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Ukraine
Kleine Annäherung nach Eskalation

Der Protest der Opposition wird radikaler. Am Sonntagabend eskalierte die Gewalt, nachdem Gesetze gegen Regierungsgegner beschlossen worden waren - es gab zahlreiche Verletzte. Vitali Klitschko handelte derweil mit dem Staatsoberhaupt die Gründung einer Kommission zur Beilegung der Krise aus.

20.01.2014
    Gewalt zwischen Demonstranten und der Polizei am Sonntag
    Gewalt zwischen Demonstranten und der Polizei am Sonntag (dpa / picture-alliance / Sergey Dolzhenko)
    Zehntausende Demonstranten hatten sich am Sonntagmittag auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz zunächst zu einer friedlichen Kundgebung versammelt, später lieferten sich sich heftige Straßenschlachten mit der Polizei - Dutzende Menschen wurden verletzt. Ihr Unmut richtete sich zum Teil gegen eine Reihe von Gesetzen der vergangenen Woche, die das Demonstrationsrecht erheblich beschneiden und das Tragen von Helmen und Gasmasken verbieten.
    Klitschko warnt vor einem Bürgerkrieg
    Am Montagmorgen soll eine Kommission aus Regierungsmitgliedern und Oppositionsvertretern ihre Arbeit aufnehmen, um die Krise beizulegen. Oppositionsführer Vitali Klitschko hatte sich mit Staatspräsident Viktor Janukowitsch getroffen und dies mit ihm vereinbart. Klitschko warnte vor einem Bürgerkrieg. "Es gibt nur zwei Wege, wie sich die Dinge entwickeln können. Der erste wäre, nicht zu verhandeln", zitierte die russische Nachrichtenagentur Interfax Klitschko. "Ein Szenario der Gewalt wäre unberechenbar und ich schließe die Möglichkeit eines Bürgerkriegs nicht aus. Doch wir werden jede Möglichkeit nutzen, um Blutvergießen zu vermeiden "
    Vitali Klischtko versucht die Massen zu beruhigen.
    Vitali Klischtko versucht die Massen zu beruhigen. (AFP / Sergei Supinsky)
    Staatschef Janukowitsch teilte auf seiner Webseite mit, der Arbeitsgruppe zur Lösung der Krise werde der Chef des nationalen Sicherheitsrats, Andrij Kljuew, vorstehen. Ein weiterer Oppositionsführer, Arsei Jazenuk, sagte, Janukowitsch habe ihn angerufen und Verhandlungen angeboten. Unklar blieb allerdings, ob beide Seiten zu einem echten Kompromiss bereit sind. So beharrt die Opposition auf einem Rücktritt der Regierung und Neuwahlen.
    Gewalt eskaliert bei Kundgebung
    Kurz nach Beginn der Kundgebung am Sonntag mit bis zu 100.000 Demonstranten eskalierte in den umliegenden Straßen die Gewalt: Tausende, teils mit Stöcken bewaffnete Regierungsgegner versuchten, die Absperrungen in Richtung Parlament zu durchbrechen. Bereitschaftspolizisten reagierten mit dem Einsatz von Blendgranaten, Tränengas und Wasserwerfern, waren den Protestlern jedoch zahlenmäßig weit unterlegen. Viele der Beamten hielten ihre Schutzschilder über ihre Köpfe, um die Kanonade aus Steinen, Brandsätzen und anderen Wurfgeschossen abzuwehren. Etliche Demonstranten trugen den neuen Vorschriften zum Trotz Helme und Gasmasken und skandierten Parolen wie "Schande!" und "Revolution".
    Mit Vermummung gegen das Vermummungsverbot.
    Mit Vermummung gegen das Vermummungsverbot. (AFP / Sergei Supinsky )
    Dem Innenministerium zufolge wurden mehr als 70 Polizisten verletzt, vier von ihnen schwer. Es sei ein Strafverfahren wegen öffentlicher Unordnung eröffnet worden, bei einer Verurteilung drohten bis zu 15 Jahre Haft. Über die Zahl verletzter Demonstranten gab es zunächst keine Angaben. Die politische Opposition rief die gewaltbereiten Demonstranten zur Ruhe auf. Zahlreiche Demonstranten hatten auf der Massenkundgebung ihren Unmut darüber gezeigt, dass die Opposition nach zwei Protestmonaten keine Fortschritte erzielt habe. Vitali Klitschko stellte sich ihnen stundenlang entgegen, wurde aber selbst mit einem Feuerlöscher besprüht.
    USA äußern Sorge
    Die USA zeigten sich tief besorgt über die Gewalteskalation in der Ukraine. Die Regierung in Kiew habe dabei versagt, den rechtmäßigen Nöten des Volkes zu begegnen, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats in Washington, Caitlin Hayden. Sollte die Führung in Kiew zu Gewalt greifen, erwäge das Weiße Haus Sanktionen. Zudem rief sie Kiew zur Rücknahme des Demonstrationsverbots und zum Dialog mit der Opposition auf. Friedliche Proteste würden kriminalisiert und Opponenten ihres "gesetzesmäßigen Schutzes" beraubt. Diese "antidemokratischen Schritte" müssten zurückgenommen werden. "Die USA werden weiterhin zusätzliche Schritte - darunter Sanktionen - als Antwort auf die Anwendung von Gewalt erwägen», hieß es abschließend in der Erklärung.