Donnerstag, 16. Mai 2024

TuS Makkabi Berlin im DFB-Pokal
Warum es um mehr als ein Fußballspiel geht

Das hat es in der deutschen Fußballgeschichte noch nicht gegeben: Ein jüdischer Verein spielt in der Hauptrunde des DFB-Pokals. Zum ersten Mal in der Geschichte hat sich TuS Makkabi Berlin qualifiziert.

Von Andrea Schültke | 11.08.2023
    Fussball, Herren, Saison 2022/2023, COSY-WASCH Landespokal Berlin Finale im Mommsenstadion, TuS Makkabi Berlin SV Sparta Lichtenberg 3:1 n.V., Makkabi bei den Fans, Jubel nach dem Abpfiff, 03.06. 2023, *** Football, men, season 2022 2023, COSY WASCH Landespokal Berlin final at Mommsenstadion, TuS Maccabi Berlin SV Sparta Lichtenberg 3 1 n V , Maccabi with the fans, cheering after the final whistle, 03 06 2023, Copyright: xMatthiasxKochx
    Die Spieler vom TuS Makkabi Berlin feiern den gewonnenen Berliner Landespokal im Mommsenstadion. (IMAGO / Matthias Koch / IMAGO / Matthias Koch)
    Welche Bedeutung hat das Spiel?
    Welchen Hintergrund haben die Makkabi-Sportvereine?
    Warum heißen sie Makkabi? Was bedeutet das?
    Welche Geschichte haben Makkabi-Sportvereine in Deutschland?
    Welche Auswirkungen hat der Antisemitismus in Deutschland auf die Makkabi-Verein?
    Wofür steht das Pokalspiel bei Makkabi?

    Welche Bedeutung hat das Spiel?

    Der Oberliga-Verein TuS Makkabi Berlin hat sich den Berliner Landespokal gesichert und damit die Qualifikation für die Hauptrunde des DFB-Pokals. Es ist der größte Erfolg in der mehr als 100-jährigen Vereinsgeschichte. Das hat Makkabi Berlin über Deutschland hinaus bekannt gemacht. In der ersten Mannschaft spielen Fußballer aus 17 Nationen, Hindus, Muslime und Christen. Die wenigsten Spieler sind jüdisch.
    Gleich in der ersten Runde trifft Makkabi Berlin auf den Bundesligisten VfL Wolfsburg.
    Ein Spiel mit großer Bedeutung, nicht nur, weil hier Amateure gegen Profis antreten. Mit dem Einzug in die Pokal-Hauptrunde habe Makkabi Berlin „eine Welle des Stolzes in der jüdischen Gemeinschaft in ganz Deutschland ausgelöst“, schreibt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.
    Das macht deutlich: Es geht zwar um Sport, aber dieses Fußballspiel ist viel mehr als das.

    Welchen Hintergrund haben die Makkabi-Sportvereine?

    Die ersten jüdischen Sportvereine auf der Welt entstehen vor mehr als 100 Jahren.
    Auch, weil „die Juden aus nicht jüdischen Vereinen immer wieder ausgeschlossen wurden. Und dann gab es die Idee, dass es irgendwann aber einmal einen jüdischen Staat geben solle und alle Juden dorthin wandern werden und diesen auch mit ihren Händen aufbauen sollen, aber eben nicht diese Kraft besitzen, wenn sie sich nicht sportlich betätigen würden."
    So Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland aus Anlass des 100-jährigen Bestehens des Weltverbandes im August 2021.

    Warum heißen sie Makkabi? Was bedeutet das?

    Der Name Makkabi geht auf eine Priesterfamilie vor Christus zurück. Diese hatte sich im Kampf gegen Tyrannen für die Wahrung der jüdischen Religion und Tradition eingesetzt.
    David Borenstein, Teammanager der Fußballer von TuS Makkabi, bezieht das auch auf den Sport:
    „Makkabi an sich kommt ja vom Namen Makkabäer oder aus der Bibel: Die Leute, die damals Jerusalem oder den zweiten Tempel verteidigt haben. Und ich glaube diese Idee, dass man kämpft, auch wenn man in Unterzahl ist oder nicht die beste Mannschaft am Platz, die ist halt bei uns tief verwurzelt.“

    Welche Geschichte haben Makkabi-Sportvereine in Deutschland?

