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Ukraine
Kampfpilotin Sawtschenko im Parlament verhaftet

Nadja Sawtschenko sorgte vor drei Jahren europaweit für Schlagzeilen: Die ukrainische Kampfpilotin stand in Russland vor Gericht, kam schließlich aber frei. Nach ihrer Rückkehr wurde sie Abgeordnete und sorgte immer wieder für Skandale. Jetzt soll sie ein Bombenattentat auf das Parlament geplant haben.

Von Florian Kellermann | 23.03.2018
    Nadja Sawtschenko
    Sitzt nun in Untersuchungshaft: Die ehemalige ukrainische Kampfpilotin Nadja Sawtschenko (picture alliance/dpa/Foto: Sputnik)
    Fast einstimmig fiel gestern die Entscheidung des ukrainischen Parlaments aus. Auch die Fraktion der Vaterlands-Partei, der Nadja Sawtschenko früher angehörte, stimmte dafür, ihre Immunität aufzuheben. Noch im Plenarsaal verhaftete der Geheimdienst die ehemalige Kampfpilotin.
    Zuvor hatte Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko ein Video gezeigt mit seinem Beweismaterial - heimliche Videoaufnahmen. Darunter ein Gespräch, in dem Sawtschenko mit Gleichgesinnten einen bewaffneten Staatsstreich bespricht. Beginnen sollte er mit einem Bombenattentat im Parlament - mit zahlreichen Todesopfern.
    Generalstaatsanwalt Luzenko: "Um an Waffen zu kommen, haben sich Sawtschenko und ein Mitstreiter an den Anführer der sogenannten Donezker Volksrepublik gewandt und eine Übereinkunft erzielt. Schon zuvor haben die beiden nach weiteren Mitstreitern gesucht. Die Abgeordnete Sawtschenko ist deshalb persönlich an verschiedene Offiziere der ukrainischen Armee herangetreten."
    Waffen aus dem Separatistengebiet
    Auch dafür gibt es Beweise. Ein Video zeigt, wie der Mitstreiter von Sawtschenko an der Frontlinie zum Separatistengebiet, der sogenannten Donezker Volksrepublik, angehalten wird. In seinem Lieferwagen befinden sich zahlreichen Waffen, darunter auch Mienen. In einem anderen Video testet Sawtschenko einige dieser Waffen. Möglich seien diese Aufnahmen gewesen, weil sich die Offiziere, die Sawtschenko anwerben wollte, an den Geheimdienst gewandt hätten, so Luzenko.
    Die ehemalige Kampfpilotin bestreitet die Vorgänge nicht. Sie behauptet aber, das alles sei ein Theater gewesen:
    "In dem Video sieht man, wie ich eine Zeichnung vom Parlament anfertige - und von den Folgen der Explosion. Das ist natürlich völlig irreal, das wäre so gar nicht möglich gewesen. Die Kuppel hat eine Stahlkonstruktion, sie wäre nicht eingestürzt. Auch das Gebäude des Ministerrats hätten wir niemals sprengen können. Das war alles ein Scherz."
    Menschen vertrauen dem Justizapparat nicht
    Sie habe gewusst, dass der Geheimdienst sie beobachte, so Sawtschenko. Deshalb habe sie die Gelegenheit benutzt, um Präsident Petro Poroschenko, der Regierung und den Abgeordneten Angst einzujagen. An einer anderen Stelle erklärte sie, schließlich träume ja jeder Ukrainer davon, das Parlament in die Luft zu sprengen.
    Ob Provokation oder ungeschickt geplante Straftat - noch heute Vormittag wird ein Gericht sehr wahrscheinlich entscheiden, dass Nadja Sawtschenko in Untersuchungshaft bleibt. Und das sei ein Problem für die ukrainische Staatsführung, meint der Polittechnologe Vadim Karasjow:
    "Selbst wenn sich die Beweise der Staatsanwaltschaft stichhaltig sein sollten und der Richter ihren Argumenten folgt: Sie wird es sehr schwer haben, auch die Menschen zu überzeugen, die Nation. Denn die Menschen vertrauen dem Justizapparat nicht - und darüber sollte sich die Regierung mal Gedanken machen."
    Außerdem gilt Nadja Sawtschenko immer noch vielen als Heldin. Dass sie - in Russland verurteilt - dann doch in die Ukraine zurückkehren konnte, wurde als kleiner Sieg über das nordöstliche Nachbarland gefeiert. Die politische Karriere der 36-Jährigen dürfte mit dieser Episode deshalb noch nicht beendet sein. Im Gegenteil: Sie wird den Gerichtssaal sehr wahrscheinlich als politische Bühne nutzen.