Freitag, 19. April 2024

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Umstrittener Antisemitismus-Film
Bild.de veröffentlicht zurückgehaltene Arte-Doku

Bild.de zeigt eine umstrittene Doku über Antisemitismus in Europa, die Arte nicht ausstrahlen wollte. Der Sender hatte den Film in Auftrag gegeben, fand das Ergebnis aber nicht ausgewogen genug. Dass nun ausgerechnet Bild den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen könne, hält der Medienjournalist René Martens für einen "Treppenwitz der Mediengeschichte".

René Martens im Gespräch mit Brigitte Baetz | 13.06.2017
    Zwei gelbe Davidsterne sind an eine Stele am Marx-Engels-Forum in Berlin geschmiert
    Antisemitismus ist 2017 auch in Europa noch verbreitet, zeigt die umstrittene Doku "Auserwählt und ausgegrenzt. Der Hass auf Juden in Europa". (Imago)
    Bild.de hat den von Arte unter Verschluss gehaltenen Film "Auserwählt und ausgegrenzt. Der Hass auf Juden in Europa" am Dienstag für einen Tag online gestellt. Der deutsch-französische Kultursender Arte hatte den Film ursprünglich in Auftrag gegeben, sich aber wegen redaktioneller Einwände gegen eine TV-Ausstrahlung entschieden. Er weiche "gravierend von dem verabredeten Sendungskonzept ab".
    Gegen diese Entscheidung hatte nicht nur der Autor Joachim Schroeder im Interview mit dem Dlf protestiert - auch der Zentralrat der Juden in Deutschland äußerte Unverständnis.
    "Ein Treppenwitz der Mediengeschichte"
    Der Medienjournalist René Martens hat die Doku gesehen und findet die Vorwürfe der Unausgewogenheit schwer nachvollziehbar. Vorstellbar sei jedoch, dass die Richtung des Filmes "Hierarchen in den Sendern" nicht gefallen haben könnte.
    Er könne auch als eine Form von Medienkritik verstanden werden, denn die Macher der Doku hätten Aspekte thematisiert, die in der allgemeinen Berichterstattung eher unterrepräsentiert seien.
    Dass nun ausgerechnet die für ihre Kritik an den öffentlich-rechtlichen Sendern bekannte Bild-Zeitung den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen könne, sei ein "Treppenwitz der Mediengeschichte".
    Arte teilte mit, der Sender nehme zur Kenntnis, dass die Dokumentation bei Bild.de zu sehen sei. Auch wenn diese Vorgehensweise befremdlich sei, habe der Sender keinen Einwand, dass die Öffentlichkeit sich ein eigenes Urteil über den Film bilden könne.