    Auf die Ausgrenzung und den Ausschluss jüdischer Sportler aus nicht-jüdischen Vereinen geht auch Josef Schuster ein, und schreibt anlässlich des Pokalspiels zwischen Makkabi Berlin und dem VfL Wolfsburg:
    Die Makkabi-Vereine „sind heute ein Hort jüdischer Werte wie Offenheit und Gemeinschaft“. Makkabi, der „Jüdische Turn- und Sportverband in Deutschland e.V.“, wurde 1965 gegründet und ist als Dachverband Mitglied im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).
    In 37 Makkabi-Ortsvereinen sind knapp 5200 Mitglieder organisiert. Weit mehr als die Hälfte der Vereine haben auch eine Fußballabteilung. Wie der TuS Makkabi Berlin, nach eigenen Angaben einer der größten Makkabi-Vereine in Deutschland.

    Welche Auswirkungen hat der Antisemitismus in Deutschland auf die Makkabi-Verein?

    Immer wieder kommt es zu antisemitischen Äußerungen, Beleidigungen und Angriffen gegen Sportlerinnen und Sportler von Makkabi-Vereinen. Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland leitet auch den Frankfurter Makkabi-Verein und schilderte 2018 im Deutschlandfunk-Sportgespräch wie die Anfeindungen konkret aussehen:
     „Wir sprechen von einem Fußballspiel einer Amateurmannschaft in Frankfurt in einer guten Gegend, wo drei, vier, fünf, sechs, acht Spieler muslimisch-arabischen Hintergrunds sind, beim Gegner. Dann sehen sie, eine jüdische Mannschaft kommt, mit einem Davidstern auf der Brust. Nehmen uns auch prinzipiell erstmal in die Generalhaftung des einzig jüdischen Staates der Welt, Israels. In dem Moment, wo es im Nahen Osten ohnehin eskaliert, dann ist es doppelt so schlimm in den Fußballstadien Frankfurts“.
    Liege die gegnerische Mannschaft dann möglicherweise auch noch zurück, oder der Schiedsrichter fälle eine strittige Entscheidung:
    „Dann wird das gleich auf die jüdische Herkunft des Schiedsrichters oder der Mannschaft bezogen. Und dann werden wir aufs übelste beleidigt und judenfeindlich attackiert.“
    Zuletzt hatte der Berliner Fußballverband einen Vereinschef nach antisemitischen Äußerungen für zwei Jahre gesperrt.

    Wofür steht das Pokalspiel bei Makkabi?

    Das macht Zentralratspräsident Josef Schuster, in seinem Statement deutlich. Für ihn wird das Spiel „zu einer Sehnsucht. In ihm steckt der Wunsch, dass gar nichts daran historisch ist. 90 Minuten (oder länger) geht es darum, wer im fairen, sportlichen Wettstreit am Ende den Sieg davonträgt – um nichts weiter. Diese Momente versprühen eine Magie, die ich mir häufiger auch im Alltag unserer Gesellschaft wünschen würde.“
    Für Alon Meyer von Makkabi Deutschland ist der Erfolg von Makkabi Berlin auch ein Erfolg „unserer jüdischen Sportbewegung hier in Deutschland, aber auch weit über die Grenzen des Sportes und des Landes hinweg“.
    Der Tus Makkabi selbst hat den Einzug in die Hauptrunde als „Meilenstein in der Vereinsgeschichte“ bezeichnet:
    „Dieser Erfolg wird für immer in den Annalen des TuS Makkabi verewigt bleiben und als Inspiration für kommende Makkabäer dienen.