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Ukraine-Krise
Obamas Außenpolitik unter zunehmendem Druck

US-Präsident Barack Obama steht im eigenen Land wegen seiner Politik gegenüber Russland in der Ukraine-Krise in der Kritik. Die Republikaner werfen ihm Zögerlichkeit vor. Und auch in der Bevölkerung schwindet die Unterstützung für das zurückhaltende Auftreten auf der internationalen Bühne.

Von Markus Pindur | 26.04.2014
    Barack Obama bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus.
    Die amerikanische Öffentlichkeit sieht die Außenpolitik Obamas mit großer Skepsis. Nur 36 Prozent sind laut einer Umfrage mit der außenpolitischen Bilanz des Präsidenten zufrieden. (dpa / picture-alliance / Ron Sachs)
    Es ist eine Personalentscheidung mit Symbolgehalt. Der nächste amerikanische Botschafter in Moskau soll John F. Tefft werden. Der Diplomat war zuvor Botschafter in der Ukraine, Georgien und Litauen - alles Länder, die sich aus der ehemaligen Sowjetunion befreit haben und sehr darauf bedacht sind, nicht wieder unter die Knute Moskaus zu kommen.
    Vor wenigen Monaten noch wäre diese Personalwahl unwahrscheinlich gewesen, man hätte befürchtet, Russland zu irritieren. Jetzt jedoch ist der Vorgang eine politische Ansage an den russischen Präsidenten Putin.
    Die Obama-Administration hat es aufgegeben, auf ein kooperatives Verhältnis mit Putin zu hoffen. Die Skepsis klang bereits deutlich an, als Außenminister Kerry das Ergebnis der Genfer Verhandlungen über die Lage in der Ukraine verkündete:
    "Wir haben hier zwar gute Arbeit geleistet. Aber die Prinzipien, die Verpflichtungen, die Worte, die wir hier auf dem Papier festgehalten haben, sind nur etwas wert, wenn sie auch tatsächlich in Taten umgesetzt werden."
    Getrieben, nicht gestaltend
    Mehr als eine Woche später ist klar, dass Moskau mit der Genfer Vereinbarung wieder einmal auf Zeit gespielt hat. Während die ukrainische Regierung den Maidan-Platz in Kiew von Barrikaden räumt, machen die pro-russischen Separatisten in der östlichen Ukraine keinerlei Anstalten, ihre Waffen abzugeben. Sie nehmen sogar OSZE-Beobachter gefangen. Das alles, so Kerry widerspreche klar der Abmachung von Genf.
    "The Geneva agreement is not open to interpretation, it is not vague, it is not subjectiv, it is not optional."
    Das Genfer Abkommen sei nicht interpretierbar, es sei nicht unklar, es sei nicht subjektiv, und es sei nicht beliebig, so Kerry.
    Präsident Obama gerät unterdessen wegen seiner zurückhaltenden Politik gegenüber Putin zunehmend unter Druck. Selbst linke Kommentatoren wie Dana Milbank von der Washington Post monieren, dass Obama keine erkennbare internationale Agenda habe. Es reiche nicht aus, dass Obama Russland als eine Regionalmacht bezeichne, die aus Schwäche heraus eine imperiale Politik betreibe, heißt es in vielen Kommentaren. Die gestern von Obama angekündigten weiteren Sanktionen werden deshalb in Washington von allen Seiten begrüßt.
    Der republikanische Senator Rob Corker ist der stellvertretende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Senat. Er sieht Obama nicht als gestaltenden, sondern als getriebenen Präsidenten.
    "Wir warten immer nur ab, was Putin als nächstes tun wird. Unsere Außenpolitik kommt immer einen Tag zu spät und mit unzureichenden Mitteln daher. Wenn Russland seine 40.000 Mann an der Ostgrenze zur Ukraine nicht sofort abzieht, sollten wir Sanktionen gegen russische Energieunternehmen und russische Banken verhängen. Außerdem sollten wir die militärische Zusammenarbeit mit der Ukraine ausbauen."
    Nur 36 Prozent der Bevölkerung mit Außenpolitik zufrieden
    Aus dem Weißen Haus heißt es, der Strategiewechsel gegenüber Russland werde gerade vollzogen. Putin müsse langfristig international isoliert werden. Sogar Vergleiche mit der Eindämmungsstrategie gegen die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg werden gezogen.
    Doch zunächst gibt es offenbar innerhalb der Obama-Regierung eine Debatte über die kurzfristige Reaktion auf das aggressive Vorgehen Putins. Die Befürworter einer vorsichtigen, schrittweisen Reaktion haben sich dabei vorerst durchgesetzt. Sanktionen gegen ganze Sektoren der russischen Wirtschaft wird es zunächst nicht geben.
    Die amerikanische Öffentlichkeit sieht die Außenpolitik Obamas mit großer Skepsis. Nur 36 Prozent der Befragten sind mit der außenpolitischen Bilanz des Präsidenten zufrieden, ergab jüngst eine CBS-Umfrage. Das ist ungefähr das Niveau von Bush junior in seiner zweiten Amtszeit. Der Politikwissenschaftler Robert Kagan spricht von einem Paradox. Einerseits wollten die Amerikaner keinen uferlosen Interventionismus mehr, andererseits seien sie mit der minimalistischen Außenpolitik Obamas auch unzufrieden. Seine Erklärung für den scheinbaren Widerspruch: Die Amerikaner sähen sich nach wie vor als die global unverzichtbare Nation. Sie vermissten bei ihrem Präsidenten schlicht den internationalen Führungswillen.