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Umweltbundesamt dringt auf weniger Abgase

Nach Einschätzung des Umweltbundesamtes wird das sommerliche Ozonrisiko auch in den nächsten Jahren bestehen bleiben. Um die Ozongefahr zu minimieren, sei eine deutliche Verringerung des Stickstoffausstoßes von Kraftfahrzeugen notwendig, sagte Andreas Troge, Präsident des Umweltbundesamtes. Erst wenn nach dem Erlass strengerer Grenzwerte eine neue Fahrzeuggeneration auf den Markt komme, sei eine Besserung zu erwarten.

Moderation: Eva Bahner |
    Eva Bahner: Telefonisch verbunden bin ich nun mit Andreas Troge, dem Präsidenten des Umweltbundesamtes. Herr Troge, können Sie denn heute Entwarnung geben, oder steigt die Ozonbelastung weiter an?

    Andreas Troge: Wir können leider noch keine Entwarnung geben. Insbesondere im Osten Deutschlands haben wir weiterhin diese stabile Hochdruckwetterlage mit wenig Wind, und wenig Wind bedeutet, die Luft tauscht sich nicht aus, und deshalb werden noch auch heute am Nachmittag hohe Ozonwerte erwartet, die teilweise 200 Millionstel Gramm pro Kubikmeter überschreiten werden.

    Bahner: Ab welchem Grenzwert gilt Ozon denn als gesundheitsgefährdend?

    Troge: Die, sagen wir mal, etwas anfälligeren Bevölkerungsgruppen, also beispielsweise an der Lunge erkrankte Kinder und Ältere werden bereits bei 180 Mikrogramm, also Millionstel Gramm, gewarnt, sie mögen insbesondere an Nachmittagen starke körperliche Aktivität draußen unterlassen. Die Allgemeinbevölkerung wird dann ab 240 Mikrogramm gewarnt. Diese Werte haben wir noch nicht ganz erreicht, glücklicherweise.

    Bahner: In welchen Teilen Deutschlands ist die Ozonbelastung derzeit denn am höchsten?

    Troge: Sie ist derzeit am höchsten in Ostdeutschland. Hier in Dessau, wo das Bundesumweltamt sitzt, sind wir in etwa bei der 200-Mikrogramm-Marke, also deutlich oberhalb des Warnwertes für sensible Bevölkerungsteile, und am geringsten ist es beispielsweise noch an der Ostseeküste, da weht immer etwas Wind. Gering ist es auch an der Nordseeküste.

    Bahner: Wie entsteht denn überhaupt das bodennahe Ozon, das bei manchen Menschen zu Atemreizungen führen kann?

    Troge: Ja, das bodennahe Ozon ist eine Synthese, die die Sonne für uns leider macht. Voraussetzung ist, dass genügend Stickstoffoxide und genügend leichtflüchtige organische Verbindungen in der Luft sind. Die Stickstoffoxide stammen beispielsweise aus der Verbrennung, im Schwerpunkt in Deutschland aus Dieselfahrzeugen, und diese leichtflüchtigen organischen Verbindungen sind überwiegend Lösemittel, die Sie in Farben beispielsweise finden oder in verschiedenen Industrieproduktionsverfahren. Und wenn jetzt die Energie der Sonne über lange Zeit ohne Luftaustausch auf diese Stoffe wirkt, dann spaltet sich ein Sauerstoffatom ab und verbindet sich mit dem zweiwertigen Sauerstoff, den wir kennen, zu O3. Und das ist ein Stoff, den wir auch aus chemischen Reinigungen früher kannten, da gab es die so genannte Ozonierung, und damit machte man besonders schmutzige Wäsche sauber, das heißt, es wirkt als ein stark aggressives Gas, dieses Ozon, und beeinträchtigt das Wohlbefinden der Menschen.

    Bahner: Das Wetter kann man ja nun schlecht beeinflussen, aber gibt es dennoch Maßnahmen, die die Ozonkonzentration spürbar verringern können?

    Troge: Ja, die Maßnahmen, die wir zur Verfügung haben, wirken alle erstens nur langfristig und großräumig. Zum Thema langfristig: Wir haben in den letzten 15 Jahren etwa weniger, 50 Prozent weniger Ausstoß an diesen Stickstoffoxiden und etwa 60 Prozent weniger bei den leichtflüchtigen organischen Verbindungen. Das ist schon ein Fortschritt, nur es ist noch zu viel in der Luft. Was wir jetzt brauchen, ist erstens schärfere Grenzen für Stickstoffoxide an unseren Lkw, der Lkw-Verkehr nimmt ja auch zu. Hier ist die Europäische Kommission leider schon Jahre im Verzug, hat immer noch keinen Vorschlag gemacht, und wir brauchen vor allen Dingen auch scharfe Werte für die Diesel-Pkw, was den Stickstoffausstoß angeht. Hier hat die Europäische Kommission zwar einen Vorschlag gemacht, der ist aber aus Sicht des Umweltbundesamtes noch keineswegs ausreichend, und das wirkt sich dann erst in den nächsten Jahren aus, wenn die sauberen Fahrzeuge in den Fahrzeugbestand kommen. Also wir werden noch einige Jahre, je wärmer es dauerhaft ist, mit dem Ozonrisiko leider leben müssen.

    Bahner: Andreas Troge war das, der Präsident des Umweltbundesamtes Vielen Dank für das Gespräch, Herr Troge.

    Troge: Ich danke Ihnen.