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"Insgesamt gesehen bleibt diese Hitze bestehen"

Nach Auffassung des Meteorologen Günther Hamm müssen sich die Menschen darauf einstellen, dass die Sommer insgesamt wärmer werden. Das heiße jedoch nicht, "dass es zwischendurch auch wieder mal einen kühlen und regenreichen Sommer geben kann so wie letztes Jahr". Die derzeitige Hitzewelle werde noch mindestens bis Mitte August dauern, so Hamm.

Moderation: Burkhard Birke |
    Burkhard Birke: In Deutschland wurde gestern der bislang heißeste Tag des Jahres gemessen. Das nordrhein-westfälische Kalkar stand mit 38,6 Grad Celsius im wahrsten Sinne des Wortes im Brennpunkt. In den "Informationen am Mittag" im Deutschlandfunk sind wir jetzt mit Günther Hamm verbunden. Er ist Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Essen. Einen schönen guten Tag Herr Hamm!

    Günther Hamm: Guten Tag Herr Birke!

    Birke: Herr Hamm, müssen wir uns auf weitere schweißtreibende Temperaturen einstellen, oder kann man auch sagen hat Deutschland weiter Fieber?

    Hamm: Ja, das muss man so sagen. Wir werden zwar nicht mehr diese Spitzenwerte wie gestern erreichen, aber Werte um die 30 Grad an den Folgetagen lassen uns weiterhin doch öfters mal zu kalten Getränken greifen oder ins Wasser gehen. Das heißt Schwitzen ist auch weiterhin angesagt.

    Birke: Aber der gestrige Rekordtemperaturwert von 38,6 Grad wird wohl nicht mehr übertroffen, wenn ich Sie richtig interpretiere?

    Hamm: Zumindest nicht in den nächsten fünf Tagen. Da haben wir doch so etwa fünf bis sechs Grad niedrigere Temperaturen. Was wir aber zusätzlich haben ist eine hohe Luftfeuchtigkeit. Die führt doch zu Schwülegefühlen. Wir haben heute eine doch recht feuchte Luft von Westen her hereinbekommen. Das bedeutet große Schwülegefühle, Belastungen für Leute, die mit Kreislauf zu tun haben. Da ist es heute relativ unangenehm für wetterempfindliche Menschen.

    Birke: Darauf kommen wir gleich noch ein bisschen näher zu sprechen. Zunächst aber vielleicht noch mal die Frage, ob dieser Sommer überhaupt Chancen hat, diesen Rekordsommer von 2003 zu übertreffen, also in die Analen einzugehen, denn die Hundstage, die wahren heißen Tage im August, stehen uns doch noch bevor?

    Hamm: Damals 2003 konzentrierte sich die Hitze ja auch wirklich auf den Monatswechsel Juli August. Da hatten wir teilweise Temperaturen bis 40 Grad. Jetzt hat sich die Hitze ja mehr in Richtung Mitte Juli und nun in Richtung Ende der zweiten Dekade des Julis vollzogen und diese Hitze setzt sich im Prinzip auch weiter fort. Wir haben also doch sehr große Chancen – ich weiß nicht, ob man das als Chancen bezeichnen kann; wir müssen das so sagen -, dass dieser Juli wahrscheinlich der wärmste Juli der letzten 100 Jahre und seit Beginn der Messungen werden wird. 2003 war ja der August der wärmste August gewesen. Diesmal wird es der Juli werden. Ob der August 2006 dann auch noch so warm wird, oder ob er dann wieder in Richtung normal fällt, das müssen wir noch abwarten.

    Birke: Würden Sie sich als Meteorologe und damit für uns als Experte aus dem Fenster mit einer Prognose für den August wagen?

