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Tunnel oder Brücke

18 Kilometer ist der Fehmarnbelt breit. Vor ziemlich genau drei Jahren haben die deutsche und die dänische Regierung deshalb auch beschlossen, gemeinsam eine Brücke über die Wasserstraße zu bauen. Aus Kostengründen sollte eine Brücke die Südküste von Lolland und Fehmarn in der westlichen Ostsee miteinander verbinden. Nun hat die dänische Projektgesellschaft das Fass neu aufgemacht: ein Tunnel müsse nicht teurer sein und insofern seien alle Alternativen noch möglich.

Von Matthias Günther | 01.07.2010
    Mit allen juristischen Mitteln wollen Naturschützer das Vorhaben verhindern. Das hat Malte Siegert vom Aktionsbündnis gegen den Bau einer festen Beltquerung den Vertretern der dänischen Projektplanungsgesellschaft Femern AS deutlich gemacht. Vor allem eine Brücke wollen sie nicht akzeptieren:

    "Wenn es sich denn nicht verhindern lässt, dann kann es nur um einen gebohrten Tunnel unter dem Fehmarnbelt gehen. Der hat nachweislich die wenigsten ökologischen Auswirkungen und dann ist er, wenn überhaupt, die einzig verträgliche Lösung."
    Ein Tunnel galt bisher als zu teuer. Man rechnete mit Kosten von fünfeinhalb Milliarden Euro. Eine Brücke sollte nach bisheriger Schätzung für viereinhalb Milliarden Euro zu haben sein. Einem Tunnel wurden deshalb lange kaum Chancen eingeräumt. Doch das hat sich offenbar geändert. Inga Karten, Sprecherin von Femern AS:

    "Es gibt jetzt erste Zwischenergebnisse unseres Beraterteams, was die Tunnellösung untersucht, die darauf hindeuten, dass ein Tunnel möglicherweise kostengünstiger ist, als wir das bisher gedacht haben."

    Doch nach dem Staatsvertrag zwischen Deutschland und Dänemark wird eine Brücke favorisiert. Ein Problem stellen die Brückenpfeiler in der 10 Kilometer breiten Meerenge dar, die den für die Ostsee wichtigen Wasseraustausch mit der Nordsee behindern könnten. Susanne Koss von Femern AS, die die Umweltauswirkungen des Projekts untersucht, teilte mit, dass für die Pfeiler anhand eines großen Modells in einem Wasserbecken eine Lösung erarbeitet werde:

    "Sie werden strömungstechnisch optimiert, um das Wasser bestmöglich um die Pfeiler herumzuführen, um den Wasseraustausch geringstmöglich zu beeinträchtigen."

    Auswirkungen des 60 Meter hohen Bauwerks auf den Vogelzug, auf die Fische und auf die Schweinswale im Fehmarnbelt müssen noch weiter untersucht werden. Parallel dazu prüft Femern AS die Tunnel-Variante. Dabei steht allerdings nicht ein gebohrter Tunnel, sondern ein eingegrabener Tunnel im Vordergrund, der ein Natura 2000-Gebiet durchschneiden würde. Malte Siegert vom Aktionsbündnis kritisierte das:

    "Dass im Prinzip erstmal eine 40 Meter breite Rinne etwa 30 Meter tief ausgeschachtet werden muss, und das erhebliche Sedimente freisetzt, die natürlich die gesamte Lübecker Bucht nachher braun färben, das ist nicht gut für den Tourismus und das ist letztendlich auch nicht gut für die Meeresökologie."

    Susanne Koss von Femern AS wies daraufhin, dass auch ein gebohrter Tunnel die Umwelt beeinträchtige. So falle wesentlich mehr Aushub-Material an als bei dem eingegrabenen Tunnel:

    "Das Problem dieses Aushub-Materials besteht vor allem darin, dass Bentonit beim Bohren eingesetzt werden muss, was dieses Material verunreinigt, es ist stark verflüssigtes Material, und es muss in jedem Fall als Abfall entsorgt werden."

    Ob Brücke, gegrabener oder gebohrter Tunnel – eine Entscheidung wollen die Dänen, die das Projekt allein finanzieren, Ende des Jahres treffen. Möglicherweise können sie aber nicht allein entscheiden. Malte Siegert vom Aktionsbündnis hofft, dass die Internationale Seeschifffahrts-Organisation IMO die Gefährdung Schifffahrt durch die Brückenpfeiler nicht hinnehmen wird. Schließlich passieren jährlich 66.000 Schiffe, darunter viele russische Einhüllen-Tanker, den Fehmarnbelt:

    "Ich glaube nicht, dass die das hinkriegen, das so zu bauen, dass es keine Gefährdung gibt. Eine Kollision – und im gesamten Fehmarnbelt geht das Licht aus. Und wir haben gesehen jetzt in den USA, wozu solche Katastrophen führen können, und von daher glaube ich, wird ein Tunnel wahrscheinlicher."

    Auch Femern AS teilte mit: wenn die IMO keine Brücke akzeptiere, dann werde es einen Tunnel geben.