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Uhl: Glaubwürdigkeit der Telekom ist erheblich tangiert

Nach Bekanntwerden der Bespitzelungsaffäre bei der Deutschen Telekom sieht der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Hans-Peter Uhl, keine Versäumnisse beim Staat. Die gesetzlichen Regelungen zum Datenschutz seien ausreichend. Der CSU-Politiker betonte, die Glaubwürdigkeit des Unternehmens, für den Datenschutz seiner Kunden zu sorgen, sei jedoch angekratzt.

Moderation: Christiane Kaess |
    Kaess: An diesem Wochenende wurde es bekannt: Der Telekom-Konzern soll die Telefonverbindungsdaten der eigenen Führungsspitze im großen Stil ausgewertet haben. Damit sollten so genannte undichte Stellen im Unternehmen aufgespürt werden. Eine Beratungsfirma habe im Auftrag der Telekom die Datensätze auswerten und mit den Telefonnummern und Verbindungsdaten von Journalisten abgleichen sollen, die auf Telekom-Berichterstattung spezialisiert sind.
    Am Telefon ist Hans-Peter Uhl (CSU). Er ist der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Guten Tag Herr Uhl!

    Uhl: Grüß Sie Gott!

    Kaess: Herr Uhl, die Telekom muss für die Ermittlungsbehörden Daten auf Vorrat speichern. Ist da der Schritt nicht weit, um sie selber zu verwerten?

    Uhl: Nein. Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Die Telekom und die anderen Provider müssen die Daten speichern, damit der Staat auf diese Daten zurückgreifen kann für besondere Fälle der Strafverfolgung, wenn es um besonders schwere Straftaten geht, um Kommunikationsnetze überwachen zu können.

    Kaess: Sie sagen, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Dennoch gibt es jetzt Vorwürfe an die Politik, so zum Beispiel vom FDP-Innenexperten Max Stadler. Der spricht von einer allgemeinen Tendenz, zu der auch der Gesetzgeber beigetragen habe, zum Beispiel durch Gesetze wie das zur Vorratsdatenspeicherung.

    Uhl: Nein. Er verkennt hier die Zusammenhänge. Wir haben ja jetzt bereits Aufzeichnungen über Kommunikationsdaten der Mitarbeiter in sehr vielen Betrieben und auch in der Verwaltung. Der Abgeordnete Stadler, der von seinem Bundestagsbüro telefoniert, dessen Telefondaten werden ja auch aufgezeichnet. Das heißt es muss Bestimmungen geben, in denen genau geregelt ist, wie man mit diesen Daten umgeht. Das wird der Staatsanwalt im Fall der Telekom jetzt zu prüfen haben.

    Kaess: Dennoch ist es doch auffällig, dass sich diese Fälle in letzter Zeit gehäuft haben. Wie kann man das erklären?

    Uhl: Ich sehe kein Häufen von Fällen. Ich sehe eine gewisse Parallele zum Fall Lidl. Da ging es aber nicht um Telekommunikationsdaten, sondern da ging es um andere ungerechtfertigte Überwachungen von Mitarbeitern.

    Kaess: Es wird jetzt auch argumentiert, das diffuse Gefühl der Bedrohung durch den Terrorismus habe dazu beigetragen, dass mit dem Datenschutz immer laxer umgegangen wird. Stimmt dieser Vorwurf?

    Uhl: Nein. Das ist wirklich an den Haaren herbeigezogen. Hier geht es vielmehr darum, dass ein Vorstand, wenn der Sachverhalt richtig dargestellt worden ist, der Telekom und ein Aufsichtsrat möglicherweise der Telekom wissen wollten, wo ist das Leck in unserem Betrieb, warum werden aus unseren Vorstandssitzungen und Aufsichtsratssitzungen im Wege der Indiskretion ständig Inhalte wiedergegeben. Dann haben die gesagt, "das ist zum Schaden der Telekom AG, wir müssen das Leck finden" und haben zu Methoden gegriffen, die möglicherweise strafrechtlich relevant sind. Das ist die Aufgabe der Staatsanwaltschaft. Das hat aber mit dem Thema, das wir im Bundestag behandeln, wo es um das Verhältnis Bürger/Staat geht, zunächst mal gar nichts zu tun.

