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Ultraschall - das Stethoskop der Zukunft

Seit rund 40 Jahren wird Ultraschall in der Medizin eingesetzt. Inzwischen gibt es Geräte, die so groß sind wie ein Handy, und jeder Schwangeren wird ein 3D-Ultraschallfilm ihres Kindes angeboten. Nach Ansicht einiger Ärzte werden die Möglichkeiten des Ultraschalls aber noch immer nicht ausgeschöpft.

Von Christina Sartori | 18.06.2013
    "Ich mache das jetzt seit 25 Jahren und sie können sich vorstellen: Ich hatte Hunderte von Patientenerlebnissen, wo ich der festen Überzeugung bin, dass sie entweder einen Schaden davongetragen hätten oder gestorben wären, wenn der Ultraschall nicht dagewesen wäre."

    Professor Josef Osterwalder, Notfallmediziner am Kantonsspital St. Gallen in der Schweiz, ist überzeugt: Die Ultraschalluntersuchung eines Notfallpatienten kann Leben retten. Zwar kann mit einem Ultraschallgerät keine Aufnahme vom gesamten Körper gemacht werden, wie es zum Beispiel mit einer Computertomografie möglich ist. Doch dafür hat die Ultraschalltechnik einige andere Vorteile, erläutert der Schweizer Notfallmediziner:

    "Dass ich als Notfallarzt das am Patientenbett selber durchführen kann. Und es gibt ja das Sprichwort: Ein Bild ist mehr wert als 1000 Worte. Und wenn ich gezielt nur einen kurzen Blick ins Innere des Menschen nehmen kann und sehe, was los ist, dann hab ich sehr viele Zusatzinformationen, welche mir helfen, den Patienten zu therapieren oder zu entscheiden, welcher Spezialist hinzugezogen werden muss."

    Ultraschallaufnahmen zeigen sofort, was im Körper geschieht – andere bildgebende Untersuchungsmethoden zeigen stets nur einen bestimmten Moment und sind auch zeitlich aufwendiger. Oder sind belastender für den Patienten, sagt Dr. Andreas Schuler, Chefarzt der Helfenstein-Klinik in Geislingen über die Computertomografie:

    "Es ist eine zeitlich aufwendige Untersuchung, erstens. Zweitens ist es vor allem strahlenbelastend und wir haben viele auch junge Menschen, wo die Strahlenbelastung aufs gesamte Leben gesehen eine wesentliche Rolle spielt."

    Einen weiteren Vorteil des Ultraschalls in der Notaufnahme belegt nun eine aktuelle Studie der deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin. In dieser Studie wurden mehr als 1400 Patienten der Notaufnahme miteinander verglichen, die entweder innerhalb der ersten 24 Stunden mittels Ultraschall untersucht wurden – oder erst später: Dabei zeigte sich: Es gab Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen. Dr. Andreas Schuler war an der Studie beteiligt:

    "Die Studie hat gezeigt: Je früher wir denn Ultraschall einsetzen, als erstes diagnostisches bildgebendes Verfahren, desto eher können wir auch die Patienten behandeln. Also es verkürzt die Verweildauer im Krankenhaus, die Patienten werden auch schneller zur richtigen Abteilung verlegt oder überhaupt in die richtige Abteilung geschickt; der Zeitpunkt auch zum Beispiel vor Operationen wird deutlich verkürzt durch diese frühe Diagnosestellung, die aber dann auch Sicherheit gibt."

    Trotz all dieser Vorteile gäbe es aber immer noch viele Kliniken, in denen Notfallärzte nicht früh genug zum Ultraschallgerät greifen, bedauert Andreas Schuler:

    "Gleichwohl findet es bis heute nach wie vor in vielen Kliniken nicht so statt, sondern dann wartet man bis jemand kommt, der dann den Ultraschall kann."

    Denn nicht jeder Arzt, der in der Notaufnahme arbeitet, habe ausreichende Erfahrungen mit der Ultraschalltechnik, um schnell solch eine Untersuchung durchzuführen. Deswegen bietet die deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin nun eine entsprechende Weiterbildung an:

    "Was wir wollen, ist: Alle, die die in der Notfallambulanz Dienst machen, dass die auch befähigt werden, den Ultraschall entsprechend einzusetzen mit der entsprechenden Kenntnis und dann zielgerichtet."

    Für den Notfallmediziner Josef Osterwalder ist das Ultraschallgerät schon längst zum Standard geworden:

    "Für mich ist der Ultraschall das Stethoskop der Zukunft. Die Zukunft hat begonnen, es ist jetzt mein Stethoskop."