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Türkei-Politik der Bundesregierung
"Wir müssen weiter Geduld haben"

Im Umgang mit der Türkei rät der ehemalige Diplomat Jürgen Chrobog der Bundesregierung zu Gelassenheit. Es sei zwar nicht hinnehmbar, dass Kanzlerin und Regierung ununterbrochen beleidigt werden, aber man sollte in der Reaktion nicht überziehen, sagte Chrobog im Dlf. "Wir haben ein wichtiges Interesse an einer Sicherheitskooperation mit der Türkei".

Jürgen Chrobog im Gespräch mit Kathrin Hondl | 27.08.2017
    Portrait von Jürgen Chrobog, ehemaliger Diplomat, aufgenommen während einer ARD-Talksendung
    Jürgen Chrobog, ehemaliger Diplomat (dpa/Karlheinz Schindler)
    "Wir haben ein wichtiges Interesse an einer Sicherheitskooperation mit der Türkei", sagte Chrobog im Dlf. Das habe auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière betont. Das alles aufzugeben sei weder im Interesse der türkischen Bevölkerung noch in unserem eigenen Interesse, ergänzte Chrobog.
    "Wir müssten schon sehr deutlich machen, dass Erdogan überzieht, dass wir das nicht hinnehmen werden und uns in der Europäischen Union um Solidarität bemühen. Wir brauchen unsere europäischen Partner, die auch deutlich machen müssen, dass dies nicht hinnehmbar ist".
    "Wir müssen weiter reden"
    Im Konflikt um die in der Türkei inhaftierten Deutschen, hat sich SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz zuletzt dafür ausgesprochen, dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein Ultimatum zu stellen. Chrobog äußerte sich zu der Stellungnahme des Kanzlerkandidaten skeptisch: Rote Linien und Ultimaten seien immer nur ein Zeitmoment. "Wenn sie dann verstreichen, welche Machtmittel hat man dann?"
    Natürlich sei die Fortführung der Zollunion sehr wichtig für die Türkei, aber er glaube nicht, dass Erdogan sich deswegen unter Druck setzen lassen werde. "Wir müssen Geduld haben, wir müssen weiter reden und vor allen Dingen alles tun, was der Zivilgesellschaft in der Türkei hilft und nicht Dinge tun, die zwar die Regierung treffen aber auch die Menschen".