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TV-Duell in Österreich
Präsidentschaftskandidaten blamieren sich

Die Österreicher entscheiden in einer Woche per Stichwahl über ihren künftigen Bundespräsidenten. Die beiden Kandidaten wollten sich vorher in einem TV-Duell beweisen. Das aber geriet zur Schlammschlacht. Einen Gewinner gab es am Ende nicht - und auch das Amt, um das es beiden geht, hat nach Ansicht von Experten Schaden genommen.

Von Ralf Borchard | 16.05.2016
    Die Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten in Österreich, Norbert Hofer (rechts) und Alexander Van der Bellen, während des TV-Duells.
    Die Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten in Österreich, Norbert Hofer (rechts) und Alexander Van der Bellen, während des TV-Duells. (picture alliance /EPA / Lisi Niesner)
    Was der private Fernsehsender ATV so ankündigte, klang zunächst nach einem interessanten Experiment. Die beiden Kandidaten für die Stichwahl zum Bundespräsidenten treten 45 Minuten gegeneinander an, ohne Moderator, ohne jede inhaltliche Vorgabe. Doch was dann an einem schlichten Tisch mit zwei Stühlen herauskam, klang so:
    Hofer: "Also mir den Vogel zu zeigen …"
    Van der Bellen: "Hab ich nicht!"
    Hofer: "Oder so zu wischen - das ist wirklich unwürdig."
    Van der Bellen: "Okay. Darf ich …"
    Hofer: "Ein bisschen weniger aggressiv bitte!"
    Van der Bellen: "Ein bisschen weniger aggressiv."
    Hofer: "Nachplappern ist auch interessant, das können Sie auch gut."
    Van der Bellen: "Gut."
    Keine inhaltliche Diskussion
    Vogel zeigen, unwürdig, nachplappern - auf diesem Niveau bewegte sich das Duell über weiter Strecken. Inhaltlich nichts Neues, der 72-jährige Alexander Van der Bellen, früher Parteichef der Grünen, warnte erneut vor einer von der FPÖ dominierten "blauen Republik". Der 45-jährige Norbert Hofer sagte erneut, Van der Bellen habe nur die "Schickeria" hinter er sich, er selbst aber die "normalen Menschen". Und Hofer bezichtigte Van der Bellen der Lüge, weil er offiziell als Unabhängiger antritt, aber von den Grünen unterstützt wird:
    Hofer: "Ich hab' meine Kandidatur nicht mit einer Lüge begonnen wie Sie."
    Van der Bellen: "Ah, jetzt bin ich ein Lügner …"
    Hofer: "Klar war das eine Lüge. Sie haben nämlich gesagt, Sie sind ein unabhängiger Kandidat."
    Van der Bellen: "Sie sind es mir nicht wert …"
    Hofer: "Das ist eine Lüge. Denn Sie sind nicht unabhängig."
    So blieb die Debatte bis zum Schluss. Es wurde und wurde nicht besser:
    Hofer: "Sie sind immer so untergriffig, Herr Van der Bellen …"
    Van der Bellen: "Ich bin untergriffig? Das ist rührend."
    Hofer: "Na sicher. Oberlehrerhaft."
    Van der Bellen: Rührend ist das, Herr Hofer, jeder, der diese Sendung mitverfolgt hat, wird sich sein Bild…"
    Hofer: "Das hoffe ich."
    Van der Bellen: "… wird sich Ihr Bild machen. Das hoffe ich sehr."
    Stichwahl am Sonntag
    Das Urteil der meisten Kommentatoren in Österreich: vernichtend. Von verbalem "Schlamm-Catchen" ist auch in sozialen Netzwerken im Internet die Rede. Der Politikberater Thomas Hofer sagt, die Kandidaten hätten das Amt, das sie anstreben, beschädigt:
    "Beide blamiert, Amt beschädigt, denn ich war schon überrascht, dass beide es absolut nicht verstanden haben, aus diesem Kleinklein, aus diesem Hickhack herauszukommen. Da waren Beleidigungen dabei, Beschimpfungen dabei, man hat einfach das Niveau nicht halten können. Also, da geht es um das höchste Amt im Staat."
    In Österreich steht eine Woche der Weichenstellungen bevor. Morgen am Dienstag wird der designierte künftige SPÖ-Parteichef, Christian Kern als neuer Bundeskanzler vereidigt. Am Donnerstag treten die Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen zum abschließenden Fernsehduell an, im öffentlich-rechtlichen ORF, mit Moderatorin.
    Kommenden Sonntag dann die Präsidenten-Stichwahl. Danach steht fest, ob erstmals in der Geschichte ein Politiker der rechten FPÖ in die Hofburg einzieht, oder – auch das wäre ein Novum - ein früherer Parteichef der Grünen.