    Hamm: Wir haben schon Karten, die bis an den August herangehen. Wenn man sich das so anschaut, hat man immer wieder den Eindruck, dass unsere Rechenmodelle immer wieder versuchen, diese Hitze wegzurechnen. Letztendlich sind sie mit ihren Versuchen aber immer wieder gescheitert. Immer wieder hat sich diese Wärme und Hitze durchgesetzt. Nach meiner vorsichtigen Prognose würde ich sagen, diese Wärme und Hitzeperioden müssen wir noch mindestens bis Mitte August ertragen. Erst dann, wenn die Sonne auch nicht mehr diese Kraft hat, werden die Temperaturen auf ein erträgliches Maß zurückgehen. Das heißt nicht, dass vielleicht für zwei, drei Tage mal eine kühle Briese von der Nordsee her für Abkühlung sorgen könnte, aber insgesamt gesehen bleibt diese Hitze bestehen.

    Birke: Ist das denn jetzt eine Ausnahme, oder was sagen Ihre Tabellen, die Sie eben angesprochen haben, Ihre Rechenmodelle? Müssen wir uns auch infolge des Ozonlochs und der globalen Klimaveränderung künftig generell auf heißere Sommer einstellen?

    Hamm: Dieser Trend wird ja doch von den Klimaforschern gebracht, dass wir doch immer öfters mit solchen Sommern rechnen müssen, die teilweise dann auch mal Werte an oder über 40 Grad bei uns bringen können. Noch haben wir Gott sei Dank die 40-Grad-Marke nur ganz marginal mal 2003 an zwei Stationen überschritten. Das könnte aber in Zukunft doch öfters passieren und auch kräftiger. Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Sommer insgesamt wärmer werden. Das heißt nicht, dass es zwischendurch auch wieder mal einen kühlen und regenreichen Sommer geben kann so wie letztes Jahr, aber insgesamt ist die Häufung für heiße Sommer doch deutlich gegeben.

    Birke: Sie haben es ja eben schon erwähnt, Herr Hamm: viel trinken und natürlich auch die pralle Sonne vermeiden. Was haben Sie denn sonst noch an Tipps für unsere Hörer, um sich gegen die Hitze und vor allen Dingen gegen die zu hohen Ozonwerte zu schützen, die ja auch mit der Hitze einhergehen?

    Hamm: Für vor allem ältere Leute und für kranke Menschen gilt natürlich jetzt, nicht in den Mittagsstunden und am Nachmittag das Haus zu verlassen oder vielleicht ungewohnte körperliche Aktivitäten zu betreiben. Man sollte überhaupt vorsichtig sein mit Extremsportarten um diese Tageszeit herum. Man sollte also alle Aktivitäten, die über das normale Maß hinausgehen, entweder in die kühleren Frühstunden oder in die nicht mehr ganz so heißen späten Abendstunden legen, obwohl selbst dann immer noch Temperaturen um die 30 Grad drin sind.

    Birke: Noch eine Prognose zu den Ozonwerten. Die werden ja bei diesen tropischen Temperaturen nachts auch nicht mehr abgebaut. Werden die weiter über den Grenzwerten bleiben?

    Hamm: Wir hatten heute, um den heutigen Fall zu nehmen, doch den Durchgang einer schwachen Front, die im ostwestfälischen Bereich auch Gewitter ausgelöst hat. Das hat dazu geführt, dass die Ozonwerte heute erst mal doch ein Stück niedriger liegen als gestern zur gleichen Zeit. Trotzdem wird es heute punktuell wieder Werte über 180 Mikrogramm je Kubikmeter am Nachmittag geben. Das heißt also die Warnschwellen werden erreicht werden, aber nicht mehr so extrem überschritten wie am gestrigen Tag. Das wird sich natürlich an den Folgetagen, wenn die Sonne wieder häufiger scheint, so zum Beispiel am Samstag und auch Montag und Dienstag, wieder anders zeigen. Dann werden wir bestimmt auch höhere Werte von teilweise über 200 Mikrogramm je Kubikmeter bekommen.

    Birke: Das war Günther Hamm, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Essen. Vielen Dank für das Gespräch und das noch zum Thema Hitze, dass jetzt die IG Bau sogar eine Art Schönwettergeld für Bauarbeiter fordert.