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TV-Duell der US-Präsidentschaftskandidaten
Trump mit aggressiven Drohgebärden

Aggressiv und bedrohlich gab sich Donald Trump im zweiten TV-Duell mit Hillary Clinton. Die bewahrte Haltung - trotz Beleidigungen und haltloser Anschuldigungen - und gewann damit die Gunst der Zuschauer.

Von Thilo Kößler | 10.10.2016
    Donald Trump und Hillary Clinton bei ihrem zweiten TV-Duell
    Clinton musste sich im TV-Duell gegen viele haltlose Unterstellungen wehren (dpa/picture-alliance/Jim Lo Scalzo)
    Sie gaben sich nicht die Hand, sie sahen sich nicht in die Augen – vom ersten Moment an war dieses TV-Duell geprägt von einer aggressiven Grundstimmung: 90 Minuten lang vergaben sich die Kontrahenten nichts. Donald Trump griff zu dem Mittel, das ihm immer wieder den Kopf gerettet hat in diesem Wahlkampf: Er ging aus der Defensive in den Angriff über – mit wütender Miene, nervös umherlaufend wie ein Tiger im Käfig, mit deutlichen Drohgebärden.
    Donald Trump kämpfte nach Bekanntwerden des Skandalvideos am vergangenen Freitag um sein politisches Überleben. Seine abfällig sexistischen Äußerungen bedauerte er zwar, versuchte aber, sie als männliches Gerede in der Umkleidekabine herunterzuspielen und zu verharmlosen.
    Ton der Einschüchterung und Bedrohung
    Donald Trump hatte kurz vor dem Duell den Versuch unternommen, von seinem Fehlverhalten abzulenken. Dabei hatte er die Chuzpe besessen, drei Frauen zu einer Pressekonferenz einzuladen, die angeblich von Hillarys Ehemann und Ex-Präsident Bill Clinton vor Jahrzehnten vergewaltigt oder sexuell belästigt worden sein sollen. Tatsächlich hat es niemals ein Verfahren gegen Bill Clinton gegeben. Damit hatte Donald Trump einen Ton der Einschüchterung und Bedrohung eingeschlagen, der die Atmosphäre in der gesamten Debatte prägte.
    Hillary Clinton versuchte, Haltung zu bewahren - sie interpretierte Trumps Fehlverhalten als Teil eines Persönlichkeitsbildes, das unter Beweis stelle, dass Donald Trump nicht für das Amt des amerikanischen Präsidenten geeignet sei. Sie haben gezeigt, wer sie wirklich sind, sagte Clinton.
    Clinton wehrt sich gegen Unterstellungen und unwahre Behauptungen
    Trump präsentierte sich nicht nur aggressiv, sondern auch sehr viel besser vorbereitet als beim ersten Fernsehduell. Er stellte Hilary Clinton als Totalversagerin in all ihren politischen Ämtern dar und bezichtigte sie, als Vertreterin einer verhassten politischen Elite nicht nur unfähig, sondern auch untätig und ineffizient gewesen zu sein.
    Erneut ging er sie wegen ihrer E-Mail-Affäre an. Hillary Clinton hatte in ihrer Zeit als amerikanische Außenministerin einen privaten E-Mail-Server benutzt und war dadurch zwar in die Kritik geraten, jedoch niemals juristisch belangt worden. Clinton gestand erneut ein, damals einen Fehler gemacht zu haben.
    Clinton verwahrte sich aber gegen viele haltlose Unterstellungen und unwahre Behauptungen Trumps, wie sie sie sagte. Als sie ihrer Genugtuung darüber Ausdruck gab, dass Donald Trump nicht über Recht und Gesetz in diesem Land befinden könne, keilte Trump zurück: Weil Sie andernfalls im Gefängnis säßen.
    Clinton gewinnt in erster Zuschauer-Umfrage
    Trump gelang es, Hillary Clinton an mehreren Punkten in die Defensive zu zwingen – etwa, als er die Schwächen des Gesundheitssystems Obamacare aufzählte und versprach, es sofort einzustampfen. Oder als er die Syrienpolitik Obamas für völlig gescheitert erklärte.
    Interessant war dabei, dass Trump auch nicht davor zurückschreckte, seinem eigenen Vizepräsidentschafts-Kandidaten Mike Pence in den Rücken zu fallen - der hatte in dem Duell mit Tim Kaine noch Luftangriffe gegen syrische Ziele gefordert. Anders Donald Trump: Er verteidigte Assad, Putin und den Iran. Sie unternähmen wenigstens etwas gegen den IS.
    In einer Blitzumfrage ermittelte der Sender CNN die ersten Einschätzungen der Zuschauer - demnach gewann Hillary Clinton diese Debatte mit 57 zu 34 Prozent. Donald Trump mag sich innerhalb seiner Partei das politische Überleben gesichert haben - denn er ist nicht in demselben Maße eingebrochen wie bei dem ersten TV-Duell. Es dürfte ihm aber weder gelungen sein, den Schaden des Skandalvideos abgewendet zu haben, noch zusätzliche Wähler über seine Stammwählerschaft hinaus zu mobilisieren.