfleisch und Sojabohnen. Alle diese geplanten Zölle wurden bis zum 14. Juli ausgesetzt, um die Verhandlungschancen mit der US-Administration zu erhöhen. Man sei verhandlungsbereit, es blieben jedoch alle Optionen auf dem Tisch, äußerte sich Kommissionschefin von der Leyen auf X.
    Grundsätzlich hätte die EU noch weitere Möglichkeiten auf hohe US-Zölle zu reagieren. Möglich wäre, den Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen in der EU für US-Firmen einzuschränken oder sogar den Vertrieb bestimmter Produkte zu blockieren, zum Beispiel von digitalen Angeboten
    Eine weitere Möglichkeit wäre, gegen US-Digitalkonzerne wie Apple, Google und Meta vorzugehen, die in Deutschland und Europa keine Steuern zahlen sowie Regeln missbrauchen und umgehen. Die Instrumente dafür – etwa Wettbewerbsrecht, Regeln zum Datenschutz – seien alle da, betont Ökonom Marcel Fratzscher. Aber ein Vorgehen gegen die Digitalkonzerne erfordere auch politischen Mut.

    Welche Auswirkungen könnten die Zölle auf die US-Wirtschaft haben?

    Die USA werden selbst besonders stark unter den Zöllen leiden, sagt DIW-Präsident Marcel Fratzscher: „Dort rechnen wir mit einem starken Rückgang der Exporte. Die Preise werden deutlich steigen, die Wirtschaft wird sich deutlich abschwächen, viele Arbeitsplätze werden verloren gehen.“
    Doch dies sei nur der direkte Effekt der Zölle. Noch mehr Sorgen bereiten dem Ökonomen indirekte Auswirkungen durch die größere Unsicherheit. Für Unternehmen sei es schwierig zu investieren, sagt Fratzscher: „Handele ich überhaupt noch mit den USA? Was mache ich denn, wenn ich nicht weiß, was ein Präsident als nächstes entscheidet? Diese Unsicherheit ist Gift.“
    Ein Handelskrieg, bei dem immer wieder Zölle und Gegenzölle erhoben werden, werde die Wirtschaft stark belasten, prognostizieren auch Experten wie beispielsweise der Vizepräsident der US-Handelskammer John Murphy. Den Preis dafür bezahlen am Ende die Konsumenten in allen Ländern.
    US-Präsident Donald Trump hofft jedoch, schon allein durch die Zölle auf Autos Mehreinnahmen in Milliardenhöhe zu generieren und die heimische Automobilindustrie wieder groß zu machen. Denn um die Zölle zu umgehen, würden die Autobauer künftig komplett in den USA produzieren, glaubt Trump.
    Marcel Fratzscher vermutet allerdings, dass angesichts der Unberechenbarkeit des US-Präsidenten nur wenige ausländische Unternehmen ihre Produktion in die USA verlagern werden. Er geht davon aus, dass Unternehmen stattdessen einen großen Bogen um das Land machen und woanders investieren werden. Hart treffen werde all das vor allem Menschen mit wenig Einkommen in strukturschwächeren Regionen der USA – und damit viele Wählerinnen und Wähler von Trump, so Fratzscher.

    kau, pj, jk, lkn, jfr, dpa, rtr, aha, afp