
Da steigt er mit seiner Kamera hinab in die Souterrains von Ein- oder Mehrfamilienhäusern und schaut dabei zu, wie Menschen ausleben, was gesellschaftlich tabubelegt ist: Nazilieder singen und rassistische Sprüche klopfen, Sado-Maso-Phantasien, Prostitution, Waffenwahn und Jägerstolz, Muttergefühle. Das sind vielleicht die schockierendsten Szenen in Ulrich Seidls Film: Man sieht eine Frau, die im Keller sehr echt wirkende Babys aus Kartons nimmt, in den Armen wiegt und zu ihnen spricht.

Seidl ist mit all seinen Filmen hinabgestiegen an Orte der Abgründe und des Verdrängten, das er immer wieder sichtbar macht: in Filmen wie "Hundstage", "Jesus Du weißt", "Import Export" oder seiner "Paradies"-Trilogie. Dabei ist die Grenze zwischen Fiktion und Dokumentation immer sehr unkenntlich. In seiner aktuellen Dokumentation steigt er in wirkliche Keller hinab, wo Menschen ihr Verborgenstes seiner Filmkamera anvertrauen. Warum? Das hat Ulrich Seidl im Corsogespräch zu beantworten versucht.