    Kaess: Welche Konsequenzen müssen jetzt aus dieser Affäre konkret gezogen werden?

    Uhl: Zunächst mal für uns als Bundestag gar keine. Es gibt die Arbeit des Staatsanwalts. Der wird feststellen müssen, ob hier Paragraph 206 des Strafgesetzbuches insbesondere tangiert ist, das heißt ob die Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses, was unter Strafe steht, erfüllt worden ist durch die Verantwortlichen bei der Telekom. Das ist eine Aufgabe der Justiz und nicht eine Aufgabe des Parlaments.

    Kaess: Aber dennoch geht es ja auch um den Schutz der Bürger und da sagt der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, das Problem sei, dass es eine solche Dimension neuer technischer Möglichkeiten überhaupt gibt. Man müsse neu über den Schutz der Bürger nachdenken. - Da kann doch die Politik durchaus etwas tun?

    Uhl: Ja. Natürlich muss der Bürger geschützt werden, zunächst mal vor dem Staat - dafür sorgen wir -, aber es gibt auch die so genannte Drittwirkung von Grundrechten des Bürgers durch den Arbeitgeber.

    Kaess: Aber offensichtlich greift dieser Schutz ja bisher nicht wirklich?

    Uhl: Das wird noch zu klären sein. Wenn der Staatsanwalt die Ermittlungen noch nicht einmal aufgenommen hat, können wir doch nicht schon das Endurteil sprechen. Das müssen wir in Ruhe mal abwarten.

    Kaess: Sind neue Regelungen zum Datenschutz nötig?

    Uhl: Aus diesem Sachverhalt heraus zunächst mal nicht.

    Kaess: Was kann der Staat dann momentan tun, damit sich Privatfirmen nicht das anmaßen, was dem Staat nur begrenzt zusteht, wie in diesem Fall?

    Uhl: Der Private muss natürlich sicher sein können, dass er nicht überwacht wird von seinem Arbeitgeber. Dafür gibt es aber gesetzliche Bestimmungen. Die sind vorhanden. Deswegen gibt es die Justiz, die dafür sorgt, dass die Bestimmungen eingehalten werden.

    Kaess: Sind diese Bestimmungen vielleicht zu unklar?

    Uhl: Eigentlich nicht. Die sind klar! Sie müssen aber zunächst mal davon ausgehen, dass die Telekom möglicherweise ein legitimes Recht hatte zu prüfen, wer zum Schaden der eigenen Firma Informationen herausgibt an Dritte, die diese Informationen nicht haben dürfen.

    Kaess: Das heißt das Ganze war rechtsmäßig?

    Uhl: Das weiß man noch nicht, wie rechtswidrig das war und ob es rechtswidrig war. Das ist alles noch nicht geklärt. Diese Klärung hat hier noch gar nicht begonnen. Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft ist noch nicht eröffnet worden.

    Kaess: Jetzt sagt Telekom-Chef René Obermann, die Daten unserer Millionen Mobilfunk- und Festnetzkunden sind sicher. Wie glaubhaft ist das aus Ihrer Sicht?

    Uhl: Das ist in der Tat ein großes Problem, denn gerade die Telekom und auch andere haben sich ja gegenüber dem Staat in Szene gesetzt und gesagt, wir wollen nicht ein halbes Jahr lang die Vorratsdaten speichern - zum Schutz unserer Kunden, unserer Telefonkunden. Diese Glaubwürdigkeit der Telekom ist natürlich erheblich tangiert durch diesen Vorgang. Das ist vollkommen richtig.

    Kaess: Hans-Peter Uhl (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Uhl.

    Uhl: Bitte schön!