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U-Bahn-Bibliotheken in Madrid
Bücher statt Smartphone

Spanier gelten als Lesemuffel. Um dem entgegenzuwirken, gibt es in den U-Bahn-Stationen der Stadt Madrid kleine Bibliotheken. Wer täglich mit der Metro unterwegs ist, kann sich Bücher für die Fahrt leihen - und das sogar kostenlos.

Von Bianca von der Au | 23.11.2016
    Eine Mini-Bibliothek in einer U-Bahn-Station der Stadt Madrid.
    Mit der Metro-Bibliothek will die Stadt Madrid die Lesebegeisterung der Kunden steigern. (dpa/ picture-alliance / Simone Herz)
    In Madrid und Umgebung leben etwa sechs Millionen Einwohner, täglich pendeln tausende von ihnen in die Innenstadt zur Arbeit und verbringen somit viel Zeit in U-Bahn oder Zügen.
    "In Umfragen, die wir gemacht haben, sagten uns die Madrilenen, ein Grund, warum sie nicht lesen ist, dass ihnen die Zeit fehle. Und darum nutzen sie auch nicht das Angebot von Bibliotheken. Und darum haben wir kleine Bibliotheken in Metrostationen untergebracht", sagt Carmen Vigata, verantwortlich für das Projekt Bibliometro in der Kommunalverwaltung von Madrid.
    Idee stammt aus Südamerika
    2005 war das als die futuristisch anmutenden Module, die, nicht größer sind als ein Kiosk, Einzug erhielten im Madrider Untergrund. Die Idee stammt aus Chile, verrät Carmen Vigata. Aber auch in anderen südamerikanischen Ländern ist das Konzept bekannt, wie dieser Fahrgast erzählt.
    "Nein, eine Bibliothek in der Metrostation ist überhaupt nicht seltsam. Da wo ich herkomme gibt es das auch. In Bógota, Kolumbien."
    In Madrid kann das Angebot jeder Metrofahrer nutzen – kostenlos! Gegen Vorzeigen des Passes gibt’s einen Bibliometro-Ausweis.
    "Der Nutzer von Bibliometro kann sich z.B. in der Metrostation Canal ein Buch ausleihen und es nach zwei Wochen an der Station Nuevos Ministerios wieder abgeben oder wo auch immer er möchte."
    Zwölf Mini-Bibliotheken über die Stadt verteilt
    Im Hintergrund arbeiten Mitarbeiter, die die Bücher wieder an den Ausgangs-Ort liefern, sodass jede der zwölf Mini-Bibliotheken alle Titel vorrätig hat, es sei denn sie sind gerade verliehen. So wie "Cinco Esquinas", der neue Roman von Mario Vargas Llosa, den diese Metro-Fahrerin lesen möchte.
    "Das ist doch eine geniale Idee! Für Leute, die viel in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind. Da ist Lesen doch die beste Beschäftigung."
    1.600 unterschiedliche Titel sind im Angebot, zum größten Teil Romane. Darunter auch Neuheiten. Der Service wird gut angenommen, sagt die verantwortliche Koordinatorin von Bibliometro. In der Region Madrid werde mehr gelesen als im nationalen Durchschnitt. Doch ist das Angebot nicht allen Metro-Nutzern bekannt.
    "Keine Ahnung, was das ist. Ah, eine Bibliometro, ich bin nicht aus Madrid, von daher kannte ich das nicht."
    Smartphone ist größter Konkurrent
    Laut Carmen Vigata nutzen das Angebot mehr als 100.000 Menschen. Größte Konkurrenz, wenn man sich in den vollen Metro-Zügen von Madrid umschaut ist allerdings das Smartphone.