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Umstellung auf Biolandwirtschaft
"Bin oft an meine Grenzen gekommen"

Ökoschwein statt konventionelles Schwein: Vor fünf Jahren hat sich ein Bauernhof im Münsterland entschieden umzusteigen. Ein Wagnis – denn Bioprodukte sind zwar teurer für Verbraucher, aber die Bürokratie aufseiten der Produzenten ist viel höher als in der konventionellen Landwirtschaft.

Von Angelika Gördes-Giesen |
    Hühnereier in einem Stall eines Biolandhofs.
    Bioeier werden nicht nur vom Hof Mehring gut nachgefragt (picture alliance / dpa / Horst Ossinger)
    "Wenn man vorher gewusst hätte, was es manchmal für Kraftakte waren, hätte man vielleicht nochmal überlegt." "Oktober 2012 haben wir den Vertrag unterschrieben. Da war Bio angesagt."
    Für Tobias und Heike Mehring startete so ein neuer Abschnitt in der über 100-jährigen Hofgeschichte in Olfen im Kreis Coesfeld. Was Leben und Arbeiten auf dem Hof bedeutet, das wussten beide schon. So stieg Heike Mehring aus ihrem Beruf als Krankenschwester aus und machte noch eine landwirtschaftliche Berufsausbildung. Tobias Mehring ist von Hause aus Techniker.
    "Ich bin schon ziemlich oft an meine Grenzen gekommen. ‚Verflucht‘ hab ich die Umstellung auch schon oft genug. Es waren dunkle Stunden am Anfang, als man noch nicht genau wusste, wie man was machen sollte. Die Zeit hat es dann hinterher geregelt. Durch Gespräche mit anderen Berufskollegen oder mit der Biolandberatung."
    Umstellung auf Bio ist auch mit viel Papierkram verbunden
    Der eigene Hofladen wächst erst langsam, aber der kleine Laden draußen vor dem Hoftor mit dem Verkaufsautomaten ist sehr gefragt. Die Eier sind mittags oft schon ausverkauft. Aber die meisten Eier der 6.000 Hennen gehen an den Großhandel. Einen konventionellen Schweinestall in einen Hühnerstall umzubauen, war gar nicht so einfach. Aber alles neu zu bauen, wäre zu teuer gewesen. Noch dazu mussten Mehrings in der Übergangszeit nach den aufwändigen Biolandregeln arbeiten, durften aber noch keinen Preisaufschlag berechnen. Beim Umbau kam es auf Kleinigkeiten an.
    "Wo wir uns am Anfang keine Gedanken drüber gemacht haben, war die Milbenproblematik – die rote Vogelmilbe. Wir hatten vorher prophylaktisch nichts gemacht – aus Unwissenheit. Da mussten wir dann schon gewisse Nacharbeit machen. Das sind ausschließlich mechanisch wirkende Mittel, also keinerlei Chemie. Das sind dann Silikatstäube, die sich im Gefieder festsetzen. Der reißt dann den Panzer der Milbe auf und die trocknet dann aus."
    Im Büro stapelt sich manchmal die Arbeit. Denn die Umstellung auf Bioland mit allen Formalitäten, Förderanträgen und Kontrollen bedeutet viele Formulare auszufüllen und alles zu dokumentieren. Das kostet Zeit und Geld. Heute würde Heike Mehring etwas anders planen.
    "Es hat ein paar Hunderttausend gekostet, ein Teil mit Eigenteil, mit Darlehen, ein Teil über Förderung. Mit Förderung haben wir im Nachhinein schon öfter gesagt: Wenn es sich um kleinere Summen handelt, wie zum Beispiel ein Hühnermobil, was dann 20.000 bis 25.000 Euro kostet, dafür würden wir keine Förderung in Anspruch nehmen, weil der Aufwand ist sehr groß."
    Trotz der Unwissenheit am Anfang: "Unterm Strich läuft’s"
    Auf den Feldern gibt es jetzt eine bunte Mischung aus den verschiedensten Kulturen – Ackerbohnen, der Eiweißlieferant für den Futtertrog, - oder Kleegras, das Stickstoff sammelt und so die Böden düngt. Es gibt ein Hafer-Erbsen-Gersten-Gemisch, das Hühner und Schweine mögen. Und Körnermais. Ohne die Unterstützung der Eltern wäre besonders die Arbeit auf den Feldern nicht zu schaffen gewesen. Zwar waren die Eltern anfangs skeptisch, ob die Umstellung klappt, aber heute sind sie zufrieden.
    "War sicherlich am Anfang nicht leicht. Viel Informationsdefizit war da."
    Im Schweinstall gibt es auch mal das eine oder andere Krankheitsproblem, dennoch läuft dieser Bereich gut und die Nachfrage nach Bioschweinefleisch wächst. Im Hühnerstall und auf der Weide gibt es jede Menge Arbeit, die mittlerweile von Hilfskräften erledigt wird – wie zum Beispiel das Eiersortieren. Aber das wird zukünftig nicht reichen, glaubt Tobias Mehring.
    "Die Arbeitszeit müsste mal ein bisschen reduziert werden. Da müssen wir mal gucken, ob wir jemanden in den Betrieb mit reinkriegen. Es geht auch darum, dass hier jemand ist, der auch Verantwortung übernimmt. Aber unterm Strich läuft‘s."